Leitsatz (amtlich)

Ein Rechtsmittelschiedsspruch, der nicht lediglich die Zurückweisung der Berufung ausspricht, sondern eine Entscheidung in der Sache enthält, entfaltet selbst die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils, das an die Stelle des erstinstanzlichen Entscheids tritt, und kann zum Gegenstand des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung gemacht werden.

 

Tenor

1. Die Kosten des Verfahrens hat die Antragsgegnerin zu tragen.

2. Der Streitwert wird auf 46.097,03 EUR festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin begehrte mit Schriftsatz vom 5. Juli 2023 die Vollstreckbarerklärung eines inländischen Schiedsspruchs, der am 3. April 2023 zu ihren Gunsten in dem Schiedsverfahren zwischen den Parteien durch das Oberschiedsgericht der Produktenbörse Würzburg e.V. am Schiedsort Würzburg ergangen war.

Zur Begründung bezog sie sich auf den Schiedsspruch des Oberschiedsgerichts (Az.: ...), mit dem die Antragsgegnerin - unter Zurückweisung ihrer Berufung gegen den zwischen den Parteien ergangenen Schiedsspruch der Produktenbörse Würzburg e. V. vom 21. April 2022 (Az.: ...) - verurteilt blieb, an die Antragstellerin 45.797,03 EUR sowie weitere 300,00 EUR, jeweils nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 16. April 2021, zu zahlen. Die Antragsgegnerin habe trotz Zahlungsaufforderung keine Zahlung geleistet. Aufhebungsgründe lägen nicht vor.

Das Oberlandesgericht Bamberg, an das die Antragstellerin den Antrag gerichtet hatte, hat das Verfahren mit Beschluss vom 18. Juli 2023 an das Bayerische Oberste Landesgericht abgegeben.

Da die Antragsgegnerin die Hauptsacheforderung in Höhe von insgesamt 46.097,03 EUR durch Zahlung vom 28. August 2023 und die Zinsforderung durch Zahlung in Höhe von 5.373,33 EUR am 22. November 2023 beglichen hat, haben die Parteien übereinstimmend das Verfahren für erledigt erklärt, die Antragstellerin mit Schriftsätzen vom 13. November und 6. Dezember 2023, die Antragsgegnerin mit Schriftsatz vom 28. November 2023.

Die Antragstellerin hat beantragt, der Antragsgegnerin die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Die Antragsgegnerin hat sich hierzu nicht geäußert.

II. Nach übereinstimmender Erledigterklärung ist nur noch über die Kosten und den Streitwert des Verfahrens zu entscheiden.

1. Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens ergeht in entsprechender Anwendung des § 91a ZPO nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes.

§ 91a ZPO ist in den Antragsverfahren nach dem Zehnten Buch der Zivilprozessordnung anwendbar (vgl. BGH, Beschl. v. 27. März 2002, III ZB 43/00, NJW-RR 2002, 933 [juris Rn. 6]; KG, Beschl. v. 13. Mai 2013, 20 SchH 14/12, juris Rn. 4; Hammer, Überprüfung von Schiedsverfahren durch staatliche Gerichte in Deutschland, 2018, Rn. 107). Danach hat in der Regel derjenige die Kosten zu tragen, dem sie gemäß den allgemeinen kostenrechtlichen Bestimmungen nach dem zu erwartenden Verfahrensausgang ohne Erledigung aufzuerlegen gewesen wären (vgl. BGH, Beschl. v. 7. Mai 2007, VI ZR 233/05, NJW 2007, 3429 Rn. 7; Althammer in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 91a Rn. 24 m.w.N.).

Ausgehend von diesem Maßstab ist es sachgerecht, die Kosten des Verfahrens der Antragsgegnerin aufzuerlegen.

Der Antrag auf Vollstreckbarerklärung war statthaft und auch im Übrigen zulässig. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist gemäß § 1062 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 5 Satz 1 ZPO i.V.m. § 7 GZVJu für den Antrag zuständig, weil der Ort des schiedsrichterlichen Verfahrens in Bayern liegt. Durch die Anrufung des Oberlandesgerichts Bamberg und Abgabe an das Bayerische Oberste Landesgericht gemäß Beschluss vom 18. Juli 2023 sind keine zusätzlichen Kosten entstanden.

Der Antrag wäre auch in der Sache erfolgreich gewesen. Mit der Entscheidung des Oberschiedsgerichts, mit der die nach § 28 Abs. 1 der Schiedsgerichtsordnung der Würzburger Produktenbörse e. V. statthafte Berufung gegen den erstinstanzlichen Schiedsspruch zurückgewiesen worden ist, liegt ein Schiedsspruch vor, der gemäß § 1055 ZPO unter den Parteien die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils hat (vgl. BGH, Beschl. v. 9. Mai 2018, I ZB 77/17, NJW-RR 2018, 1334 Rn. 14). Da der Rechtsmittelschiedsspruch nicht lediglich die Zurückweisung der Berufung ausspricht, sondern ausweislich des Tenors und seiner Begründung eine Entscheidung in der Sache enthält, entfaltet er selbst die Wirkungen eines rechtskräftigen gerichtlichen Urteils, das an die Stelle des erstinstanzlichen Entscheids tritt. Daher genügte es, lediglich den Schiedsspruch des Oberschiedsgerichts zum Gegenstand des Verfahrens auf Vollstreckbarerklärung zu machen (vgl. Geimer in Zöller, ZPO, § 1059 Rn. 10c). Aufhebungsgründe i.S.d. § 1059 Abs. 2 Nr. 1 ZPO sind nicht begründet geltend gemacht worden und solche i.S.d. § 1059 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich. Zudem war der Antrag auf Vollstreckbarerklärung nicht verfrüht gestellt (dazu: BayObLG, Beschl. v. 16. Dezember 2020, 101 Sch 126/20, juris Rn. 33).

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