Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache
Leitsatz (amtlich)
Zum Entlassungsgrund der groben Pflichtverletzung im Sinne des § 2227 BGB, wenn der Testamentsvollstrecker den Erben kein Verzeichnis nach § 2215 Abs. 1 BGB mitgeteilt, aber ein alle wesentlichen Nachlaßwerte umfassendes Nachlaßverzeichnis beim Nachlaßgericht eingereicht hat.
Normenkette
BGB §§ 2215, 2227
Verfahrensgang
AG Starnberg (Aktenzeichen VI 772/95) |
LG München II (Aktenzeichen 6 T 4051/99) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 8. Januar 2001 in Ziff. I und II aufgehoben. Die Beschwerde des Beteiligten zu 2 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Starnberg vom 18. Juni 1999 wird zurückgewiesen.
II. Der Beteiligte zu 2 hat die der Beteiligten zu 5 im zweiten Rechtszug entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der sofortigen weiteren Beschwerde wird auf 120.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Beteiligte zu 1 ist die Witwe und vierte Ehefrau des 1995 im Alter von 76 Jahren verstorbenen Erblassers. Die Beteiligten zu 2 bis 4 sind seine Kinder aus erster und dritter Ehe. Die Beteiligte zu 5 ist die vom Erblasser bestimmte Testamentsvollstreckerin, die dieses Amt angenommen und der das Nachlaßgericht am 21.2.1996 ein Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt hat.
Wesentliche Vermögenswerte des Nachlasses sind ein Grundstück mit Wohnhaus, eine Eigentumswohnung sowie ein Hälfteanteil an einem Depot- und Kontokorrentguthaben bei einer Bank in der Schweiz. Mit letztwilligen Verfügungen vom 7.3.1995 und 18.5.1995 setzte der Erblasser die Beteiligten zu 1 bis 4 als Erben zu je 1/4 ein. Das Hausgrundstück vermachte der Erblasser seinen Kindern, den Beteiligten zu 2 bis 4. An diesem Hausgrundstück hatte der Erblasser zu Lebzeiten ein Nießbrauchsrecht zugunsten der Beteiligten zu 1 bestellt, das im Grundbuch eingetragen ist. Letztwillig verfügte der Erblasser, daß das Hausgrundstück ohne Zustimmung der Beteiligten zu 1 nicht verkauft werden dürfe und daß auf Antrag der Beteiligten zu 1 ein Veräußerungsverbot im Grundbuch eingetragen werden könne. Das gesamte Haus- und Wohnungsinventar vermachte der Erblasser der Beteiligten zu 1, soweit er nicht bezüglich einzeln bezeichneter Gegenstände Vermächtnisse zugunsten anderer Personen anordnete. Den Hälfteanteil am Schweizer Konto vermachte der Erblasser zu unterschiedlichen Quoten den Beteiligten zu 2 bis 4.
Der Beteiligte zu 2 beanstandet die Ausübung des Testamentsvollstreckeramtes durch die Beteiligte zu 5. Er beantragte, die Testamentsvollstreckung für beendet zu erklären oder die Testamentsvollstreckerin abzusetzen. Das Amtsgericht wies beide Anträge zurück. Auf die Beschwerde des Beteiligten zu 2 hob das Landgericht den amtsgerichtlichen Beschluß, soweit durch ihn der Entlassungsantrag zurückgewiesen worden war, auf (Nr. I) und ordnete die Entlassung der Beteiligten zu 5 aus ihrem Amt als Testamentsvollstreckerin an (Nr. II). Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5.
II.
Die sofortige weitere Beschwerde ist statthaft (§ 81 Abs. 2, § 29 Abs. 2 FGG) und zulässig. Soweit die Rechtsbeschwerdeführerin innerhalb der zweiwöchigen Beschwerdefrist kein formgerechtes Rechtsmittel eingelegt hat, wurde ihr mit Senatsbeschluß vom 9.4.2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand erteilt. Als Testamentsvollstreckerin, die sich gegen ihre vom Landgericht angeordnete Entlassung wehrt, ist die Beteiligte zu 5 beschwerdeberechtigt.
Das zulässige Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg.
1. Das Landgericht hat die Entlassung der Testamentsvollstreckerin darauf gestützt, daß diese den Erben kein Nachlaßverzeichnis nach § 2215 BGB mitgeteilt hat. Das dem Nachlaßgericht gegenüber erstellte Nachlaßverzeichnis genüge den Anforderungen des § 2215 BGB nicht. Die Erben hätten keinen Überblick über die Vermögenssituation des Nachlasses. Auf ihre Verpflichtung aus § 2215 BGB sei die Beteiligte zu 5 durch die Kammer bei ihrer Anhörung hingewiesen worden; sie habe die Chance zur Nachbesserung ihrer Amtsführung nicht genutzt. Ihr Angebot an den Antragsteller, bei ihr die umfangreichen Unterlagen einzusehen, entspreche nicht dem, was das Gesetz von einem Testamentsvollstrecker verlange. Ferner zieht das Landgericht den Umstand heran, daß die Beteiligten zu 2 und 3 ihr Einverständnis zur notariellen Urkunde vom 19.5.1999, durch die das Hausgrundstück den Beteiligten zu 2 bis 4 als Vermächtnisnehmern übertragen werden sollte, verweigert hätten und die Beteiligte zu 4 ihr bereits erteiltes Einverständnis wieder zurückgezogen habe. Ob in diesem Zusammenhang eine Pflichtwidrigkeit der Testamentsvollstreckerin vorliege, könne nicht abschließend festgestellt werden. Es sei aber eine so verfahrene Situation entstanden, daß die Kammer sich keinen sachgerechten Abschluß in absehbarer Zeit mehr erwarte. Die Entlassung der Testamentsvollstreckerin erscheine der Kammer die sachgerechte Lösung, zumal der Erblasser noch eine ganze Rei...