Leitsatz (amtlich)
Bei der Auslegung des Umfangs eines Sondernutzungsrechts ist auf den Wortlaut und den Sinn der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt, abzustellen. Dabei ist auch der übrige Inhalt der in Bezug genommenen Teilungserklärung oder Gemeinschaftsordnung zu berücksichtigen. Umstände außerhalb der Grundbucheintragung sind zur Ermittlung von Inhalt und Umfang eines Sondernutzungsrechtes insoweit heranzuziehen, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind.
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 17.05.2004; Aktenzeichen 7 T 5053/03) |
AG Augsburg (Beschluss vom 24.10.2003; Aktenzeichen 3 UR II 210/02) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des LG Augsburg vom 17.5.2004 mit Ausnahme der Geschäftswertfestsetzung aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zu 1) bis 3 gegen den Beschluss des AG Augsburg vom 24.10.2003 wird zurückgewiesen.
III. Die Antragsgegner zu 1) bis 3) haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus einem sog. Vorderhaus und einem Hinterhaus besteht. Der Antragstellerin gehört das Hinterhaus (Wohnung Nr. 18).
Zwischen der im Westen gelegenen Rückfront des Vorderhauses und der ggü. liegenden Ostfront des Hinterhauses befindet sich eine Hoffläche. Eine weitere Fläche liegt im Westen des Hinterhauses. Im Süden der beiden Häuser befindet sich ein schmaler Grundstücksstreifen, der sich über die gesamte Grundstückslänge erstreckt. Die Westfront des Vorderhauses verläuft nicht wie die Ostfront des Hinterhauses in gerader Linie, sondern ist im Nordwesten auf eine Breite von rund 2m rund 7m zurückversetzt.
In der Gemeinschaftsordnung vom 20.5.1983 i.V.m. dem zweiten Nachtrag dazu vom 31.7.1984 heißt es:
Dem jeweiligen Eigentümer der Wohnung Nr. 18 wird eingeräumt das unentgeltliche Sondernutzungsrecht an der gesamten zwischen Vorder- und Hinterhaus gelegenen Hoffläche abzgl. eines 5 m breiten Grundstücksstreifens entlang der gesamten Rückfront des Vorderhauses.
Eine zeichnerische Darstellung des Sondernutzungsrechtes ist der Gemeinschaftsordnung als Anlage nicht beigefügt.
Die Antragsgegner sind der Auffassung, dass das Sondernutzungsrecht nur die zwischen Vorder- und Hinterhaus gelegene Fläche abzgl. eines 5m breiten Grundstücksstreifens entlang der gesamten Rückfront des Vorderhauses umfasse.
Die Antragstellerin hat die Feststellung beantragt, dass die Sondernutzungsfläche die Fläche des Gemeinschaftseigentums umfasst, welche 5m hinter der westlichen Rückfront des Vorderhauses beginnt und an der westlichen Grundstücksgrenze hinter dem Hinterhaus endet, wobei jeweils die gesamte Grundstücksbreite umfasst wird. Das AG hat mit Beschluss vom 24.10.2003 dem Antrag stattgegeben. Das LG hat am 17.5.2004 auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegner zu 1) bis 3) den Beschluss des AG aufgehoben und den Feststellungsantrag abgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragstellerin.
II. Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Aufgrund der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur Auslegung von Grundbucherklärungen müsse davon ausgegangen werden, dass die Auffassung der Antragstellerin nach dem Wortlaut der Gemeinschaftsordnung nicht "für jedermann erkennbar" sei. Der Wortlaut der Gemeinschaftsordnung spreche eindeutig für die Auslegung der Antragsgegner.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Die Vereinbarung eines Sondernutzungsrechts kann nach § 5 Abs. 4, § 10 Abs. 2, § 15 Abs. 1 WEG durch Eintragung in das Grundbuch zum Inhalt des Sondereigentums gemacht werden. Zur näheren Bezeichnung des Gegenstands und des Inhalts des Sondereigentums kann nach § 7 Abs. 3 WEG auf die Eintragungsbewilligung Bezug genommen werden. Das gilt mithin auch für Umfang und Inhalt eines Sondernutzungsrechts, das durch Eintragung zum Inhalt des Sondereigentums werden soll. Der das Grundbuchrecht beherrschende Bestimmtheitsgrundsatz verlangt, dass die Eintragungsbewilligung die Fläche, an der ein Sondernutzungsrecht bestehen soll, klar und bestimmt bezeichnet. An diese Bezeichnung sind die gleichen Anforderungen zu stellen wie bei sonstigen einen Grundstücksteil betreffenden Eintragungen. Demnach gilt für die Einräumung von Sondernutzungsrechten nichts anderes als für den Gegenstand von Sondereigentum. Abzustellen ist auf den Wortlaut und den Sinn der in Bezug genommenen Eintragungsbewilligung, wie er sich für einen unbefangenen Betrachter als nächstliegende Bedeutung ergibt. Umstände außerhalb der Grundbucheintragung dürfen zur Ermittlung von Inhalt und Umfang eines Sond...