Leitsatz (amtlich)
Der Betrieb einer Spielothek, die täglich von 8.30 Uhr bis 1.00 Uhr geöffnet ist, stört bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise mehr als ein Ladengeschäft.
Normenkette
BGB § 1004; WEG §§ 10, 15
Verfahrensgang
LG Nürnberg-Fürth (Beschluss vom 05.08.2004; Aktenzeichen 14 T 2425/04) |
AG Nürnberg (Aktenzeichen 1 UR II 200/03) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners und seines Streithelfers gegen den Beschluss des LG Nürnberg-Fürth vom 5.8.2004 wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsgegner und sein Streithelfer haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 EUR festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragsteller und der Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Der Antragsgegner ist Eigentümer der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Ladeneinheit im Erdgeschoss; er hat einen Teil des Ladens an den Streithelfer vermietet, der seit Juni 2003 dort eine Spielothek betreibt. Diese ist täglich von 8.30 Uhr bis 1.00 Uhr geöffnet.
§ 4 Nr. 2 der durch Bezugnahme im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) lautet:
Soweit eine Einheit laut ihrer Bezeichnung in der Teilungserklärung einer anderen Nutzungsart als zum Wohnen dient, sind von ihr ausgehende Beeinträchtigungen zu dulden; Nutzungsänderungen sind zulässig, wenn die neue Nutzung keine größeren Beeinträchtigungen bringt als die angegebene.
Die Antragsteller haben beim AG beantragt, dem Antragsgegner den Umbau der Ladeneinheit in eine Spielothek und den Betrieb einer solchen in den Ladenräumen zu verbieten.
Nach Vernehmung von Zeugen hat das AG mit Beschl. v. 19.2.2004 den Antragsgegner verpflichtet, alle in Betracht kommenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Nutzung seiner Ladeneinheit Nr. 1 als Spielothek an Sonn- und Feiertagen sowie Montags bis Samstags nach 20.00 Uhr zu unterbinden. Im Übrigen hat es den Antrag abgewiesen.
Das LG hat die sofortigen Beschwerden des Antragsgegners und seines Streithelfers mit Beschl. v. 5.8.2004 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde des Antragsgegners und seines Streithelfers.
II. Das zulässige Rechtsmittel des Antragsgegners und seines Streithelfers ist unbegründet. Es handelt sich um ein einheitliches Rechtsmittel, über das einheitlich zu entscheiden ist (Reichold in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Aufl., § 511 Rz. 8).
1. Das LG hat ausgeführt: Das AG habe den Anträgen der Antragsteller zu Recht im angegebenen Umfang stattgegeben. Die Antragsteller hätten nach § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 BGB einen Anspruch darauf, dass der Antragsgegner alles unternehme, um die Nutzung seiner Ladeneinheit als Spielothek über die zugelassenen Zeiten hinaus zu unterbinden. Die Bezeichnung der Einheit des Antragsgegners im Aufteilungsplan als Laden lege den Nutzungszweck fest auf eine gewerbliche Nutzung in dem Umfang, in dem üblicherweise ein Ladengeschäft genutzt werden dürfe. Ausgehend von dieser Zweckbestimmung sei die Nutzung eines Teils des Ladens als Spielothek unzulässig. Sie stelle eine größere Beeinträchtigung der übrigen Wohnungseigentümer dar als bei der Benutzung als Laden. Das ergebe eine typisierende Betrachtungsweise, die eine Beweisaufnahme über konkrete Lärmbeeinträchtigungen überflüssig mache. Die größere Beeinträchtigung ergebe sich schon durch den Umfang des Publikumsverkehrs, der bei der Spielothek täglich bis 1.00 Uhr nachts möglich sei, während ein Laden nur an Werktagen und dann bis höchstens 20.00 Uhr geöffnet sei. Darüber hinaus sei auch die Art der Nutzung grundsätzlich anders einzuschätzen als bei einem Laden. Da die Freizeitbetätigung in Spielotheken weitgehend negativ beurteilt werde, führe eine solche Nutzung zur Abwertung des Wohnumfelds und damit zu einer Wertminderung der Wohnungen der Antragsteller.
2. Die Entscheidung des LG hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
(1) Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, dass die Antragsteller gegen den Antragsgegner nach § 15 Abs. 3 WEG, § 1004 Abs. 1 S. 2 BGB einen Anspruch auf Unterlassung einer zweckbestimmungswidrigen Nutzung seiner Teileigentumseinheit haben. Auch wenn der Antragsgegner in dem betreffenden Teil seines Ladens nicht selbst eine Spielothek betreibt, sondern sein Mieter der Betreiber ist, ist doch der Antragsgegner Störer i.S.v. § 1004 BGB (BayObLG v. 20.12.1990 - BReg. 2 Z 154/90, NJW-RR 1991, 658). Außerdem hat der Antragsgegner als Teileigentümer nach § 14 Nr. 2 WEG dafür einzustehen, dass sein Mieter die Ladenräume nicht zweckbestimmungswidrig nutzt.
(2) Die Bezeichnung des Teileigentums als Laden im Aufteilungsplan und in der Teilungserklärung enthält eine verbindliche Zweckbestimmung, mit der der Betrieb einer Spielothek in den Räumen nur insoweit vereinbar ist, als die Spielothek die übrigen Wohnungs- und Teileigentümer nicht mehr belästigt als ein Ladengeschäft (a.M. und st. Rspr. des Senats: BayObLG v. 16.6.2000 - 2 Z BR 178/...