Entscheidungsstichwort (Thema)
Feststellung des Umfangs eines Sondernutzungsrechts
Verfahrensgang
AG Regensburg (Aktenzeichen 13 UR II 15/95) |
LG Regensburg (Aktenzeichen 7 T 475/95) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners werden die Beschlüsse des Landgerichts Regensburg vom 7. Dezember 1995 und des Amtsgerichts Regensburg vom 14. September 1995 aufgehoben.
II. Der Antrag wird abgewiesen.
III. Die Antragstellerin hat die Gerichtskosten des gesamten Verfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind in keinem Rechtszug zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und der Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei aneinander gebauten Häusern, eines östlich davon gelegenen freistehenden Garagenbaus und einer die Wohnhäuser umgrenzenden Gartenfläche bestehenden Wohnanlage.
Der Antragstellerin gehört das zunächst errichtete und von den Beteiligten als Altbau bezeichnete Haus, dem Antragsgegner der an dessen Südseite errichtete Anbau. Zwischen der östlichen Außenwand des Anbaus und der westlichen Garagenwand befindet sich ein Grundstücksstreifen. Zwischen den Beteiligten besteht Streit, wem die Sondernutzung an diesem Streifen zusteht.
Nach der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (Abschnitt V 1) vom 17.2.1961, auf die in den notariellen Übergabeverträgen vom 20.12.1972 und 18.4.1977 Bezug genommen ist, ist der Antragsgegner „zur ausschließlichen Benutzung des an den Anbau grenzenden hinteren Gartens” und die Antragstellerin „zur ausschließlichen Benutzung des vorderen Gartenteils” berechtigt. Nach Abschnitt V 2 der Gemeinschaftsordnung steht jedem Wohnungseigentümer eine Einfahrt zu ihrem jeweiligen Gelände zu.
Mit Beschluß vom 14.9.1995 hat das Amtsgericht antragsgemäß festgestellt, daß sich das Sondernutzungsrecht des Antragsgegners nicht auf den Grundstücksstreifen zwischen der westlichen Wand der Garage und der östlichen Außenwand des Anbaus erstreckt. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 7.12.1995 die sofortige Beschwerde des Antragsgegners zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners.
II.
Das Rechtsmittel ist begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Bereits aus dem Wortlaut der Gemeinschaftsordnung vom 17.2.1961 ergebe sich, daß das Sondernutzungsrecht an der streitigen Teilfläche nicht dem Antragsgegner zustehe. Es hätte nämlich nicht „an den Anbau grenzend” heißen dürfen, wenn eine Grundstücksteilung von West nach Ost gewollt gewesen wäre. Dieses Ergebnis werde bestätigt durch die Aussage des Zeugen P., der bei der Beurkundung des notariellen Vertrages vom 17.2.1961 dabei gewesen sei und erklärt habe, seine Eltern hätten auf einem Grenzverlauf in Verlängerung der östlichen Grenzmauer des Hauses von Norden nach Süden bestanden und eine Grenzziehung in Höhe der Kommunmauer der beiden Häuser von Westen nach Osten abgelehnt. Hinzu komme, daß im südöstlichen Bereich des Grundstücks ein Schuppen vorhanden gewesen sei, den die Eltern des Zeugen hätten weiterhin benutzen wollen. Weitere Beweismittel zur Auslegung der Gemeinschaftsordnung hätten nicht herangezogen werden können; insbesondere habe nicht auf den Aufteilungsplan vom 30.1.1961 zurückgegriffen werden können, weil dieser verlorengegangen sei.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Maßgebend für den Umfang des Sondernutzungsrechts ist die hierzu getroffene Vereinbarung der Wohnungseigentümer im Sinn des § 10 Abs. 1 Satz 2, § 13 Abs. 2, § 15 Abs. 1 WEG, die in der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung enthalten ist.
Der Inhalt der Gemeinschaftsordnung ist vom Rechtsbeschwerdegericht selbständig auszulegen. Dabei ist wie bei allen Grundbucheintragungen auf den Wortlaut und Sinn abzustellen, wie sich dieser für einen unbefangenen Leser als nächstliegende Bedeutung des Eingetragenen ergibt. Die Auslegung muß also nach objektiven Kriterien vorgenommen werden; ohne ausschlaggebende Bedeutung ist, was der oder die Erklärenden gewollt haben. Ebensowenig ist es für die Auslegung der Gemeinschaftsordnung maßgebend, wie deren Bestimmmungen von den Wohnungseigentümern bisher gehandhabt worden sind. Bei der Auslegung einer Grundbucheintragung dürfen Umstände, die außerhalb des Eintragungsvermerks und der dort zulässigerweise in Bezug genommenen Urkunden (§ 874 BGB, § 7 Abs. 3 WEG) liegen, nur insoweit herangezogen werden, als sie nach den besonderen Verhältnissen des Einzelfalls für jedermann ohne weiteres erkennbar sind (BGH WuM 1995, 614 f., BayObLG WE 1991, 291). Die vom Landgericht unter Bezugnahme auf die Entscheidung BGHZ 86, 41/46 herangezogenen Grundsätze der Testamentsauslegung sind nicht einschlägig.
b) Die vom Senat vorgenommene Auslegung der Gemeinschaftsordnung führt zur Abweisung des Antrags; die Ausführungen des Landgerichts sind nicht frei von Rechtsfehlern.
In der ...