Verfahrensgang
Vergabekammer Nordbayern (Beschluss vom 22.04.2003; Aktenzeichen 320.VK - 3194-09/03) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der Vergabekammer Nordbayern vom 22. April 2003 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der Kosten des Verfahrens nach § 118 GWB zu tragen.
III. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 120.000 EUR festgesetzt.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde bleibt in der Sache ohne Erfolg. Die vom Antragsgegner beabsichtigte Beauftragung einer Organisation mit Leistungen der Notfallrettung nach dem Bayerischen Rettungsdienstgesetz (BayRDG) unterfällt als Dienstleistungskonzession nicht dem Vergaberecht.
1. Hinsichtlich der Darstellung des Sachverhalts nimmt der Senat auf seinen Beschluss vom 28.5.2003 (BayObLGZ 2003, 129) Bezug, mit dem in dieser Sache der Antrag der Beschwerdeführerin, die aufschiebende Wirkung ihrer sofortigen Beschwerde zu verlängern (§ 118 Abs. 1 Satz 3 GWB), abgelehnt wurde. Auch auf die Gründe dieses Beschlusses wird Bezug genommen. Wie der Senat dort ausgeführt hat, scheitert die Unanwendbarkeit des Vergaberechts zwar nicht schon daran, dass die Übertragung von Rettungsdienstleistungen nach Art. 19 Abs. 3 BayRDG durch öffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgt; denn der Begriff „Verträge” in § 99 Abs. 1 GWB ist im Anschluss an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (vgl. EuGH vom 12.7.2001 Rs. C-399/98 – „Erschließungsverträge”, VergabeR 2001, 380) gemeinschaftsrechtskonform dahin auszulegen, dass er auch öffentlich-rechtliche Verträge umfasst. Diese Auslegung wird von der Beschwerdeführerin geteilt. Sie wendet sich gegen die weitere Würdigung des Senats, dass die Notfallrettung deshalb nicht dem Vergaberecht unterfalle, weil Notfallrettung nach der in Bayern gegebenen gesetzlichen Ausgestaltung keine vom Staat zu beschaffende Marktleistung, sondern als öffentliche Aufgabe wahrzunehmen ist und die Leistungserbringer unmittelbar hoheitlich tätig werden. Nach Auffassung der Beschwerdeführerin ist die öffentlich-rechtliche Ausgestaltung allein kein Grund, die Anwendbarkeit des Vergaberechts zu verneinen. Nur Tätigkeiten, die mit der Ausübung öffentlicher Gewalt verbunden seien – was vom Europäischen Gerichtshof auf Tätigkeiten eingeschränkt werde, die für sich genommen eine unmittelbare und spezifische Teilnahme an der Ausübung öffentlicher Gewalt mit einschließen – unterfielen nicht der Dienstleistungsfreiheit und dem Vergaberecht (vgl. Art. 55 i.V.m. Art. 45 EG; vgl. zur Aufgabenübertragung im Rahmen funktioneller Privatisierung Langen/Thieme KartR 9. Aufl. § 99 Rn. 31; Burgi NZBau 2002, 57/61). Diese Fallkonstellation treffe auf die nach Art. 19 Abs. 3 BayRDG beauftragten Organisationen und Unternehmen nicht zu.
2. Eine Auseinandersetzung mit dieser Argumentation bedarf es indes hier nicht. Der streitgegenständliche Auftrag wird schon aus einem anderen, nachfolgend ausgeführten Grund, den der Senat im Beschluss vom 28.5.2003 noch offen gelassen hatte, nicht vom Vergaberecht des GWB erfasst.
a) Bei dem gegenständlichen Auftrag handelt es sich um eine Dienstleistungskonzession. Als solche unterfällt er nicht
der Dienstleistungskoordinierungsrichtlinie 92/50/EWG (vgl. grundlegend zu Dienstleistungen im Sektorenbereich EuGH vom 7.12.2000 Rs. C-324/98 – „Telaustria”, NZBau 2001, 148; ausdrücklich bestätigt für Dienstleistungen im Sinne der Richtlinie 92/50/EWG durch EuGH vom 30.5.2002 Rs. C-358/00 – „Verlagsvertrag”, NZBau 2003, 50) und damit auch nicht dem Vergaberecht des GWB; denn dessen Anwendungsbereich geht insoweit nicht über denjenigen der einschlägigen europäischen Richtlinien hinaus (vgl. BayObLG vom 11.12.2001 Verg 15/01 – „Fahrgastinformation durch Bildschirme”, WuW 2002, 656/660 m.w.N.).
Wesentliches Kennzeichen der Dienstleistungskonzession ist, dass der Auftragnehmer als Vergütung das Recht zur Verwertung seiner eigenen Leistung erhält (vgl. EuGH aaO). Das ist hier der Fall. Die Durchführenden des Rettungsdienstes erheben für ihre Leistungen Benutzungsentgelte, die sie größtenteils von Sozialversicherungsträgern (Krankenkassen, Berufsgenossenschaften) und zum kleineren Teil von Privatpatienten erhalten. Der Rettungszweckverband als Auftraggeber zahlt selbst keine Vergütung. Die Leistungen der Sozialversicherungsträger, auf die der Rettungszweckverband keinen Einfluss hat, sind ihm nicht zuzurechnen, da es sich um von ihm verschiedene Rechtspersönlichkeiten handelt. Die Argumentation der Antragstellerin, dass auch insoweit Gelder der öffentlichen Hand im Spiel seien, greift nicht.
Entgegen der Auffassung der Vergabekammer und der Beschwerdeführerin steht der Qualifizierung des hier inmitten stehenden Auftrags als Dienstleistungskonzession nicht entgegen, dass die Durchführenden des Rettungsdienstes kein oder nur ein geringes wirtschaftliches Risiko tragen. Allerdings wird im Zusammenhang mit der Dienstleistungskonzession davon gesprochen, d...