Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Erfordernis der Einstimmigkeit enes Eigentümerbeschlusses über Verlegung von Gasleitung im gemeinschaftlichen Eigentum sowie Einberufung einer Versammlung durch Eigentümer, der nicht Verwalter ist

 

Verfahrensgang

LG München I (Entscheidung vom 09.07.1986; Aktenzeichen 1 T 10376/86)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 9. Juli 1986 wird zurückgewiesen.

II. Die Antragsgegner haben samtverbindlich die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller und die Antragsgegner sind Wohnungseigentümer in einer Wohnanlage, die aus zwei Reihenhausteilen mit je vier Häusern besteht. Die Antragsteller wollen ihre Wohnungen an das Gasversorgungsnetz anschließen und die dazu erforderliche Gasleitung unter dem zu ihren Häusern führenden Zugangsweg verlegen lassen, der zum gemeinschaftlichen Eigentum gehört. Die Antragsgegner sind mit diesem Vorhaben nicht einverstanden und weigern sich, die Verlegung der Gasleitung zu gestatten.

Die Antragsteller haben am 25.10.1985 beantragt, die Antragsgegner zur Duldung der Verlegung der Gasleitung zu verpflichten.

In der Eigentümerversammlung vom 25.11.1985, zu der die Antragsgegner geladen, aber nicht erschienen waren, faßten die Wohnungseigentümer folgenden Beschluß:

Jeder Eigentümer kann sich auf seine Kosten an das Gasnetz anschließen lassen.

Dieser Eigentümerbeschluß wurde nicht angefochten.

Mit Beschluß vom 15.4.1986 hat das Amtsgericht die Antragsgegner samtverbindlich verpflichtet, die Verlegung der Gasleitung (der Verlauf ist im Tenor näher beschrieben) zu dulden. Die dagegen eingelegte sofortige Beschwerde der Antragsgegner hat das Landgericht mit Beschluß vom 9.7.1986 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Antragsgegner seien verpflichtet, die von den Antragsstellern angestrebte Verlegung der Gasleitung zu dulden. Auf Grund des Eigentümerbeschlusses vom 25.11.1985 seien die Wohnungseigentümer berechtigt, ihre Wohnungen an das Gasversorgungsnetz anschließen zu lassen. Dieser Beschluß erlaube auch die Verlegung der Gasrohre im Gemeinschaftseigentum. Der Eigentümerbeschluß sei verbindlich. Er sei nicht angefochten worden. Auch wenn die Versammlung vom 25.10.1985 nicht vom Verwalter im Sinn des § 26 WEG einberufen worden und mit dem Beschluß eine bauliche Veränderung genehmigt worden sein sollte, wäre der Beschluß nur im Falle seiner Ungültigkeitserklärung unwirksam. Unerheblich sei, daß die Antragsgegner das Protokoll über die Eigentümerversammlung erst am 13.1.1986 erhalten hätten.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand. Die Annahme des Landgerichts, der Eigentümerbeschluß vom 25.11.1985 sei verbindlich und die Antragsgegner seien auf Grund dieses Beschlusses verpflichtet, die vorgesehene Verlegung der Gasleitung zu dulden, ist rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Der Eigentümerbeschluß vom 25.11.1985 ist für alle Wohnungseigentümer verbindlich. Er wurde nicht für ungültig erklärt und er ist auch nicht nichtig, wie die Rechtsbeschwerde geltend macht.

Daß der Eigentümerbeschluß nicht angefochten und nicht für ungültig erklärt wurde, hat das Landgericht festgestellt. Davon gehen die Beteiligten übereinstimmend aus. Auch die Antragsgegner ziehen dies nicht in Zweifel.

Der Eigentümerbeschluß ist auch nicht nichtig. Das ist er, wenn er nach seinem Inhalt gegen die guten Sitten oder gegen ein zwingendes gesetzliches Verbot verstößt (§ 23 Abs. 4 WEG, §§ 134, 138 BGB; BGHZ 54, 65/69; BayObLGZ 1977, 226/231; BayObLG NJW – RR 1986, 762).

Der Eigentümerbeschluß über die Verlegung der Gasleitung verstößt nicht gegen die guten Sitten. Auch ein Verstoß gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen liegt nicht vor. Soweit die Antragsgegner Verstöße gegen Rechtsvorschriften geltend machen, handelt es sich um Vorschriften, die zwar möglicherweise die Anfechtbarkeit des Eigentümerbeschlusses, nicht jedoch dessen Nichtigkeit begründen können.

(1) Ein Eigentümerbeschluß ist nicht nichtig, wenn es an einer ordnungsgemäßen Einladung im Sinn des § 25 Abs. 4 WEG fehlt (BayObLGZ 1985, 436/437; Senatsbeschluß vom 27.2.1986 BReg. 2 Z 99/85; Bärmann/Pick/Merle WEG 5. Aufl. RdNr. 14, Weitnauer WEG 6. Aufl. RdNr. 2, je zu § 24).

Die Rechtsbeschwerde meint, dies habe jedenfalls dann nicht zu gelten, wenn die Einberufung durch dazu nicht befugte Wohnungseigentümer erfolgt ist. Das ist jedoch unzutreffend. Auch die Einberufung durch einen Wohnungseigentümer führt nicht zur Nichtigkeit eines Eigentümerbeschlusses, sondern nur zu dessen Anfechtbarkeit; denn das sich aus § 24 Abs. 1, 2, 3 WEG ergebende Verbot der Einberufung durch einen Wohnungseigentümer ist nicht zwingend, sondern abdingbar (BayObLG MDR 1982, 323 m....

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