Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftliches Testament
Leitsatz (redaktionell)
Zur Frage der Abgrenzung zwischen „Berliner Testament” und Trennungslösung, bei der der überlebende Ehegatte lediglich Vorerbe wird.
Normenkette
BGB §§ 2100, 2269
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 22.03.1990; Aktenzeichen 3 T 2816/89) |
AG Würzburg (Aktenzeichen 4 VI 1209/87) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 22. März 1990 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2 und 3 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf 50.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Der in kinderloser Ehe verheiratete Erblasser ist … 1987 im Alter von 75 Jahren verstorben. Die Beteiligte zu 1 ist die Tochter des Bruders des Erblassers, der Beteiligte zu 3 der Enkel seiner Schwester. Die Beteiligte zu 2 ist die Tochter der Schwester seiner Ehefrau. Mit seiner am 13.1.1989 nachverstorbenen Ehefrau hatte der Erblasser am 12.2.1987 ein gemeinschaftliches Testament errichtet, das in Ziffer I wie folgt lautet:
„Wir setzen uns gegenseitig zu alleinigen Erben ein. Der überlebende Ehepartner ist als Vorerbe von allen gesetzlichen Beschränkungen befreit; er kann über das gesamte Vermögen frei verfugen und auch jederzeit dieses Testament ganz oder teilweise aufheben oder ändern.
Wir haben keine Kinder.
Die Erbfolge nach dem Längstlebenden richtet sich nach Ziffer III und IV dieses Testaments.”
In Ziffer II wird verfugt, daß Haus und Grundstuck als wesentlicher Teil des Nachlasses 10 Jahre nach dem Tod des Längstlebenden in verwandtschaftlichen Händen bleiben und von den Erben bewirtschaftet werden sollen.
Unter Ziffer III ist folgendes geregelt:
- „Als Haupterbin von Grundstuck und Haus bestimmen wir: … (= Beteiligte zu 1) oder gegebenenfalls Sohn …
- Die Nichte … (= Beteiligte zu 2) …
- Den Großneffen … (= Beteiligter zu 3) …”
In Ziffer IV ist geregelt, daß „die Spareinlagen, die der Längstlebende möglicherweise hinterläßt” zur Hälfte die Beteiligte zu 1 bekommen und die andere Hälfte zwischen den Beteiligten zu 2 und 3 geteilt werden solle. Gemäß einem Nachtrag vom 3.4.1987 sollten von diesen Spareinlagen vorab die erwarteten Kosten für die noch nicht fertiggestellten Installationen am Haus beglichen werden.
Die Beteiligte zu 1 hat im Juli 1989 die Erteilung eines Erbscheins mit dem Inhalt beantragt, daß sie Alleinerbin des Erblassers sei. Diesen Antrag hat das Nachlaßgericht abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Beschwerde hat das Landgericht zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1, mit der sie ihren Antrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, ein Erbschein als Alleinerbin des Erblassers könne der Beteiligten zu 1 nicht erteilt werden, weil dieser allein von seiner Ehefrau beerbt worden sei. Das gemeinschaftliche Testament der Ehegatten enthalte nicht die Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge. Es sei vielmehr dahingehend zu werten, daß die Ehegatten sich gegenseitig zu Erben eingesetzt und bestimmt hatten, daß der beiderseitige Nachlaß an einen Dritten fallen solle. Denn eine unterschiedliche Behandlung der Vermögensmassen sei nicht vorgenommen, sondern das Vermögen der Ehegatten als eine Einheit angesehen worden.
Lediglich hilfsweise hat das Landgericht auf seine Überzeugung hingewiesen, daß die drei Beteiligten Schlußerben zu je einem Drittel nach der Ehefrau geworden seien.
2. Diese Ausführungen sind aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden (§ 27 FGG, § 550 ZPO).
a) Mit Recht hat das Landgericht die Verfügung in Ziffer I des gemeinschaftlichen Testaments für nicht eindeutig gehalten. Sie läßt im Hinblick auf die Bezeichnung des überlebenden Ehepartners als „Vorerbe” nicht klar erkennen, ob eine Regelung gemäß den §§ 2100 ff BGB getroffen wurde, oder ob für den Todesfall des Längerlebenden die Schlußerbeneinsetzung (§ 2269 Abs. 1 BGB) der in den Ziffern III und IV genannten Verwandten der Ehegatten gewollt war. Die Regelung bedarf deshalb der Auslegung (§ 133 BGB). Diese obliegt den Richtern der Tatsacheninstanzen. Sie bindet das Rechtsbeschwerdegericht, sofern sie nach den Denkgesetzen und der Erfahrung möglich ist, mit den gesetzlichen Auslegungsregeln in Einklang steht, dem klaren Sinn und Wortlaut des Testaments nicht widerspricht und alle wesentlichen Umstände berücksichtigt (BayObLGZ 1988, 42/47 und ständige Rechtsprechung).
b) Derartige Rechtsfehler sind dem Landgericht nicht unterlaufen. Es hat zum Inhalt der Ziffern I und III des gemeinschaftlichen Testaments die Feststellung getroffen, daß die Ehegatten sich gegenseitig zu Alleinerben und ihre beiderseitigen Verwandten als Erben des zuletzt Versterbenden eingesetzt hatten. Es hat diese letztwillige Verfügung gemäß § 2269 Abs. 1 BGB als „Berliner Testament” ausgelegt, auf Grund dessen die den Erblasser üb...