Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinschaftliches Testament
Leitsatz (redaktionell)
Allein die Verwendung der Begriffe „Vorerbe” und „Nacherbe” durch die Testierenden macht eine Auslegung nicht entbehrlich, da diese mit einem anderen als dem rechtstechnischen Sinn verbunden sein können.
Normenkette
BGB §§ 2265, 2267 S. 1
Verfahrensgang
LG Würzburg (Beschluss vom 08.04.1991; Aktenzeichen 3 T 2973/90) |
AG Kitzingen (Aktenzeichen VI 458/70) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5 gegen den Beschluß des Landgerichts Würzburg vom 8. April 1991 wird mit den Maßgabe zurückgewiesen, daß dessen Nr. II wie folgt gefaßt wird:
Die Beteiligte zu 5 hat die den Beteiligten zu 1, 2 und 6 im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
II. Die Beteiligte zu 5 hat die den Beteiligten zu 3 und 6 im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens und des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf jeweils 6.000 DM festgesetzt; insoweit wird die Nr. III des Beschlusses vom 8. April 1991 abgeändert.
Tatbestand
I.
Der am 27.12.1970 im Alter von 60 Jahren verstorbene Erblasser hatte am 21.10.1964 zusammen mit seiner zweiten Ehefrau ein Testament errichtet, das von ihm eigenhändig geschrieben und von beiden Ehegatten unterschrieben wurde. Es lautet wie folgt:
Wir, die Eheleute … und … setzen uns gegenseitig als Vorerben ein. Nacherben sollen unsere Kinder sein.
Die Ehegatten hatten damals insgesamt sechs Kinder, nämlich die Beteiligten zu 1 und 2 aus der ersten Ehe des Erblassers, die Beteiligten zu 3 und 4 aus der ersten Ehe der Ehefrau und die Beteiligte zu 5 sowie eine am 20.9.1973 verstorbene weitere Tochter aus ihrer zweiten Ehe. Gemeinsame Kinder hatten die Ehegatten nicht. Auch aus der am 6.8.1971 geschlossenen vierten Ehe der Ehefrau mit dem Beteiligten zu 6 sind keine Kinder hervorgegangen.
Das Nachlaßgericht bewilligte am 21.4.1971 einen Erbschein, demzufolge der Erblasser von der Ehefrau allein beerbt worden sei. Außerdem war im Erbschein vermerkt, daß Nacherbfolge angeordnet sei, die mit dem Tod der Vorerbin eintrete. Als Nacherben wurden die Beteiligten zu 1 bis 5 sowie die inzwischen verstorbene Tochter der Ehefrau bezeichnet. Nach dem Tod der Tochter zog das Nachlaßgericht den Erbschein ein und bewilligte am 21.3.1974 einen neuen, der den Beteiligten zu 6 als Alleinerben seiner Stieftochter als weiteren Nacherben auswies. Im Jahr 1974 veräußerten die Beteiligten zu 1, 2, 4 und 5 ihr Nacherbenanwartschaftsrecht an den Beteiligten zu 6. Die Beteiligte zu 3 übertrug ihr Anwartschaftsrecht im Jahr 1976 auf ihre Mutter und verzichtete in derselben notariellen Urkunde auf ihr gesetzliches Erb- und Pflichtteilsrecht nach ihrer Mutter.
Nachdem die Ehefrau des Erblassers am 13.6.1989 verstorben war, beantragten die Beteiligten zu 5 und 6 am 14.9.1989 die Erteilung eines gemeinschaftlichen Erbscheins, der sie sowie die Beteiligten zu 1 bis 4 als Erben zu je 1/6 ausweisen sollte. Mit Beschluß vom 26.4.1990 zog das Nachlaßgericht den Erbschein vom 21.3.1974 ein und bewilligte am 13.6.1990 einen Erbschein, demzufolge „nach Eintritt der Nacherbfolge” der Erblasser von den Beteiligten zu 1 bis 6 zu je 1/6 beerbt worden sei. Dieser Erbschein wurde aber nicht hinausgegeben. Gegen diesen Beschluß wandte sich die Beteiligte zu 5 und vertrat die Auffassung, daß die letztwillige Verfügung vom 21.10.1964 als Berliner Testament auszulegen sei. Ihre Mutter sei daher Alleinerbin geworden. Sie beantragte deshalb einen Erbschein, demzufolge der Erblasser von seiner Ehefrau beerbt worden sei. Mit Beschluß vom 18.10.1990 kündigte das Nachlaßgericht vorbehaltlich einer Beschwerde die Erteilung eines Erbscheins an, der inhaltlich dem mit Beschluß vom 13.6.1990 angekündigten Erbschein entspricht. Es vertrat die Auffassung, daß im Testament vom 21.10.1964 Vor- und Nacherbfolge angeordnet worden sei.
Gegen diesen Beschluß legte die Beteiligte zu 5 Beschwerde ein, der die Beteiligten zu 1, 2 und 6 entgegentraten. Mit Beschluß vom 8.4.1991 wies das Landgericht das Rechtsmittel zurück, ordnete an, daß die Beteiligte zu 5 die den „übrigen Beteiligten” in Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten habe und setzte den Geschäftswert auf 20.000 DM fest.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 5. Sie beantragt, den Beschluß des Landgerichts aufzuheben und das Nachlaßgericht anzuweisen, einen Erbschein zu erteilen, demzufolge der Erblasser von seiner Ehefrau allein beerbt worden sei. Die Beteiligten zu 3 und 6 beantragen, das Rechtsmittel zurückzuweisen. Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
II.
Die zulässige weitere Beschwerde ist nicht begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Vorbescheid des Nachlaßgerichts vom 18.10.1990 sei nicht zu beanstanden. Die Beteiligten seien nämlich zu Recht als Erben zu je 1/6 ausgewiesen. Beim Tod der Ehefrau des Erblassers seien die im Testament als Nacherben bezeich...