Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 21 O 13505/20) |
Tenor
1. Der Bescheid des Landgerichts München I vom 20. Dezember 2021, Az. 21 O 13505/20, wird aufgehoben.
2. Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
4. Der Geschäftswert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I. In dem abgeschlossenen Verfahren vor dem Landgericht München I, Az. 21 O 13505/20 (Ausgangsverfahren), in dessen Akten die weiteren Beteiligten Einsicht begehren, stritten die dortige Klägerin und die hiesige Antragstellerin als Beklagte über die Verletzung eines Patents.
Mit Schriftsätzen vom 23. September und 12. Oktober 2021 hat die xxx Partnerschaftsgesellschaft mbB Akteneinsicht in das Ausgangsverfahren mit der Begründung beantragt, die weiteren Beteiligten seien Beklagte in dem Rechtsstreit beim Landgericht München I, Az. 7 O 6090/21 (Sekundärverfahren, das mittlerweile unter dem Az. 21 O 13019/21 geführt wird), in dem die Klägerin auf das Ausgangspatent Bezug genommen habe. Das dortige Klagepatent sei mit demjenigen im Ausgangsverfahren identisch; dies gelte auch für weitere Verfahren, in deren Akten ebenfalls Einsicht begehrt werde. Es bestehe wegen der Parallelität der Verletzungsprozesse ein rechtliches Interesse daran, im Wege der Akteneinsicht Kenntnis vom aktuellen Verfahrensstand und den zum Klagepatent ausgetauschten Argumenten zu nehmen. Dies diene nicht nur dem effektiven Rechtsschutz und der Waffengleichheit im Sekundärverfahren, sondern auch der Prozessökonomie. Es sei davon auszugehen, dass sich die Parteien im Ausgangsverfahren bereits näher mit der Auslegung des Klagepatents, der Subsumtion der relevanten Abschnitte des maßgeblichen Standards unter die Merkmale des Klagepatents sowie mit Fragen des Rechtsbestands des Klagepatents beschäftigt hätten. Diese Argumente seien jedenfalls der Klägerin über alle Verfahren hinweg bereits bekannt, so dass aus Gründen der Waffengleichheit deren Offenlegung geboten sei, die überdies die Stellungnahme zur Klage im Sekundärverfahren vereinfache. Es liege nahe, dass die weiteren Beteiligten und die Antragstellerin in den angegriffenen Ausführungsformen funktionsgleiche, wenn nicht sogar in wesentlichen Aspekten gleichartige Technologien verwendeten, so dass die jeweils angegriffenen Ausführungsformen in den relevanten, potentiell standardessentiellen Aspekten aller Wahrscheinlichkeit nach gleich oder ähnlich ausgestaltet seien. Damit sei die Akteneinsicht geeignet, den weiteren Beteiligten "die Lesung von Standard auf angegriffene Ausführungsform zu vereinfachen". Es bestehe Einverständnis mit einer Akteneinsicht, die sich auf die technischen Schriftsätze beschränke und bei der sämtliche Anlagen und Schriftsätze zur FRAND-Diskussion von der Akteneinsicht ausgenommen würden.
Die Antragstellerin als Beklagte des Ausgangsverfahrens ist dem Akteneinsichtsgesuch mit Schriftsätzen vom 8. und 29. Oktober sowie 15. November 2021, auch soweit die Akteneinsicht auf bestimmte Aktenbestandteile beschränkt werde, entgegengetreten. Ein rechtliches Interesse sei nicht dargelegt. Allein die Inanspruchnahme aus demselben Patent genüge für die Begründung nicht.
Die Klägerin des Ausgangsverfahrens hat der Gewährung von Akteneinsicht - auch in beschränktem Umfang - ebenfalls nicht zugestimmt. Die Bezugnahme auf das Ausgangsverfahren im Sekundärverfahren habe nur der Klärung der Geschäftsverteilung gedient.
Mit nicht begründeter Verfügung vom 20. Dezember 2021, der Antragstellerin am 21. Dezember 2021 zugegangen, hat der mit dem Ausgangsverfahren befasste Vorsitzende Richter am Landgericht den "Antrag der sonstigen Beteiligten xxx Partnerschaftsgesellschaft mbB" vom 23. September 2021 auf Akteneinsicht "insoweit genehmigt, als die vom dem Akteneinsichtsgesuch betroffenen Aktenbestandteile (Schriftsätze und Anlagen) nicht die FRAND-Diskussion betreffen". Im Übrigen werde der Antrag auf Akteneinsicht zurückgewiesen. Die Akteneinsicht werde erst mit Rechtskraft der Verfügung wirksam.
Dagegen hat die Antragstellerin beim Bayerischen Obersten Landesgericht mit Schriftsatz vom 19. Januar 2022, eingegangen am selben Tag, einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung angebracht. Der Antrag auf Akteneinsicht sei in vollem Umfang unbegründet, da die Parteien des Rechtsstreits der Akteneinsicht nicht zugestimmt und die weiteren Beteiligten ein rechtliches Interesse nicht dargelegt hätten. Es seien rein wirtschaftliche Interessen betroffen. Die weiteren Beteiligten erhielten durch die Gewährung der Einsichtnahme in ihre Schriftsätze im Ausgangsverfahren grundlos die Möglichkeit, sich ihre dort getätigten Ausführungen anzueignen, wofür ein rechtliches Interesse im Sinne des § 299 Abs. 2 ZPO in keiner Weise erkennbar sei. Jedenfalls aber sei die Gewährung von Akteneinsicht angesichts der fehlenden Begründung ermessensfehlerhaft. Sie sei auch unverhältnismäßig. Für die Klageerwiderung im Sekundärverfahren sei eine Einsichtnahme ...