Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Begründung eines Sondernutzungsrechts durch Beschluss sowie Wirkung gegenüber Sondernachfolger. Anfechtung eines Eigentümerbeschlusses

 

Beteiligte

die übrigen Teileigentümer der Teileigentumsanlage D. C

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts Passau vom 16. April 1987 aufgehoben.

II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht zurückverwiesen, dem auch die Entscheidung über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens übertragen wird.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10 000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Antragsteller und Antragsgegner sind die Teileigentümer einer Teileigentumsanlage. Im Jahr 1977 war die Fa.P. Eigentümerin der Kfz-Stellplätze T 9 und T 10. Am 1.6.1977 beschlossen die Teileigentümer, der Fa.P. gegen ein Entgelt von 10 000 DM ein unbefristetes Sondernutzungsrecht an den Flächen vor diesen Stellplätzen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen einzuräumen, das auf einen anderen Teileigentümer übertragbar sein sollte. Durch Beschluß des Landgerichts Passau vom 20.3.1980 (Az. 2 T 26/79) wurde rechtskräftig festgestellt, daß der Fa.P. nach Zahlung von 10 000 DM an die Wohnungseigentümergemeinschaft das Sondernutzungsrecht zusteht. Am 12.7.1980 übertrug die Fa.P. das Sondernutzungsrecht der Antragstellerin zu 1, die es am 9.5.1985 den Antragstellern zu 2 und 3 überließ. Am 21.5.1985 wurde der Betrag von 10 000 DM von der Antragstellerin zu 1 bezahlt. Die Fa.P. ist am 13.5.1985 erloschen. In der Eigentümerversammlung vom 7.8.1986 beschlossen die Teileigentümer, daß die Gemeinschaftsflächen vor den Kfz-Stellplätzen T 9 und T 10 von Kraftfahrzeugen freigehalten werden sollen.

Durch Beschluß vom 10.2.1987 hat das Amtsgericht den Eigentümerbeschluß vom 7.8.1986 antragsgemäß für ungültig erklärt. Das Landgericht hat die sofortige Beschwerde der Antragsgegner mit Beschluß vom 16.4.1987 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich deren sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

1. Dieses hat ausgeführt: Das Sondernutzungsrecht sei nicht durch Abschluß eines synallagmatischen Vertrags eingeräumt worden, sondern durch einstimmigen Beschluß der Eigentümer vom 1.6.1977. Daß die Zahlung des Entgelts untrennbarer notwendiger Bestandteil der Rechtsbegründung habe sein sollen, sei nicht bewiesen. Aus dem Eigentümerbeschluß ergäben sich die für einen synallagmatischen Vertrag erforderlichen wechselseitigen Abhängigkeiten der gegenseitigen Verpflichtungen nicht. Auch in dem Beschluß des Landgerichts vom 20.3.1980 sei nicht von einem synallagmatischen Vertrag gesprochen worden. Aus dem Eigentümerbeschluß gehe nicht hervor, daß die Entstehung des Sondernutzungsrechts von der aufschiebenden Bedingung der Bezahlung von 10 000 DM habe abhängig sein sollen. Da das Sondernutzungsrecht am 1.6.1977 wirksam entstanden und bislang nicht durch einen einstimmigen Eigentümerbeschluß wieder aufgehoben worden sei, habe es durch formlosen Vertrag wirksam übertragen werden können.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Landgericht hat nicht mit den Beteiligten mündlich verhandelt. Auf diesem Verfahrensmangel kann der Beschluß beruhen.

Nach § 44 Abs. 1 WEG soll der Richter mit den Beteiligten in der Regel mündlich verhandeln und hierbei darauf hinwirken, daß sie sich gütlich einigen. Diese Vorschrift gilt auch im Beschwerdeverfahren (BayObLGZ 1977, 44/49; 1983, 73/77). Die mündliche Verhandlung dient sowohl der Sachaufklärung als auch der Möglichkeit einer vergleichsweisen Erledigung des Verfahrens. Ein Abweichen von der gesetzlichen Regel ist nur bei Vorliegen besonderer Umstände zulässig (BayObLGZ 1972, 348/350; 1983, 73/77).

Das Landgericht hat nicht mündlich verhandelt und auch nicht dargetan, daß und aus welchen Gründen eine mündliche Verhandlung ausnahmsweise entbehrlich war. Auf dem Verfahrensmangel kann die Entscheidung beruhen. Es genügt, daß dies nicht ausgeschlossen werden kann (BayObLGZ 1980, 23/25; Keidel/Kuntze/Winkler FGG 12. Aufl. § 27 RdNr. 18). Der Beschluß des Landgerichts wird daher aufgehoben und die Sache zur erneuten Behandlung und Entscheidung – auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens – an das Landgericht zurückverwiesen. Wie die Ausführungen unter III zeigen, bedarf die Angelegenheit noch weiterer Klärung.

3. Die Festsetzung des Geschäftswerts für das Rechtsbeschwerdeverfahren beruht auf § 48 Abs. 2 WEG.

III.

Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

1. Das Amtsgericht hat einen Eigentümerbeschluß „zu Tagesordnungspunkt 7” der Eigentümerversammlung vom 7.8.1986 für ungültig erklärt. Auch das Landgericht geht davon aus, daß ein Beschluß zu diesem Tagesordnungspunkt Gegenstand des Verfahrens ist. Zu Tagesordnungspunkt 7 haben die Teileigentümer jedoch keinen Beschluß gefaßt. In der Niederschrift über die ...

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