Leitsatz (amtlich)
Ein Eigentümerbeschluss, der unter dem Tagesordnungspunkt "Sonstiges" gefasst wird und nicht nur eine unbedeutende Angelegenheit regelt, ist auf rechtzeitige Anfechtung allein deswegen für ungültig zu erklären.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 10.11.2003; Aktenzeichen 1 T 15896/03) |
AG München (Beschluss vom 22.07.2003; Aktenzeichen 481 UR II 431/03) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers werden die Beschlüsse des LG München I vom 10.11.2003 und des AG München vom 22.7.2003 abgeändert.
II. Der am 9.4.2003 unter Tagesordnungspunkt 12 (Sonstiges), Spiegelstrich 4 zum Antrag "Installation einer Satellitenempfangsanlage auf dem Flachdach" gefasste Eigentümerbeschluss wird für ungültig erklärt.
III. Im Übrigen bleibt der Antrag des Antragstellers abgewiesen und wird seine sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
IV. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Verfahrens in allen Rechtszügen zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
V. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeververfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.
VI. Die Beschwerde der Antragsgegner gegen die Geschäftswertfestsetzung im Beschluss des LG wird zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Anlage mit mehr als 200 Wohnungen in acht Häusern, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.
Der Antragsteller unterhält auf dem Flachdach eines dieser Häuser eine Amateur-Funkantenne, deren Errichtung ihm durch Eigentümerbeschluss vom 1.12.1983 gestattet wurde. Der damalige Verwalter schloss zudem mit dem Antragsteller unter dem 26. 5./5.6.1984 einen schriftlichen Antennenvertrag, der in § 3 Abs. 2 folgende Regelung enthält:
Sofern die äußeren, maximalen optischen Abmessungen (Drehkreis + Höhe) der Anlage nicht verändert werden, kann der Antenneninhaber ohne Rücksprache bei der Gemeinschaft, wohl aber bei der Hausverwaltung, die Antennenanlage technisch modifizieren.
Die im Grundbuch eingetragene Gemeinschaftsordnung enthält in § 4 Nr. 5 folgende Regelung:
Das Anbringen von Außenantennen ist untersagt. Das Anbringen von Reklameeinrichtungen, Schildern, Verkaufsautomaten u.ä. ist nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung des Verwalters und nur in der vom Verwalter zu bestimmenden Art und Form zulässig.
Der Antragsteller möchte auf dem Flachdach neben seiner Funkantenne eine Satellitenempfangsanlage zu Zwecken des Amateurfunks aufstellen. Ein entsprechender Antrag auf Genehmigung wurde auf der Eigentümerversammlung am 9.4.2003 unter dem Tagesordnungspunkt (TOP) "Sonstiges" erörtert und bei nur sieben Enthaltungen abgelehnt.
Der Antragsteller hat daraufhin beim AG beantragt, diesen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären und die Antragsgegner zu verpflichten, ihm zu gestatten, eine Satellitenempfangsanlage auf dem Flachdach auf eigene Kosten und unter Beachtung der einschlägigen Vorschriften anzubringen oder anbringen zu lassen.
Das AG hat mit Beschluss vom 22.7.2003 beide Anträge abgewiesen, das LG die sofortige Beschwerde des Antragstellers mit Beschluss vom 10.11.2003 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers. Die Antragsgegner haben gegen die Festsetzung des Geschäftswerts auf 3.000 Euro durch das LG Beschwerde eingelegt.
II. Das Rechtsmittel des Antragstellers ist teilweise begründet, die Geschäftswertbeschwerde der Antragsgegner unbegründet.
1. Das LG hat, weitgehend unter Bezugnahme auf den Beschluss des AG, ausgeführt:
Der unter TOP 12 am 9.4.2003 gefasste Eigentümerbeschluss entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Die gewünschte Aufstellung einer zusätzlichen Satellitenempfangsanlage zu der bereits bestehenden Funkantenne stelle eine bauliche Veränderung im Sinn von § 22 WEG dar. Da die Gemeinschaftsordnung das Aufstellen von Außenantennen generell untersage, sei für eine Ausnahme die Zustimmung aller Wohnungseigentümer erforderlich, ohne dass es darauf ankomme, ob damit Nachteile i.S.v. § 14 WEG verbunden seien. Eine Verpflichtung zur Zustimmung der Antragsgegner ergebe sich nicht aus dem Antennenvertrag von 1984. In diesem Vertrag werde das Anbringen lediglich einer Antenne für den Amateurfunk und eine technische Modifizierung dieser Anlage erlaubt. Das Anbringen einer Satellitenempfangsanlage sei etwas Anderes und Zusätzliches. Ein Recht auf Zustimmung ergebe sich auch nicht aus dem Grundrecht der Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG. Die hierzu ergangene Rechtsprechung betreffe andere Fallgestaltungen.
2. Die Entscheidung des LG hält nur teilweise der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Der Eigentümerbeschluss, mit dem die Zustimmung zur Errichtung einer zusätzlichen Satellitenempfangsanlage auf dem Dach des Hauses abgelehnt wurde, entspricht schon deshalb nicht ordnungsmäßiger Verwaltung, weil er unter dem Tagesordnungspunkt "Sonstiges" gefasst wurde.
Wirksame Beschlüsse können in einer Eigentümerversammlung, zu der nicht alle Wohnungseigentümer erschienen...