Entscheidungsstichwort (Thema)

Erbscheinserteilung. Bestimmung des zuständigen Nachlaßgerichts

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei einem ausländischen Erblasser, der keinen Wohnsitz und keinen Aufenthalt im Inland hatte, kann daher die örtliche Zuständigkeit verschiedener Nachlaßgerichte begründet sein, wenn mehrere Miterben Lastenausgleichsansprüche als Nachlaßgegenstände anteilig bei mehreren Ausgleichsämtern geltend machen, die ihren Sitz im Bezirk verschiedener Nachlaßgerichte haben. In derartigen Fällen kann das örtlich zuständige Nachlaßgericht ausnahmsweise auch in Nachlaßsachen gemäß §§ 4, 5 FGG bestimmt werden.

 

Normenkette

FGG §§ 5, 73 Abs. 3; BGB §§ 2553, 2369 Abs. 1, 2 S. 2

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen 69 AR 249/92)

AG Fürth (Bayern) (Aktenzeichen 5 VI 1210/83)

 

Tenor

Als örtlich zuständig wird das Amtsgericht – Nachlaßgericht – Fürth (Bay.) bestimmt.

 

Tatbestand

I.

Der Erblasser ist im Jahr 1981 an seinem letzten Wohnsitz in Rumänien verstorben. Er war rumänischer Staatsangehöriger und hatte drei Kinder. Die Beteiligte ist seine Tochter. Der in Erlangen wohnhafte Sohn des Erblassers hatte nach der Übersiedlung in die Bundesrepublik Deutschland vom Nachlaßgericht Fürth einen gegenständlich beschränkten Teilerbschein als Miterbe zu 1/3 am 19.12.1983 zum Gebrauch für den Lastenausgleich erteilt bekommen. Nachdem das Nachlaßgericht Fürth am 9.1.1992 auch einer im Bezirk des Amtsgerichts Hannover wohnhaften Tochter des Erblassers einen gegenständlich beschränkten Teilerbschein als Miterbin zu 1/3 für LAG-Zwecke erteilt hatte, hat auch die in München wohnhafte Beteiligte einen entsprechenden Teilerbschein beantragt. Das Nachlaßgericht München, in dessen Bezirk das für die Beteiligte zuständige Ausgleichsamt seinen Sitz hat, hält sich im Hinblick auf die bereits den Geschwistern der Beteiligten erteilten Teilerbscheine nicht für zuständig und hat mit Verfügung vom 1.4.1992 die Sache an das Amtsgericht Fürth „zuständigkeitshalber” abgegeben. Dieses hat die Übernahme abgelehnt, weil es unter Berufung auf die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts dasjenige Nachlaßgericht als zuständig erachtet, in dessen Bezirk das für die Beteiligte zuständige Ausgleichsamt seinen Sitz habe. Die Akten wurden an das Nachlaßgericht München zurückgesandt. Dieses hat mit Beschluß vom 22.5.1992 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt. Daraufhin hat das Amtsgericht Fürth die Akten dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Bestimmung des zuständigen Nachlaßgerichts vorgelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für die Entscheidung zuständig (§ 5 Abs. 1 Satz 1, § 199 Abs. 1 und 2 Satz 2 FGG, Art. 11 Abs. 3 Nr. 1 AGGVG).

2. Die Voraussetzungen einer Zuständigkeitsbestimmung gemäß § 5 Abs. 1 FGG sind gegeben (vgl. BayObLGZ 1991, 6/7).

3. Als örtlich zuständig wird das Amtsgericht – Nachlaßgericht – Fürth bestimmt.

a) Für die dem Nachlaßgericht obliegende Erteilung eines Erbscheins zur Geltendmachung von Ansprüchen nach dem Lastenausgleichsgesetz (§§ 2353, 2369 Abs. 1, Abs. 2 Satz 2 BGB; § 72 FGG) richtet sich die örtliche Zuständigkeit grundsätzlich nach § 73 Abs. 3 FGG; denn der Erblasser war Ausländer und hatte zur Zeit des Erbfalls in Deutschland weder Wohnsitz noch Aufenthalt, so daß es gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 FGG darauf ankommt, wo sich – beim Befaßtwerden des Nachlaßgerichts – Nachlaßgegenstände befinden (BayObLG FamRZ 1991, 992; Palandt/Edenhofer BGB 51.Aufl. § 2369 Rn. 12; Bassenge/Herbst FGG/RPflG 6.Aufl. Anm. 3 a. Keidel/Winkler FGG 12. Aufl. Rn. 42 und 45, jeweils zu § 73 FGG).

b) Als Nachlaßgegenstände, die gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 FGG die Zuständigkeit begründen, kommen hier lediglich die zum Nachlaß zählenden Ansprüche aus dem Lastenausgleichsgesetz in Betracht (vgl. Keidel/Winkler aaO), welche die Beteiligte beim Ausgleichsamt München geltend gemacht hat und welche bereits die Geschwister der Beteiligten anteilmäßig bei den jeweils zuständigen Ausgleichsämtern geltend gemacht hatten. Für derartige Ansprüche ist die örtliche Zuständigkeit desjenigen Nachlaßgerichts begründet, in dessen Bezirk das für die geltend gemachten Ansprüche örtlich zuständige Ausgleichsamt seinen Sitz hat (BayObLG FamRZ 1991, 992; BayObLGZ 1974, 460/463; Keidel/Winkler Rn. 48, Bassenge/Herbst Anm. 3 b cc, jeweils zu § 73 FGG). Diese Behörde ist nach dem Vortrag der Antragstellerin das Ausgleichsamt in München, so daß jedenfalls beim Nachlaßgericht München, in dessen Bezirk sich diese Nachlaßgegenstände befinden, eine Zuständigkeit gemäß § 73 Abs. 3 Satz 1 FGG besteht (vgl. Bassenge/Herbst § 73 FGG Anm. 3 a).

Daneben kommt jedoch auch eine Zuständigkeit desjenigen Nachlaßgerichts in Betracht, das bereits an einen Miterben der Beteiligten aufgrund desselben Erbfalls einen gegenständlich beschränkten Teilerbschein erteilt hat, somit des Nachlaßgerichts in Fürth. Soweit dieses seine Zuständigkeit unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Senats (vgl. Senatsbeschluß vom 26.2.1991 = FamRZ 1991, 992) verneint,...

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