Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
1. Die Ernennung aller Miterben zu Testamentsvollstreckern kann auch dann wirksam sein, wenn der Erblasser eine von der gemeinschaftlichen Amtsführung abweichende Anordnung trifft und Entscheidungen durch Mehrheitsbeschluß zuläßt.
2. Zum Begriff des „wichtigen Grundes” im Sinne des § 2227 BGB.
Normenkette
BGB §§ 2197, 2218 Abs. 2, §§ 2224, 2227
Verfahrensgang
LG Traunstein (Aktenzeichen 8 T 1906/99) |
AG Traunstein (Aktenzeichen 7 VI 322/99) |
Tenor
I. Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 3 bis 5 wird der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 23. März 2000 aufgehoben.
II. Die Sache wird zur anderweitigen Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Traunstein zurückverwiesen.
Gründe
I.
Der 1997 im Alter von 86 Jahren verstorbene Erblasser hatte mit seinen drei Söhnen am 19.2.1988 einen notariell beurkundeten Erbvertrag geschlossen, der u. a. folgende Bestimmungen enthält:
…
II.
Erbvertrag
1. Im Wege des Erbvertrags bestimmt E (der Erblasser) seine Söhne A, B (Beteiligter zu 2) und C (Beteiligter zu 1), ersatzweise deren Abkömmlinge nach Stämmen, zu seinen Erben zu gleichen Teilen.
2. E ordnet an, daß die von ihm soeben eingesetzten Erben sowohl Schenkungen, die sie von E empfangen haben als auch Schenkungen, die sie von ihrer Mutter empfangen haben, bei der Auseinandersetzung des Nachlasses untereinander auszugleichen haben. …
3. Das Recht der Erben, Auseinandersetzung des Nachlasses zu verlangen, wird auf die Dauer von drei Jahren seit dem Erbfall ausgeschlossen.
4. E bleiben die übrigen in dieser Urkunde enthaltenen Verfügungen von Todes wegen vorbehalten.
5. Die vertragsmäßigen Verfügungen werden jeweils angenommen.
…
IV.
Weitere Verfügungen von Todes wegen
1. E ordnet Testamentsvollstreckung an. Testamentsvollstrecker sind die Söhne A, B und C, und zwar in der Weise, daß je zwei von ihnen gemeinschaftlich über den Nachlaß zu verfügen befugt sind. Sollte einer der Testamentsvollstrecker sein Amt nicht antreten können, weil er vorher verstorben ist, oder sollte er später durch Tod wegfallen, so sind an seiner Stelle die von E bestimmten Ersatzerben auch Testamentsvollstrecker …
Den Testamentsvollstreckern aus einem Stamm stehen die Vollstreckerbefugnisse nur gemeinschaftlich zu.
Aufgabe der Testamentsvollstrecker ist es, die Auseinandersetzung des Nachlasses zu bewirken und den Nachlaß bis zur vollständigen Auseinandersetzung zu verwalten.
2. E bestimmt, daß der Nachlaß soweit wie möglich durch Teilung in Natur auseinandergesetzt wird. Insbesondere soll Immobilienvermögen nur dann versilbert werden, wenn dies zur Deckung von Nachlaßverbindlichkeiten unumgänglich ist oder wenn eine Auseinandersetzung durch Teilung in Natur nicht oder nicht in vollem Umfang möglich sein sollte. Alle Entscheidungen über Art und Weise und Zeitpunkt der Auseinandersetzung werden von den Erben durch Mehrheitsbeschluß getroffen, und zwar in der Weise, daß jedem Erbenstamm eine Stimme zusteht, die nur einheitlich abgegeben werden kann.
Der Sohn des Erblassers A ist vor dem Erblasser – am 1.2.1991 – verstorben. Die Beteiligten zu 3 bis 5 sind seine Kinder.
Der Beteiligte zu 1 bat mit Schreiben vom 24.7.1997 das Nachlaßgericht, weil er bei der Eintreibung von Außenständen im Rahmen seiner Tätigkeit als Testamentsvollstrecker im Einvernehmen mit den anderen Erbberechtigten eine Legitimation benötige, „uns eine entsprechende Bescheinigung auszustellen, nach der die Legalität unserer Tätigkeit entsprechend dem Erbvertrag erklärt wird”. Zur Kenntnisnahme war dem Schreiben eine Vollmacht der Beteiligten zu 2 bis 5 für den Beteiligten zu 1 beigelegt, die die Beteiligten zu 2 bis 5 als „Erben und zugleich auch Erbvollstrecker” unterzeichnet hatten. Der Nachlaßrichter erteilte am 28.7.1997 dem Beteiligten zu 1 ein Testamentsvollstreckerzeugnis des Inhalts, daß der Beteiligte zu 1 zum Testamentsvollstrecker ernannt worden sei. Es enthielt keinen Hinweis auf weitere Testamentsvollstrecker.
Auf Antrag des sich für die Beteiligten zu 3 bis 5 als „Miterben und Mittestamentsvollstrecker” bestellenden Verfahrensbevollmächtigten vom 17.2.1999 ordnete das Nachlaßgericht mit Beschluß vom 5.3.1999 die Einziehung des Testamentsvollstreckerzeugnisses vom 28.7.1997 an und kündigte – nach Eingang der angeforderten Erklärungen der Beteiligten, ob sie das Amt des Mittestamentsvollstreckers annähmen – die Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses „gemäß Ziffer IV des Erbvertrages vom 19.2.1988” an. Der Beteiligte zu 1 reichte mit Schreiben vom 10.3.1999 das ihm erteilte Testamentsvollstreckerzeugnis vom 28.7.1997 zurück mit dem Bemerken, daß er es „in dieser Form nie angefordert” habe und „hiermit letztmalig als Testamentsvollstrecker für alle tätig” gewesen sei. Der Beteiligte zu 2 erklärte mit Schreiben vom 15.3.1999, die Beteiligten zu 3 bis 5 erklärten mit Schreiben vom 22.3.1999 („vorsorglich erneut”) die Annahme des Amts eines Mittestamentsvollstreckers. Der Beteiligte zu 1 beantragte auf nochmal...