Leitsatz (amtlich)
1. § 25 Abs. 3 WEG kann wirksam dahingehend abbedungen werden, dass Beschlussfähigkeit vorliegt, wenn mehr als die Hälfte der Eigentumsanteile vertreten ist.
2. Ein Beschluss, durch den der Verwalter unter Befreiung von § 181 BGB ermächtigt wird, die Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten sowie einen Rechtsanwalt mit der Interessenwahrnehmung der Wohnungseigentümer zu beauftragen, entspricht grundsätzlich auch dann ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn die Möglichkeit besteht, dass der Verwalter das Mandat sich selbst in seiner Funktion als Rechtsanwalt erteilt.
Verfahrensgang
LG Kempten (Beschluss vom 08.03.2004; Aktenzeichen 42 T 995/03) |
AG Kempten (Aktenzeichen 5 UR II 24/02) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG Kempten vom 8.3.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 40.000 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und die Antragsgegner sind die Teileigentümer einer Hotelanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. In der außerordentlichen Wohnungseigentümerversammlung v. 18.5.2002 fassten die Teileigentümer unter Nummer II folgenden Beschluss:
Der Verwalter wird beauftragt und ermächtigt, unter Befreiung von § 181 BGB, in Beschlussanfechtungsverfahren die Interessen aller Teileigentümer wahrzunehmen bzw. diese durch einen zu beauftragenden Rechtsanwalt wahrnehmen zu lassen, insb. in nachfolgenden Verfahren des Teileigentümers (Antragsteller) gegen die Teileigentümer:
- Verfahren LG - sowie für das Verfahren einer etwaigen sofortigen weiteren Beschwerde
- Verfahren LG - sowie für das Verfahren einer etwaigen sofortigen weiteren Beschwerde
- Verfahren AG - sowie für ein etwaiges Verfahren einer sofortigen Beschwerde und das Verfahren einer etwaigen weiteren Beschwerde.
Diese Ermächtigung und Beauftragung erfolgt unabhängig davon, ob in den einzelnen Verfahren der Verwalter auch selbst Antragsgegner oder Verfahrensbeteiligter ist.
Als Beschlussergebnis ist vermerkt: Der Antrag wird bei 2.925/100.000stel Gegenstimmen und bei Stimmenthaltung des Verwalters und von R. mit Mehrheit angenommen.
Der Antragsteller hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Bedeutung ist, beantragt, den Eigentümerbeschluss v. 18.5.2002 zu Nr. II für ungültig zu erklären. Das AG hat mit Beschluss v. 8.4.2003 den Antrag als unbegründet abgewiesen. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das LG mit Beschluss v. 8.3.2004 als unbegründet zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers.
II. Das zulässige Rechtsmittel ist nicht begründet.
1. Das LG hat ausgeführt:
Der Mehrheitsbeschluss v. 18.5.2002 sei formell ordnungsgemäß zustande gekommen, da die Eigentümerversammlung beschlussfähig gewesen sei. Durch Nr. 13 Abs. 6 der Teilungserklärung sei § 25 Abs. 3 WEG wirksam dahingehend abbedungen worden, dass Beschlussfähigkeit vorliege, wenn mehr als die Hälfte der Eigentumsanteile vertreten sei. Ferner entspreche der Beschluss auch einer ordnungsmäßigen Verwaltung, da mögliche Interessenkollisionen durch die Personenidentität von Verwalter und beauftragtem Rechtsanwalt von Letzterem gem. § 43a Abs. 4 BRAO zu prüfen seien. Zudem ergebe sich bereits aus der Teilungserklärung, dass eine besonders starke Stellung des Verwalters gewollt sei. Er sei bereits dort von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit und dazu ermächtigt worden, die Eigentümer gerichtlich und außergerichtlich in Angelegenheiten der laufenden Verwaltung zu vertreten. Im Hinblick darauf sei davon auszugehen, dass der Eigentümerbeschluss v. 18.5.2002 einer ordnungsmäßigen Verwaltung entspreche.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Die Eigentümerversammlung v. 18.5.2002 war beschlussfähig, da auf ihr unstreitig 80.991/100.000stel Miteigentumsanteile vertreten waren. Die Regelung zur Beschlussfähigkeit in § 25 Abs. 3 WEG kann durch eine Bestimmung in der Gemeinschaftsordnung dahingehend abbedungen werden, dass eine Eigentümerversammlung beschlussfähig ist, wenn mehr als die Hälfte der Miteigentumsanteile vertreten ist, ohne dass darauf abgestellt wird, ob die erschienenen Wohnungseigentümer im Einzelnen auch stimmberechtigt sind (BayObLG WE 1989, 64 [65]). Eine derartige Bestimmung ist in Teil C der Teilungserklärung unter Nr. 13 Abs. 6 getroffen worden.
b) Der Eigentümerbeschluss v. 18.5.2002 entspricht auch ordnungsmäßiger Verwaltung i.S.v. § 21 Abs. 3 WEG, da er dazu dient, die Interessen der Wohnungseigentümer wahrzunehmen, die sich nicht aktiv an rechtlichen Auseinandersetzungen mit Miteigentümern oder Dritten beteiligen wollen (BayObLG v. 10.8.2001 - 2Z BR 21/01, BayObLGReport 2001, 65 = NJW-RR 2002, 158 [159]).
Eigentümerbeschlüsse sind aus sich heraus objektiv und normativ auszulegen. Umstände außerhalb des protokollierte...