Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachlaßsache. Erbscheinserteilung
Leitsatz (amtlich)
Zu den Auswirkungen eines Zuwendungsverzichts, durch den der Bedachte auf die Rechte aus einem gemeinschaftlichen Testament verzichtet, in dem er zum Schlußerben eingesetzt worden ist.
Normenkette
BGB §§ 139, 2269-2270, 2289, 2339, 2352
Verfahrensgang
LG Memmingen (Zwischenurteil vom 18.01.2000; Aktenzeichen 4 T 2052/99) |
AG Memmingen (Zwischenurteil vom 22.10.1999; Aktenzeichen VI 1279/98) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Landgerichts Memmingen vom 18. Januar 2000 wird zurückgewiesen.
II. Die Beteiligte zu 1 hat dem Beteiligten zu 2 die ihm im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.
III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf DM 336.738,– festgesetzt.
Gründe
I.
Der im Alter von 93 Jahren 1998 verstorbene Erblasser war verwitwet; seine Ehefrau ist 1970 vorverstorben. Die aus der Ehe hervorgegangene Tochter verstarb im Alter von sieben Monaten im Jahr 1948. Die Eheleute adoptierten die 1952 geborene Beteiligte zu 1. Deren Sohn ist der 1971 geborene Beteiligte zu 2.
Der Erblasser und seine Ehefrau errichteten am 5.8.1964 ein notarielles gemeinschaftliches Testament, in dem sie sich gegenseitig zu Erben des Erstversterbenden einsetzten. Den Letztversterbenden sollte die gemeinsame Adoptivtochter, die Beteiligte zu 1, allein beerben.
Weiter liegt ein Testament vom 7.4.1981 vor, in dem der Erblasser den Beteiligten zu 2 als Alleinerben einsetzt und die Beteiligte zu 1 auf den Pflichtteil setzt. Das Testament enthält zwei Unterschriften mit dem Namen des Erblassers in unterschiedlichem Schriftbild.
Ein unter dem 6.2.1982 verfaßtes privatschriftliches Testament hat folgenden Wortlaut:
Testament
Zu meinem alleinigen Erben setze ich meinen Enkel (Beteiligter zu 2) ein. Meine Adoptivtochter (Beteiligte zu 1) setze ich auf den Pflichtteil. Sie hat sich Beträge anrechnen zu lassen, die Sie wegen ihrer Schuldenwirtschaft zu zahlen verpflichtet ist.
Unterschrift des Erblassers
Am 3.11.1982 schlossen der Erblasser und die Beteiligte zu 1 einen notariellen Zuwendungsverzichts- und Erbvertrag. Darin verzichtete die Beteiligte zu 1 auf die ihr im gemeinschaftlichen Testament vom 5.8.1964 gemachte Zuwendung gegenüber dem Erblasser. Der Zuwendungsverzicht betraf beide Nachlässe der Adoptiveltern, nicht aber das gesetzliche Erb- und Pflichtteilsrecht der Beteiligten zu 1 am Nachlaß des Erblassers. Dieser nahm den Zuwendungsverzicht an. Weiter ist in der Urkunde festgehalten, daß der Grund für den Zuwendungsverzicht darin liege, daß der Erblasser über DM 200.000,– Schuldverbindlichkeiten der Beteiligten zu 1 getilgt habe. Weiter ordnete der Erblasser ein Vermächtnis zugunsten des Beteiligten zu 2 an, in dem er ihm sein Hausanwesen zuwendete.
Ein privatschriftliches Testament vom 22.2.1991 hat folgenden Wortlaut:
Testamentsänderung
Ich (Erblasser) bestimen, daß meine Tochter (Beteiligte zu 1) die Hälfte von meinem Hause bekomen soll.
Unterschrift des Erblassers
Der Nachlaß des am 15.10.1998 verstorbenen Erblassers setzt sich zusammen aus Grundbesitz (Hausanwesen im Wert von DM 350.000) und Geldvermögen im Wert von DM 326.477.
Sowohl die Beteiligte zu 1 als auch der Beteiligte zu 2 stellten Erbscheinsanträge, wonach sie jeweils Alleinerbe des Erblassers geworden seien. Die Beteiligte zu 1 berief sich auf gesetzliche Erbfolge; sie hält die Testamente vom 7.4.1981 und 6.2.1982 für gefälscht. Sie ist der Auffassung, daß diese auch deswegen unwirksam seien, weil sie in Widerspruch zum gemeinschaftlichen Testament vom 5.8.1964 stünden.
Das Nachlaßgericht holte das Gutachten einer Schriftsachverständigen ein, die zu dem Ergebnis gekommen ist, daß die Testamente vom 6.2.1982 und 22.2.1991 mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vom Erblasser stammten, während mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit der Text und die erste Unterschrift des Testamentes vom 7.4.1981 nicht vom Erblasser herrührten, jedoch die zweite Unterschrift von ihm eigenhändig vorgenommen worden sei. Mit Beschlüssen vom 22.10.1999 wies das Nachlaßgericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zurück und kündigte einen Erbschein an, wonach der Erblasser vom Beteiligten zu 2 beerbt wird. Gegen diese Entscheidungen legte die Beteiligte zu 1 durch ihren Verfahrensbevollmächtigten Beschwerde ein, in der sie zusätzlich vorbrachte, der Beteiligte zu 2 sei möglicherweise im Hinblick auf die Fälschung des Testaments vom 7.4.1981 als erbunwürdig anzusehen.
Das Landgericht wies mit Beschluß vom 18.1.2000 die Beschwerde der Beteiligten zu 1 zurück. Hiergegen richtet sich ihre mit Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten eingelegte weitere Beschwerde.
II.
Das Rechtsmittel ist zulässig, hat aber in der Sache keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Maßgeblich für die Erbfolge sei das Testament vom 6.2.1982, in dem der Erblasser den Beteiligten zu 2 als seinen Alleinerben eingeset...