Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache

 

Leitsatz (amtlich)

Im Beschwerde verfahren nach §§ 116 ff. GWB ist über die Erstattung von außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 162 Abs. 3 VwGO analog); die Anordnung der Erstattung entspricht in der Regel der Billigkeit, wenn ein Beigeladener erfolgreich Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat.

 

Normenkette

VwGO § 162 Abs. 3

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Nordbayern (Aktenzeichen 320.VK-3194-30/00)

 

Tenor

I. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Auslagen der Beigeladenen zu tragen.

II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 191.170 DM festgesetzt.

 

Gründe

Auf die Kostenentscheidung im Beschwerdeverfahren nach §§ 116 ff. GWB sind mangels ausdrücklicher gesetzlicher Regelung §§ 91 ff. ZPO entsprechend anzuwenden (BGH vom 19.12.2000, X ZB 14/00). Die Antragstellerin hat mit Schriftsatz vom 27.12.2000 die sofortige Beschwerde zurückgenommen, nachdem der Senat mit Beschluß vom 21.12.2000 den Antrag auf Verlängerung der aufschiebenden Wirkung abgelehnt hat. Sie hat in entsprechender Anwendung der §§ 91, 515 Abs. 3 ZPO die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen. Zu diesen Kosten gehören auch die außergerichtlichen Kosten der Vergabestelle (Antragsgegnerin und Beschwerdegegnerin), ohne daß dies im Tenor der Entscheidung ausdrücklich niedergelegt sein müßte (vgl. § 91 ZPO).

Auf §§ 91 ff. ZPO kann allerdings nicht zurückgegriffen werden, soweit es um die Kosten von Beigeladenen geht. Zwar hat der Bundesgerichtshof in der vorgenannten Entscheidung auf die Kostengrundentscheidung im Beschwerdeverfahren nach §§ 116 ff. GWB die §§ 91 ff. ZPO entsprechend angewandt. Er hat die zuvor in Rechtsprechung und Literatur alternativ erörterte analoge Anwendung des für das Verfahren vor der Vergabekammer geltenden § 128 GWB oder des für das Kartellbeschwerde verfahren geltenden § 78 GWB ausdrücklich abgelehnt. Es kann jedoch nicht angenommen werden, daß der Bundesgerichtshof zugleich eine Aussage über die Kostentragungspflicht und den Kostenerstattungsanspruch von Beigeladenen treffen wollte. Die Zivilprozeßordnung kennt das Institut der Beiladung nicht; §§ 91 ff. ZPO enthalten demgemäß auch keine Kostenregelung für Beigeladene. Mit der Streitgenossenschaft und Nebenintervention ist die Stellung eines Beigeladenen im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren nur bedingt vergleichbar; die für jene zivilprozessualen Situationen geltenden Kostenfolgen nach §§ 100, 101 ZPO sind daher auch nicht ohne weiteres auf Beigeladene übertragbar. Während die analoge Anwendung der §§ 91 ff. ZPO auf die Hauptbeteiligten des Nachprüfungsverfahrens unproblematisch erscheint, stellt sich die Kostenfolge der Beiladung als ein spezielles Problem dar, über das zu entscheiden der Bundesgerichtshof in dem ihm vorgelegenen Fall keinen Anlaß hatte und über das er zur Überzeugung des Senats nicht inzident mitentschieden hat.

Der Senat hält insoweit eine entsprechende Anwendung der Kostenvorschriften der Verwaltungsgerichtsordnung für sachgerecht, soweit sie spezifische Bestimmungen für Beigeladene enthalten, da diese für Beigeladene im Verwaltungsprozeß geltenden Vorschriften noch am ehesten der Stellung von vergaberechtlich Beigeladenen gerecht werden. Dies entspricht auch der Praxis anderer Oberlandesgerichte und der überwiegenden Meinung im vergaberechtlichen Schrifttum (vgl. OLG Düsseldorf Beschluß vom 12.1.2000 – Verg 3/99, NZBau 2000, 155/158; Beschluß vom 15.6.2000 – Verg 6/00; Beschluß vom 29.11.2000 – Verg 21/00; OLG Brandenburg Beschluß vom 3.8.1999 – 6 Verg 1/99; Noelle in Byok/Jaeger Kommentar zum Vergaberecht, Anh. zu §§ 128, 129 Rn. 1051; Jaeger ebenda § 123 Rn. 854 m.w.N.; Boesen Vergaberecht § 123 Rn. 90; Stickler in Reidt/Stickler/Glahs Vergaberecht Kommentar § 123 Rn. 19; Hunger in Niebuhr/Kulartz/Kus/Portz Kommentar zum Vergaberecht § 123 Rn. 12 Fußn. 22; Gröning ZIP 1999, 181/185). Danach können dem Beigeladenen Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO). Über die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen ist nach billigem Ermessen zu entscheiden (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Anordnung der Erstattung entspricht in der Regel der Billigkeit, wenn ein Beigeladener erfolgreich Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat, da er mit Antragstellung oder Rechtsmitteleinlegung auch das Risiko eigener Kostentragungspflicht entsprechend § 154 Abs. 3 VwGO übernommen hat (vgl. für den Verwaltungsprozeß Redeker/von Oertzen VwGO 13. Aufl. § 162 Rn. 15 unter Hinweis auf die ständige Praxis der Verwaltungsgerichte; Eyermann/Jörg Schmidt VwGO 11. Aufl. § 162 Rn. 17; Kopp/Schenke VwGO 12. Aufl. § 162 Rn. 23). Dieser Gesichtspunkt ist jedoch nicht schlechthin entscheidend; andere Umstände können im Einzelfall gegen eine Kostenerstattung sprechen. Ein Beigeladener muß das Kostenrisiko vor Au...

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