Leitsatz (amtlich)

Zum Erwerb für Betreuungen nutzbarer Kenntnisse durch ein Studium an der Pädagogischen Hochschule Moskau mit dem Abschluss "Diplom-Jurist/Baccalaureus des internationalen Rechts" bei schon vorhandenen Kenntnissen im deutschen Recht durch mehrere Semester Jurastudium und eine abgeschlossene Ausbildung zum Bankkaufmann.

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 02.12.2003; Aktenzeichen 13 T 1216/03)

AG Nürnberg (Aktenzeichen XVII 2292/02)

 

Tenor

I. Der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 2.12.2003 wird dahingehend abgeändert, dass der an den ehemaligen Betreuer aus der Staatskasse zu zahlende Betrag als Aufwendungsersatz und Vergütung für im Zeitraum vom 16.10.2002 bis 31.12.2002 erbrachte Leistungen auf 506,55 Euro festgesetzt wird.

II. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde beträgt 113,44 Euro.

 

Gründe

I. Am 15.10.2002 bestellte das VormG dem mittellosen Betroffenen durch einstweilige Anordnung den ehemaligen Betreuer vorläufig bis 15.4.2003 mit einem umfänglichen Aufgabenkreis. In dem Beschluss wird festgestellt, dass die Betreuung berufsmäßig geführt werde.

Eine zunächst vom VormG noch vor Fristablauf beabsichtigte endgültige Bestellung dieses Betreuers unterblieb, nachdem er das Gericht auf die Entbehrlichkeit einer weiteren berufsmäßigen Betreuung hingewiesen hatte. Stattdessen bestellte das Gericht am 25.8.2003 den jetzigen ehrenamtlichen Betreuer für alle Angelegenheiten des Betroffenen.

Mit Schreiben vom 4.1.2003 beantragte der ehemalige Betreuer für bis dahin erbrachte Leistungen Vergütung und Aufwendungsersatz i.H.v. 558,01 Euro aus der Staatskasse. Als Vergütung beanspruchte er für 15,68 Stunden zu je 31 Euro insgesamt 486,18 Euro. Das VormG bewilligte mit Beschluss vom 14.1.2003 den beantragten Entschädigungsbetrag.

Hiergegen legte der Beteiligte sofortige Beschwerde ein mit der Begründung, mangels Nachweisen über eine entsprechend höher qualifizierende Ausbildung könne dem ehemaligen Betreuer als ausgebildetem Bankkaufmann nur ein Stundensatz von 23 Euro zugestanden werden. Außerdem rügte er mit einem weiteren Schreiben verschiedene Vergütungspositionen.

Das LG hat mit Beschluss vom 2.12.2003 die vormundschaftsgerichtliche Entscheidung abgeändert und die aus der Staatskasse zu leistende Entschädigung des ehemaligen Betreuers für seine Tätigkeit vom 16.10.2003 bis 31.12.2002 auf 393,11 Euro festgesetzt. Hierbei hat es den Zeitaufwand und die Fahrtkostenentschädigung wegen einer nicht für abrechnungsfähig gehaltenen Tätigkeit gekürzt und im Übrigen einen Stundensatz von 23 Euro herangezogen.

Mit der zugelassenen sofortigen weiteren Beschwerde strebt der ehemalige Betreuer eine Vergütung auf der Grundlage des Stundensatzes von 31 Euro an.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt und vom LG zugelassen. Es ist auch in der Sache begründet.

1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt:

Dem ehemaligen Betreuer stehe die von ihm begehrte Vergütung nicht zu einem Stundensatz von 31 Euro zu, weil er keine für Betreuungen nutzbaren Kenntnisse in einer abgeschlossenen Hochschulausbildung oder vergleichbaren abgeschlossenen Ausbildung i.S.v. § 1 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 des Berufsvormündervergütungsgesetzes (BVormVG) erworben habe.

Er habe im Jahr 2001 nach einem acht Semester dauernden Präsenzstudium an der Moskauer Pädagogischen Universität die Qualifikation "Diplom-Jurist/Baccalaureus des internationalen Rechts" erworben. Hierbei seien ihm zwei Semester eines rechtswissenschaftlichen Studiums an der Universität Regensburg angerechnet worden. Damit liege zwar eine abgeschlossene Hochschulausbildung vor. Diese habe aber keine für Betreuungen nutzbare Kenntnisse vermitteln können.

Die Studienrichtung sei ausweislich der Anlage zum Diplom das Internationale Recht mit Spezialisierung im Recht der Europäischen Union gewesen. Der ehemalige Betreuer habe insgesamt 8128 Veranstaltungsstunden in 58 verschiedenen Fächern und 6 Sonderkursen nachgewiesen. Seine Leistungen seien überwiegend benotet worden, und zwar mit dem Prädikat "sehr gut", zu einem geringen Teil auch nur mit "gut". Bei etwa einem Drittel der Studienfächer finde sich der Vermerk "Testat".

Ein Teil der Fächer sei allgemein bildender Natur gewesen (z.B. Geschichte, Philosophie, Logik, Mathematik, Umweltschutz, Latein, Rhetorik u.a.m.). Weitere insgesamt 552 Stunden seien auf die Fachgebiete "Soziologie, Juristische Psychologie, Psychologie und Menschenkenntnis, Psychologie des Alters und Pädagogik, Sozialpsychologie" sowie "Pädagogischen Theorien, Systeme, Technologien" entfallen.

Die juristische Ausbildung habe zwar einen gewissen Bezug zum deutschen Recht aufgewiesen, dieser sei aber sehr begrenzt geblieben. Der ehemalige Betreuer habe Kursarbeiten verfasst zu "Vertragsrecht in Russland, Deutschland, Großbritannien", "Strafrecht in Russland, Deutschland und Großbritannien" und "Verfassungsrecht, Verwaltungsrecht, öffentliches Recht, Staatsrecht (Russland, Deutschland und Großbritannien)". Inw...

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