Leitsatz (amtlich)

1. Kostenentscheidung nach Rücknahme des Nachprüfungsantrags in der Beschwerdeinstanz.

2. Die Erstattung von Aufwendungen eines Beigeladenen im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren richtet sich nach den Kostenvorschriften der ZPO; eine Billigkeitsentscheidung analog § 162 Abs. 3 VwGO ist nicht zu treffen (Aufgabe der bisherigen Senatsrechtsprechung im Anschluss an BGH v. 9.2.2004 - X ZB 44/03, BGHReport 2004, 744 = VergabeR 2004, 201 [208]).

 

Verfahrensgang

Vergabekammer Südbayern (Aktenzeichen 120.3-3194. 1-63-12/03/04)

 

Tenor

I. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Verfahren nach § 118 GWB und § 121 GWB zu tragen. Sie hat dem Antragsgegner und der Beigeladenen die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Aufwendungen zu erstatten; das gilt nicht für die Aufwendungen der Beigeladenen im Verfahren vor der Vergabekammer, die die Beigeladene selbst trägt. Die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten durch den Antragsgegner im Verfahren vor der Vergabekammer war notwendig.

II. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 194.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Mit Beschluss vom 23.3.2004 hat der Senat dem Antragsgegner den weiteren Fortgang des Vergabeverfahrens und den Zuschlag gestattet. Der Antragsgegner hat den Zuschlag an die Beigeladene erteilt. Mit Schriftsatz vom 6.4.2004 hat die Antragstellerin den Nachprüfungsantrag zurückgenommen. Der Antragsgegner hat mit Schriftsatz vom 22.4.2004, der am gleichen Tag bei Gericht eingegangen ist, in die Rücknahme eingewilligt und Kostenantrag gestellt.

II. 1. Die Rücknahme des Nachprüfungsantrags in der Beschwerdeinstanz ist mit Eingang der Einwilligung des Antragsgegners bei Gericht wirksam geworden (§ 269 Abs. 1 und 2 ZPO analog); einer Einwilligung der Beigeladenen bedurfte es nicht (vgl. zur Rechtslage im Verwaltungsprozess BVerwGE 30, 27; Eyermann/Rennert, VwGO, 11. Aufl., § 92 Rz. 11; Redeker/von Oertzen, VwGO, 13. Aufl., § 92 Rz. 8; Kopp/Schenke, VwGO, 13. Aufl., § 92 Rz. 12). Durch die Rücknahme des Nachprüfungsantrags ist die Entscheidung der Vergabekammer auch im Kostenpunkt wirkungslos geworden (vgl. § 269 Abs. 3 S. 1 ZPO); der Senat hat über die Kosten beider Rechtszüge zu befinden.

a) Kosten des Beschwerdeverfahrens:

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Antragstellerin in entsprechender Anwendung des § 269 Abs. 3 S. 2 ZPO zu tragen. Das gilt auch für die Kosten der Verfahren nach § 118 GWB und § 121 GWB, ferner für die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners und der Beigeladenen. Nach der neueren Rechtsprechung des BGH richtet sich die Kostenentscheidung im vergaberechtlichen Beschwerdeverfahren auch hinsichtlich der notwendigen Aufwendungen eines Beigeladenen allein nach den für die Zivilgerichte geltenden Kostengrundsätzen, also nach der ZPO, und nicht analog § 162 Abs. 3 VwGO (vgl. BGH v. 9.2.2004 - X ZB 44/03, BGHReport 2004, 744 = VergabeR 2004, 201 [208] = NZBau 2004, 229 [232]). Der Senat hält deshalb an seiner bisher vertretenen Auffassung, über die Erstattung der außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sei eine Billigkeitsentscheidung analog § 162 Abs. 3 VwGO zu treffen (vgl. z.B. BayObLG v. 21.12.2000 - Verg 13/00, BayObLGReport 2001, 64 = NZBau 2001, 344 - Leitsatz) nicht mehr fest. Der Ausspruch über die Pflicht zur Erstattung der notwendigen Aufwendungen der Beigeladenen (sowie des Antragsgegners) dient insoweit - für das Beschwerdeverfahren - nur der Klarstellung. Zu den notwendigen Aufwendungen gehören im Beschwerdeverfahren auch die Anwaltskosten (vgl. § 91 ZPO, § 120 Abs. 1 GWB), ohne dass dies eines besonderen Ausspruchs bedürfte (vgl. für Beigeladene BGH v. 9.2.2004 - X ZB 44/03, BGHReport 2004, 744 = VergabeR 2004, 201 [208] = NZBau 2004, 229 [232]).

b) Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer:

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und die notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners trägt die Antragstellerin gem. § 128 Abs. 3 S. 1, § 128 Abs. 4 S. 2 GWB. Diese Vorschriften, die eine Kostenpflicht für den Fall des Unterliegens vorsehen, sind bei Rücknahme des Nachprüfungsantrags entsprechend anwendbar; denn wer seinen Antrag zurücknimmt, begibt sich freiwillig in die Position des Unterlegenen (vgl. BayObLG NZBau 2000, 99; BayObLG, Beschluss vom 15.4.2003 - Verg 4/03; OLG Naumburg v. 29.5.2001 - 1 Verg 5/01, OLGReport Naumburg 2001, 419; OLG Celle v. 13.2.2002 - 13 Verg 2/02, OLGReport Celle 2002, 184; OLG Düsseldorf VergabeR 2002, 197; VergabeR 2003, 111; offen gelassen in BGH v. 9.12.2003 - X ZB 14/03, BGHReport 2004, 782 = WuW 2004, 464 [465]). Im Übrigen ergibt sich das gleiche Ergebnis für die Kosten der Tätigkeit der Vergabekammer aus § 128 Abs. 1 S. 2 GWB i.V.m. § 13 Abs. 1 Nr. 1 VwKostG (vgl. BGH v. 9.12.2003 - X ZB 14/03, BGHReport 2004, 782 = WuW 2004, 464 [465]), für die Pflicht zur Erstattung der Aufwendungen des Antragsgegners aus § 128 Abs. 4 S. 3 GWB i.V.m. Art. 80 Abs. 1 S. 2 BayVwVfG, wo ...

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