Leitsatz (amtlich)
Auch für einen nicht am Sitz des Gerichts erster Instanz, des LG oder des OLG (BayObLG) wohnhaften, nicht anwaltlich vertretenen Beteiligten, der trotz Hinweises auf die Formvorschriften für die sofortige weitere Beschwerde weder die Unterschrift eines Rechtsanwalts einholt noch die Rechtsantragsstelle aufsucht, kommt die Wiedereinsetzung wegen Versäumung der Rechtsbeschwerdefrist nicht in Betracht (Anschluss an KG FGPrax, 2002, 245 f.).
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 11.02.2004; Aktenzeichen 14 T 10401/03) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 228/03) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 11.2.2004 wird verworfen.
II. Die Antragstellerin hat die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Eine außergerichtliche Kostenerstattung findet in diesem Rechtszug nicht statt.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 4.082,52 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin ist die Verwalterin einer Wohn- und Teileigentumsanlage. Sie macht in Verfahrensstandschaft für die übrigen Wohnungseigentümer gegen die Antragsgegnerin, der als Miteigentümerin in der Wohnanlage zwei gewerbliche Einheiten gehören, Wohngeldrückstände von 4.082,52 Euro für die Zeit vom 1.1.2000 bis 7.5.2003 geltend.
Das AG hat mit Beschluss vom 21.10.2003 dem Zahlungsantrag der Antragstellerin stattgegeben. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin, die in Norddeutschland wohnt und anwaltlich nicht vertreten ist, blieb erfolglos. Gegen den ihr am 18.2.2004 zugestellten Beschluss des LG vom 11.2.2004, dem keine Rechtsmittelbelehrung beigefügt war, hat die Antragsgegnerin mit eigenhändig verfasstem Telefax-Schreiben am 29.2.2004 Rechtsmittel eingelegt. Das LG hat ihr daraufhin am 6.3.2004 eine schriftliche Belehrung zugestellt, die u.a. auf Form und Frist für die sofortige weitere Beschwerde hinweist. Die Antragsgegnerin hat daraufhin mit eigenhändigem Schreiben vom 10.3.2004 darum gebeten, ihre bereits erhobene Beschwerde "zu Protokoll zu nehmen", und ihr Rechtsmittel unter dem 15.3.2004 schriftlich näher begründet. Das Schreiben des Vorsitzenden der Beschwerdekammer vom 12.3.2004, dass ihre Beschwerde derzeit unzulässig sei, "da sie nicht von einem Rechtsanwalt eingelegt wurde und auch von Ihnen nicht bei der zuständigen Rechtsantragsstelle", hat die Antragstellerin am 17.3.2004 damit beantwortet, dass sie auswärts wohne und ihr Rechtsmittel nicht vor Ort bei einer zuständigen Rechtsantragsstelle zu Protokoll geben könne. Sie bitte erneut, ihr Beschwerdeschreiben zu Protokoll zu nehmen. Zugleich hat sie angekündigt, einen Rechtsanwalt zur Wahrung ihrer Rechte zu beauftragen.
II. Das Rechtsmittel ist unzulässig und deshalb zu verwerfen.
1. Gegen die Entscheidung des LG ist die sofortige weitere Beschwerde gem. § 45 Abs. 1 WEG statthaft. Sie ist binnen einer Frist von zwei Wochen einzulegen; die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in welchem die Entscheidung dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden ist (§ 27, § 29 Abs. 4, § 22 Abs. 1 FGG). Die Bekanntmachung erfolgt in der Regel durch Zustellung der gerichtlichen Verfügung (§ 16 Abs. 2 FGG), die hier am 18.2.2004 durch Übergabe des landgerichtlichen Beschlusses an die Antragstellerin persönlich bewirkt wurde. Der Ablauf der Beschwerdefrist ist nicht dadurch gehindert, dass der Beschluss des LG nicht mit einer Rechtsmittelbelehrung versehen war. Denn die Frist läuft auch dann, wenn die an sich erforderliche Belehrung unterblieben ist (BGH v. 2.5.2002 - V ZB 36/01, BGHZ 150, 390 = BGHReport 2002, 617 = MDR 2002, 1140).
Wird das Rechtsmittel durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt, so muss die Schrift von einem Rechtsanwalt unterzeichnet sein (§ 29 Abs. 1 S. 2 FGG). Die innerhalb der Frist am 29.2.2004 eingegangene Beschwerdeschrift der Antragstellerin erfüllt diese Voraussetzung nicht. Sie ist deshalb nicht geeignet, die Beschwerdefrist zu wahren.
2. Wegen Versäumung der Beschwerdefrist kommt eine - ggf. auch ohne ausdrücklichen Antrag zu bewilligende - Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 22 Abs. 2 S. 1 FGG in Betracht, wenn der Belehrungsmangel im Einzelfall für das Versäumen der Rechtsmittelfrist ursächlich geworden ist (BGH v. 2.5.2002 - V ZB 36/01, BGHZ 150, 390 = BGHReport 2002, 617 = MDR 2002, 1140; s.a. Sternal in Keidel/Kuntze/Winkler, FGG, 15. Aufl., § 22 Rz. 69). Der Belehrungsmangel bildet hier jedoch nicht die Ursache für die Fristversäumung.
a) Das LG hat die Antragstellerin nach Eingang ihres formunwirksamen Rechtsmittels ausreichend schriftlich belehrt, nämlich über das Rechtsmittel selbst, über einzuhaltende Form- und Fristerfordernisse sowie über die Gerichte, bei denen das Rechtsmittel einzulegen ist (vgl. BGH v. 2.5.2002 - V ZB 36/01, BGHZ 150, 390 = BGHReport 2002, 617 = MDR 2002, 1140; auch Demharter, NZM 2002, 673 [675]). Dessen ungeachtet hat die Antragstellerin mit ihren Schreiben vom 10., 15. und 17.3.2004 den formellen...