Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Ausscheiden des Antragsgegners durch Veräußerung während des Verfahrens
Verfahrensgang
LG Augsburg (Entscheidung vom 15.02.1991; Aktenzeichen 7 T 5103/89) |
AG Augsburg (Entscheidung vom 12.12.1989; Aktenzeichen 3 UR II 57/89) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluß des Landgerichts Augsburg vom 15. Februar 1991 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur neuen Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Landgericht zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 20 000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragsteller sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage; der Antragsgegner war bei Einleitung des Verfahrens Wohnungseigentümer (Teileigentümer) und hat sein Teileigentum Nr. 13 während des Verfahrens veräußert.
Das Teileigentum Nr. 13 ist in der Teilungserklärung und im Nachtrag hierzu als „Laden” bezeichnet. In dem Teileigentum wird von den Mietern ein bis 1 Uhr nachts geöffnetes Lokal betrieben.
Die Antragsteller haben beantragt, dem Antragsgegner zu verbieten, in seinem Teileigentum ein gastronomisches Gewerbe zu betreiben oder betreiben zu lassen. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 12.12.1989 stattgegeben. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 15.2.1991 dem geänderten Antrag stattgegeben und festgestellt, daß es dem Antragsgegner verboten ist, in dem Teileigentum Nr. 13 ein gastronomisches Gewerbe (Café, Bar, Gaststätte, Pizzeria, Schnellimbiß) zu betreiben oder betreiben zu lassen. Hiergegen wendet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners, die nicht begründet wurde.
II.
Das Rechtsmittel führt zur Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat das Gesetz dadurch verletzt, daß es nicht alle Wohnungseigentümer am Verfahren beteiligt hat.
a) Gegenstand des Verfahrens ist ein Antrag gemäß § 43 Abs. 1 Nr. 1 WEG, der die sich aus der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer ergebenden Rechte und Pflichten zum Gegenstand hat. An diesem Verfahren sind sämtliche Wohnungseigentümer materiell beteiligt (§ 43 Abs. 4 Nr. 1 WEG). Wer materiell beteiligt ist, muß auch formell zum Verfahren hinzugezogen werden. Die Notwendigkeit der Beteiligung ergibt sich aus § 45 Abs. 2 WEG. Die Beteiligung ist auch ein Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs und der Sachaufklärung nach § 12 FGG (BayObLG NJW-RR 1990, 660/661).
b) Aus der bei den Akten befindlichen Eigentümerliste ergibt sich, daß außer den Antragstellern und der Rechtsnachfolgerin des Antragsgegners weitere Wohnungseigentümer vorhanden sind, die nicht am Verfahren beteiligt worden sind. Dies hat nach § 27 Abs. 1 Satz 2 FGG, §§ 550, 551 Nr. 5 ZPO zwingend die Aufhebung und Zurückverweisung der Sache an das Landgericht zur Folge, weil eine Genehmigung des Verfahrens durch die nicht beteiligten Wohnungseigentümer nicht vorliegt. Der Verfahrensfehler ist von Amts wegen zu beachten (BayObLG aaO).
2. Das Landgericht wird bei seiner neuerlichen Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu befinden haben. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird vom Senat gemäß § 48 Abs. 2 WEG in Übereinstimmung mit den Vorinstanzen festgesetzt.
II.
Für das weitere Verfahren wird bemerkt:
1. Bedenken bestehen gegen die vom Landgericht veranlaßte Änderung des Unterlassungsantrags in einen Feststellungsantrag. In Wohnungseigentumssachen findet nach allgemeiner Ansicht § 265 ZPO entsprechende Anwendung, wenn während des Verfahrens der Antragsgegner aus der Gemeinschaft ausscheidet (BayObLGZ 1986, 348/349). Dies hat zur Folge, daß eine Verpflichtung des Antragsgegners, eine bestimmte Nutzung seines Teileigentums zu unterlassen, gemäß § 325 Abs. 1 ZPO gegen seinen Rechtsnachfolger wirkt und gemäß § 727 i.V.m. § 890 ZPO gegen ihn vollstreckt werden kann. Das Ausscheiden des Antragsgegners aus der Wohnungseigentümergemeinschaft während des Verfahrens gibt daher keine Veranlassung, von dem vollstreckbaren Unterlassungsanspruch auf einen Feststellungsantrag überzugehen.
2. Nach allgemeiner Meinung und ständiger Rechtsprechung des Senats stellt die nähere Bezeichnung eines Teileigentums in der Teilungserklärung als „Laden” eine entsprechende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter dar (§ 15 Abs. 1 WEG). Ein solches Teileigentum darf grundsätzlich nur als Laden genutzt werden; zulässig ist aber auch eine andere Nutzung, sofern sie nicht mehr als ein Laden stört oder beeinträchtigt; zum Betrieb einer Gaststätte, die über die Ladenschlußzeiten hinaus geöffnet ist, darf das Teileigentum danach aber z. B. nicht genutzt werden (BayObLG NJW-RR 1989, 719/720).
Nach diesen Grundsätzen ist die Nutzung des Teileigentums Nr. 13 als Lokal mit einer Öffnungszeit bis 1 Uhr nachts nicht zulässig. Ein Unterlassungsanspruch gemäß § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 3 WEG richtet sich auch dann gegen den Wohnungseigentümer, wenn die zweckbestimmungswidrige Nutzung nicht von ihm, sondern von ...