Leitsatz (amtlich)
Wohngeldrückstände aus Vorjahren, die nur zu Informationszwecken in die Jahreseinzelabrechnung aufgenommen und nicht Gegenstand der Beschlussfassung der Eigentümerversammlung sind, werden bei gerichtlicher Geltendmachung Verfahrensgegenstand, auch wenn der Anspruch zunächst nur auf die einzelne Jahresabrechnung gestützt wird.
Normenkette
WEG § 28 Abs. 1-3, 5
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 13.09.2004; Aktenzeichen 14 T 6632/04) |
AG Nürnberg (Beschluss vom 11.06.2004; Aktenzeichen 1 UR II 422/03) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth v. 13.9.2004 und der Beschluss des AG Nürnberg v. 11.6.2004 dahingehend abgeändert werden, dass die Antragsgegner als Gesamtschuldner an die Antragsteller 856,63 Euro nebst Zinsen i.H.v. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 725,83 Euro seit dem 6.9.2003 und aus 130,80 Euro seit dem 5.11.2003 sowie 17,80 Euro vorgerichtliche Mahnauslagen zu zahlen haben.
II. Im Hinblick auf den restlichen Betrag von 723,66 Euro nebst Zinsen wird der Beschluss des LG Nürnberg-Fürth v. 13.9.2004 aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Verfahrens, einschließlich des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das LG Nürnberg-Fürth zurückverwiesen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 1.580 Euro festgesetzt.
Gründe
I. Die Beteiligten sind die Eigentümer einer Wohnanlage. Eine der Wohnungen in der Anlage gehört den Antragsgegnern.
Die Antragsteller verlangen von den Antragsgegnern die Zahlung rückständigen Wohngelds aus der Jahresabrechnung 2002 sowie Vorschusszahlungen aus dem Wirtschaftsplan 2003. Der geforderte Gesamtbetrag von 1.580,29 Euro setzt sich in der Hauptsache wie folgt zusammen:
aus der Jahresabrechnung für das Jahr 2002: 1.449,49 Euro
aus dem Wirtschaftsplan für das Jahr 2003 (unter Berücksichtigung geleisteter Zahlungen): 130,80 Euro
1.580,29 Euro
In der Eigentümerversammlung v. 21.7.2003 war sowohl über die Jahresgesamt - wie auch über die Einzelabrechnungen für das Jahr 2002 - Beschluss gefasst worden. Ebenso war der Wirtschaftsplan für 2003 (nebst Einzelwirtschaftsplänen) beschlossen worden. Die Beschlüsse wurden nicht angefochten.
Die Jahreseinzelabrechnung 2002 für die Antragsgegner weist bei anteiligen Gesamtkosten von 1.146,70 Euro und geleisteten Vorauszahlungen von 693,88 Euro eine Forderung von 452,82 Euro aus. Unter der Rubrik "Kontostand" ist ein Minusbetrag von 996,67 Euro aufgeführt, der aus den Abrechnungsjahren 2000 und 2001 resultiert.
Der Einzelwirtschaftsplan 2003 enthält für die Antragsgegner monatliche Vorauszahlungen i.H.v. 109 Euro.
Das AG hat dem Antrag mit Beschluss v. 11.6.2004 stattgegeben. Das LG hat die hiergegen gerichtete sofortige Beschwerde der Antragsgegner durch Beschluss v. 13.9.2004 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II. Das zulässige Rechtsmittel führt der Sache nach teilweise zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung.
1. Das LG hat ausgeführt:
Die Jahreseinzelabrechnung 2002 sei zwar insofern fehlerhaft, als zu der Nachforderung für das Jahr 2002 selbst zusätzliche Nachforderungen für 2000 und 2001 aufgenommen wurden. Diese seien nach Vorlage der Jahresabrechnungen 2000 und 2001 aber nachvollziehbar. Da der Beschluss über die Jahresabrechnung 2002 nicht angefochten worden sei, sei dieser bestandskräftig geworden. Folglich könnten die Antragsgegner nicht mehr damit gehört werden, sie hätten tatsächlich höhere Vorauszahlungen geleistet als in der Jahresabrechnung festgehalten. Dasselbe gelte hinsichtlich des Beschlusses über den Wirtschaftsplan, der ebenfalls nicht angefochten worden sei.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung nicht in vollem Umfang stand.
a) Zutreffend weist das LG darauf hin, dass Abrechnungsergebnisse von Vorjahren nicht Gegenstand der Jahresabrechnung des nachfolgenden Jahres sein können. Denn dabei handelt es sich weder um Einnahmen noch um Ausgaben in diesem Wirtschaftsjahr, die allein in die Jahresabrechnung einzustellen sind (BayObLG WE 1992, 175; Merle in Bärmann/Pick/Merle, WEG, 9. Aufl., § 28 Rz. 85). Soweit die Jahresabrechnung 2002 über den auf dieses Jahr entfallenden Nachzahlungsbetrag von 452,82 Euro hinaus noch einen aus den Vorjahren herrührenden Negativsaldo von 996,67 Euro enthält, stellt sich die Frage, ob dieser Angabe nur nachrichtliche Bedeutung im Sinne eine Kontostandsmitteilung zukommt (BayObLG WE 1992, 175; KG WE 1993, 194) oder ob der Saldo mit schuldbegründender oder -bestätigender Wirkung in die Beschlussfassung einbezogen wurde und somit nach Bestandskraft des Beschlusses Grundlage für einen Zahlungsanspruch sein kann. Diese Frage ist durch Auslegung zu klären (BayObLG NZM 2000, 52).
Das LG hat sich mit dieser Problematik nicht eigens befasst, geht aber offensichtlich davon aus, dass die Vorjahressalden nicht...