Leitsatz (amtlich)
1. Die Einräumung eines schuldrechtlichen Nutzungsrechts zugunsten eines Wohnungseigentümers bedarf grundsätzlich keiner Form. Für deren Nachweis ist insbesondere nicht die Aufnahme in einer Niederschrift über die Wohnungseigentümerversammlung erforderlich.
Bleibt zunächst offen, in welcher Größe dem Wohnungseigentümer ein schuldrechtliches Sondernutzungsrecht an einer Gemeinschaftsfläche eingeräumt werden soll, sind sich die Wohnungseigentümer aber über eine Mindestfläche einig, so kann jedenfalls über diese eine wirksame Vereinbarung zustande kommen.
2. Eine in Beschlussform gekleidete Regelung kann, wenn ihr Gegenstand mangels Beschlusskompetenz einer Mehrheitsentscheidung nicht zugänglich ist, bei Allstimmigkeit der Wohnungseigentümer als schuldrechtliche Vereinbarung ausgelegt werden.
3. Für die Feststellung, dass die Niederschrift einer Eigentümerversammlung keine rechtlichen Wirkungen entfaltet, fehlt jedenfalls dann ein Feststellungsinteresse, wenn die Echtheit der Urkunde unstrittig ist.
Normenkette
BGB § 154; WEG § 10 Abs. 1, § 21 Abs. 1, 3, § 23 Abs. 1, 4, § 24 Abs. 6; ZPO §§ 256, 416
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 14 T 7254/00) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 044/00 WEG) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 19.11.2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller haben samtverbindlich die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert wird
– für das Verfahren vor dem AG auf 33.686,20 Euro,
– für das Verfahren vor dem LG auf 32.500 Euro
– und für das Rechtsbeschwerdeverfahren auf 30.000 Euro festgesetzt.
Die Geschäftswertfestsetzungen der Vorinstanzen werden entspr. abgeändert.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus zwei älteren Gebäuden besteht. Diese sind an einer Front versetzt aneinandergebaut. Dem jeweiligen 1/2-Miteigentumsanteil zugeordnet ist das ausschließliche Nutzungsrecht an unbebauten Grundstücksflächen, welche in einem Lageplan als Bestandteil der notariellen Teilungserklärung vom 13.6.1996 durch unterschiedliche farbliche Markierungen ausgewiesen sind. Den Antragstellern gehört das nordöstlich gelegene Gebäude, verbunden mit einem Sondernutzungsrecht an einem länglichen, teils versetzten Grundstücksstreifen im nördlichen Bereich; dem Antragsgegner zugewiesen ist, in etwa spiegelbildlich versetzt, der südliche Grundstücksteil mit dem dortigen Gebäude. In der Gemeinschaftsordnung ist festgehalten, dass jedes der Anwesen eine eigene Heizungs- und Warmwasseraufbereitungsanlage besitzt und für jedes Anwesen eine separate Wasseruhr eingebaut wird.
Am 8.11.1998 fand in Gegenwart sämtlicher Beteiligter eine Eigentümerversammlung statt. Zu den Beratungsgegenständen fertigten sowohl die Antragsteller als auch der Antragsgegner Niederschriften, die sich inhaltlich nicht völlig entsprechen. Teils sind die Schriftstücke nur von den Antragstellern, teils nur vom Antragsgegner, teils gar nicht unterzeichnet. Ein weiteres Exemplar trägt die Unterschrift aller Beteiligter, enthält jedoch keine Datumsangabe und soll vom Antragsgegner erst nach Einleitung des gerichtlichen Verfahrens unterschrieben worden sein. Zu Tagesordnungspunkt (TOP) 8 berieten die Wohnungseigentümer über die räumliche Trennung von Wasser- und Stromanschluss. Die Niederschriften weisen, soweit hier erheblich, übereinstimmend aus, dass eine räumliche Trennung auf Wunsch der Antragsteller bei alleiniger Kostenübernahme durch diese vorgenommen werden könne. Zu TOP 10 berieten die Beteiligten über die Neueingrenzung ihrer Sondernutzungsbereiche. Hier sollte dem Antragsgegner zum Ausgleich für andere Zugeständnisse vor allem im nordwestlichen Grundstücksbereich ein Streifen zur Lagerung von Holz und Kompostierung zugeteilt werden.
Die Beteiligten setzten anschließend auch die Neueinteilung ihres Grundstücks um, etwa durch das Setzen von Zäunen und die Benutzung der Freiflächen. Weil es aber in der Folgezeit zu Streitigkeiten über den Kostenausgleich für Umbauten kam, verlangten die Antragsteller vom Antragsgegner, die überlassenen Flächen wieder zu räumen und an sie herauszugeben, ferner eine in ihrem Anwesen installierte Wasseruhr für die Verbrauchserfassung des Antragsgegners sowie den Stromhauptverteiler zu entfernen und eine an der südöstlichen Grenze der Sondernutzungsflächen angebrachte Sichtbarriere zu beseitigen. Schließlich begehrten sie festzustellen, dass gültige Beschlüsse in der Eigentümerversammlung vom 8.11.1998 nicht zustande gekommen sind und das vom Antragsgegner gegengezeichnete Protokoll keinerlei materielle und formelle Wirkungen entfaltet.
Das AG hat mit Beschluss vom 28.7.2000 unter Abweisung i.Ü. dem Antrag auf Räumung und Herausgabe von Sondernutzungsflächen entsprochen. Auf die sofortige Beschwerde des Antragsgegners hat das LG mit Beschluss vom 19.11.2001 den Räumungs- und Herausgabeantrag abgewies...