Entscheidungsstichwort (Thema)

Entziehung der elterlichen Sorge für nichteheliche Kinder. Unterscheidung zwischen Personen- und Vermögenssorge nach Inkrafttreten des KindRG. Bestellung des Kreisjugendamtes zum Vormund

 

Leitsatz (amtlich)

1. Bei der Entziehung der elterlichen Sorge ist auch nach Inkrafttreten des KindRG zwischen Personen- und Vermögenssorge zu unterscheiden.

Zur Entziehung der gesamten Personensorge.

2. War wegen Entziehung der gesamten elterlichen Sorge das Kreisjugendamt zum Vormund bestellt worden, ist, wenn nur die Entziehung der Personensorge gerechtfertigt war, diese Bestellung zu beschränken auf die Bestellung des Kreisjugendamts als Pfleger.

 

Normenkette

BGB n.F. § 1666 Abs. 1-2; BGB § 1666a; BGB n.F. § 1626a Abs. 2, § 1680 Abs. 3; BGB §§ 1773-1774, 1791b, 1909 Abs. 1, § 1915 Abs. 1

 

Verfahrensgang

LG Bamberg (Beschluss vom 20.02.1998; Aktenzeichen 3 T 220/97)

AG Bamberg (Beschluss vom 02.05.1997; Aktenzeichen VIII 117/91)

 

Tenor

I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 wird der Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 20. Februar 1998 in Nummern 2 und 3 geändert wie folgt:

Der Beteiligten zu 1 wird die Personensorge für die Kinder …

entzogen und dem Kreisjugendamt als Pfleger übertragen.

II. Im übrigen werden die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Bamberg vom 20. Februar 1998 und die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Bamberg vom 2. Mai 1997 zurückgewiesen.

III. Der Beteiligten zu 1 wird für das Verfahren der weiteren Beschwerde Prozeßkostenhilfe bewilligt. Ihr wird Rechtsanwalt R. beigeordnet.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligte zu 1 ist die Mutter der nichtehelichen Kinder A. (jetzt 10 Jahre alt), B. (jetzt 7 Jahre alt) und C. (jetzt 2 Jahre alt). Der Beteiligte zu 3 ist der Vater von B. und C. Mit ihm lebt die Beteiligte zu 1 seit 1990 in einem ehemaligen renovierungsbedürftigen Bauernhaus zusammen. Seit November 1995 bestand eine Erziehungsbeistandschaft für A., seit Herbst 1996 auch für B.

Mit Schreiben vom 14. April 1997 beantragte das Kreisjugendamt, der Mutter die gesamte elterliche Sorge bezüglich ihrer drei Kinder zu entziehen, um diese in einer Einrichtung der Jugendhilfe bzw. einer Pflegefamilie unterbringen zu können, was wegen der unzureichenden Wohn- und Betreuungssituation sowie der erheblichen Erziehungsdefizite dringend erforderlich sei.

Das Vormundschaftsgericht hat mit Beschluß vom 2.5.1997 der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht auf Gesundheitssorge und das Recht auf Beantragung von Leistungen nach dem SGB VIII für A. entzogen und diese Rechte dem Kreisjugendamt übertragen. Hinsichtlich der Kinder B. und C. hat es der Mutter u.a. auferlegt, die Zimmer der Kinder, insbesondere auch die Betten, sowie die anderen Räume des Hauses, in denen sich die Kinder aufhielten, sauber und hygienisch zu halten, eine kindgerechte Ernährung zu gewährleisten und den regelmäßigen Kindergartenbesuch durch B. zu ermöglichen. Mit Beschluß vom 18.6.1997 hat es die Umgangsbefugnis der Mutter mit A. vorläufig ausgeschlossen.

Gegen den Beschluß vom 2.5.1997 hat die Mutter Beschwerde eingelegt, soweit ihr das Personensorgerecht hinsichtlich A. entzogen und auf das Kreisjugendamt übertragen worden war. Das Kreisjugendamt hat gegen diesen Beschluß ebenfalls Beschwerde eingelegt und beantragt, der Mutter die elterliche Sorge über die drei Kinder insgesamt zu entziehen und einem Vormund zu übertragen. Ferner hat die Mutter gegen den Beschluß vom 18.6.1997 Beschwerde eingelegt.

Das Landgericht hat mit Beschlüssen vom 2. und 7.10.1997 im Wege der einstweiligen Anordnung der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, das Recht der Gesundheitsfürsorge und das Recht auf Beantragung von Leistungen nach dem SGB VIII hinsichtlich der Kinder B. und C. entzogen und dem Kreisjugendamt als Pfleger übertragen.

Das Amtsgericht – Vormundschaftsgericht – hat in der Folge mit Beschluß vom 21.10.1997 die Umgangsbefugnis der Beteiligten zu 1 und 3 mit den Kindern B. und C. ausgesetzt. Auch gegen diesen Beschluß hat die Mutter Beschwerde eingelegt.

Nach Anhörung der Kinder A. und B. und Besuch des Kindes C., Anhörung der Pflegeeltern von A., der Leiterin und des beratenden Psychologen der Einrichtung, in der B. untergebracht ist, der Pflegemutter von C., der Beteiligten zu 1 und 3, des ehemaligen Erziehungsbeistands für A. und B. und des Jugendamts sowie nach Erholung eines psychologischen Gutachtens und Anhörung der Sachverständigen hat das Landgericht mit Beschluß vom 20.2.1998 unter Aufhebung des amtsgerichtlichen Beschlusses vom 2.5.1997 der Beteiligten zu 1 die elterliche Sorge für alle drei Kinder entzogen und das Kreisjugendamt zum Vormund bestellt. Die Beschlüsse des Vormundschaftsgerichts vom 18.6. und 21.10.1997 hat es dahingehend abgeändert, daß es der Beteiligten zu 1 gestattet wurde, ihre Kinder einmal im Monat in den Einrichtungen, in denen sie leben bzw. bei den Pflegeeltern zu besuchen.

Hiergegen richtet sich die mit Anwaltsschriftsa...

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