Entscheidungsstichwort (Thema)

Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses und Feststellung. Richterablehnung

 

Verfahrensgang

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 ABL 2555/96)

AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 350/95)

 

Tenor

I. Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. Juli 1996 aufgehoben.

II. Die Ablehnung des Richters am Amtsgericht Nürnberg Reichard wird für begründet erklärt.

III. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

IV. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 3 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Der Antragsteller hat beantragt, einen Eigentümerbeschluß über die Wahl des Verwaltungsbeirats für ungültig zu erklären und einen bestimmten Wahlmodus festzulegen. Ausweislich der Niederschrift über die mündliche Verhandlung vor dem Amtsgericht haben die Beteiligten mündliche Ausführungen zur Sache gemacht und der Antragsteller beantragt, seine Ausführungen zu Protokoll zu nehmen; der Richter hat dies abgelehnt; daraufhin hat ihn der Antragsteller wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt.

Der Antragsteller hat sein Ablehnungsgesuch sodann auch darauf gestützt, daß der Richter im Anschluß an die mündliche Verhandlung zu dem Verwalter gesagt habe, die Wohnungseigentümer seien in der Wahl des Beirats völlig frei.

Das Landgericht hat das Ablehnungsgesuch durch Beschluß vom 29.7.1996 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Antragstellers.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg.

1. Entsprechend § 42 Abs. 2 ZPO findet die Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit in Wohnungseigentumsverfahren statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen die Unparteilichkeit des Richters zu rechtfertigen. Dabei muß es sich um einen objektiven Grund handeln, der vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung erwecken kann, der Richter stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber; rein subjektive, unvernünftige Vorstellungen und Gedankengänge des Ablehnenden scheiden aus (ständige Rechtsprechung, z.B. BayObLG WuM 1992, 396; 1993, 767).

2. Ob die Weigerung des Richters, Ausführungen und Anträge des Antragstellers in das Protokoll aufzunehmen, nach diesen Grundsätzen seine Ablehnung rechtfertigen könnten, kann dahinstehen. Das Ablehnungsgesuch ist jedenfalls im Hinblick darauf begründet, daß sich der Richter nach Schluß der mündlichen Verhandlung, in der er von dem Antragsteller wegen dieser Weigerung abgelehnt worden war, mit dem Verwalter als dem Vertreter der Antragsgegner in ein Gespräch eingelassen hat, in dem es um den Verfahrensgegenstand ging. Der Richter hat in seiner ergänzenden dienstlichen Äußerung eingeräumt, er sei beim Verlassen des Sitzungssaales von dem Verwalter gefragt worden, was getan werden solle, wenn sich auf einer Versammlung nicht genügend Miteigentümer zur Wahl als Verwaltungsbeiräte zur Verfügung stellen. Er habe ihm daraufhin die Rechtslage erläutert.

Dieses Verhalten, das in Widerspruch zum Rechtsgedanken des § 47 ZPO steht, ist bei vernünftiger Betrachtung vom Standpunkt des Ablehnenden aus gesehen geeignet, die Befürchtung einer Befangenheit des Richters zu begründen, zumal sich der Richter nicht darauf beschränkt hat, nur Auskunft über eine völlig zweifelsfreie Rechtsfrage zu erteilen (BayObLG WuM 1996, 181). Der Beschluß des Landgerichts wird daher aufgehoben und das Ablehnungsgesuch für begründet erklärt.

3. In Wohnungseigentumssachen ist auch in einem Nebenverfahren wie hier über die Kosten gemäß § 47 WEG zu entscheiden. Jedoch sind § 48 Abs. 1 und 4 WEG nicht anzuwenden; maßgebend sind vielmehr die Vorschriften der Kostenordnung. Daher kommt für das Beschwerdeverfahren § 131 Abs. 1 KostO mit der Folge zur Anwendung, daß gemäß § 131 Abs. 1 Satz 2 KostO keine Gerichtskosten anfallen (BayObLG WE 1991, 79). Eine Entscheidung über die Kostentragungspflicht hinsichtlich der Gerichtskosten erübrigt sich damit.

Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten gemäß § 47 Satz 2 WEG hält der Senat nicht für geboten.

Der Geschäftswert wird gemäß § 48 Abs. 3 Satz 1 WEG in Übereinstimmung mit dem Geschäftswert der Hauptsache auf 3 000 DM festgesetzt.

 

Unterschriften

Dr. Tilch, Demharter, Dr. Delius

 

Fundstellen

Haufe-Index 545941

Rpfleger 1997, 151

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