Leitsatz (amtlich)
Ein Rechtsanwalt ist Berufsbetreuer, wenn er zum Betreuer bestellt wird, weil rechtlich schwierige Probleme (hier: Scheidung und Scheidungsfolgen) und überdurchschnittliche Schwierigkeiten im Umgang mit der Betroffenen zu bewältigen sind.
Normenkette
BGB § 1836
Verfahrensgang
LG Landshut (Beschluss vom 04.08.1998; Aktenzeichen 60 T 1266/98) |
AG Landau a.d. Isar (Aktenzeichen XVII 63/93) |
Tenor
I. Der Beschluß des Landgerichts Landshut vom 4. August 1998 wird aufgehoben.
II. Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung an das Landgericht Landshut zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Das Amtsgericht bestellte den Beteiligten zu 1), einen Rechtsanwalt, mit Beschluß vom 16.11.1993 zum Betreuer der Betroffenen für den Aufgabenkreis Vermögenssorge einschließlich der Vertretung in Scheidungsangelegenheiten und Scheidungsfolgesachen. Am 16.1.1996 entließ das Amtsgericht den Beteiligten zu 1) und bestellte an seiner Stelle einen nichtanwaltlichen Berufsbetreuer.
Am 29.8.1997 verstarb die Betroffene. Der Beteiligte zu 2) ist Nachlaßpfleger für deren Erben.
Der Beteiligte zu 1) beantragte für seine anwaltschaftliche Tätigkeit in der Zeit bis zu seiner Bestellung als Betreuer eine Vergütung ohne Abrechnung nach der BRAGO von 13.800 DM (60 Stunden zu je 200 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) und für seine Tätigkeit als Betreuer 58.420 DM (254 Stunden zu je 200 DM zuzüglich Mehrwertsteuer) aus dem Nachlaß der Betroffenen. Mit Beschluß vom 31.3.1998 lehnte das Amtsgericht die Bewilligung einer Vergütung ab. Das Landgericht wies am 4.8.1998 die Beschwerde des Beteiligten zu 1) zurück. Gegen diese Entscheidung legte dieser weitere Beschwerde ein, mit der er seinen Vergütungsantrag weiterverfolgt.
Entscheidungsgründe
II.
Das zulässige Rechtsmittel führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.
1. Das Landgericht hat ausgeführt, das Amtsgericht habe es mit Recht abgelehnt, zugunsten des Beschwerdeführers eine Vergütung festzusetzen. Das Vormundschaftsgericht könne die Vergütung des Betreuers nach dem Tode des Betreuten gegenüber den Erben nur dann festsetzen, wenn die entsprechende Verpflichtung eine Nachlaßverbindlichkeit darstelle. Dies sei hier nicht der Fall, da der Beschwerdeführer kein Berufsbetreuer sei. Eine Betreuung werde zwar auch dann „im Rahmen der Berufsausübung” geführt, wenn sie nur als Teil der Berufsausübung wahrgenommen werde, eine Gesamtbetrachtung der damit verbundenen Tätigkeiten jedoch eine Inanspruchnahme des Betreuers ergebe, der dieser – anders als der echte Einzelbetreuer – nur im Rahmen seiner Berufsausübung ordnungsgemäß nachkommen könne und die üblicherweise nicht unentgeltlich als allgemeine staatsbürgerliche Pflicht geleistet werde. Indizwirkung könne insoweit der Zahl der Betreuungen, deren Schwierigkeitsgrad, dem mit ihrer Führung verbundenen Zeitaufwand wie auch der Qualifikation des Betreuers zukommen. Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze und Abwägung aller Umstände seien die Voraussetzungen für eine Berufsbetreuung in der Person des Beschwerdeführers zu verneinen. Selbst, wenn man für die ca. 113 Wochen der Betreuung durch den Beschwerdeführer den von ihm angegebenen Zeitaufwand von 254 Stunden zugrundelege, komme man nur auf eine wöchentliche Inanspruchnahme von ca. 2 Stunden. Im übrigen bestünden erhebliche Bedenken, ob der angegebene Zeitaufwand für die ordnungsgemäße Führung der Betreuung erforderlich gewesen sei. Bei allen Schwierigkeiten im persönlichen Umgang mit der psychisch kranken Betreuten, sei die vom Beschwerdeführer entfaltete Tätigkeit nicht außergewöhnlich gewesen und habe auch seine Arbeitskraft als Rechtsanwalt nicht übermäßig stark in Anspruch genommen. Größere Vermögenswerte seien nicht zu verwalten gewesen. Der Vergütungsanspruch des Beteiligten zu 1) habe keine Erblasserschuld begründet. Der Vergütungsanspruch nach § 1836 Abs. 1 Sätze 2 u. 3 BGB entstehe grundsätzlich erst mit der gem. § 16 FGG wirksam gewordenen Festsetzung im vormundschaftsgerichtlichen Beschluß. Die Rechtsprechung des Bayerischen Obersten Landesgerichts, daß bei einem Berufsbetreuer der Anspruch auf Vergütung bereits aufgrund der Bestellung zum Betreuer mit dessen Betreuertätigkeit entstehe mit der Folge, daß das Vormundschaftsgericht die Vergütung auch nach dem Tod des Betroffenen festsetzen könne, sei hier, da der Beteiligte zu 1) kein Berufsbetreuer sei, nicht einschlägig.
2. Diese Ausführungen halten der in der Rechtsbeschwerdeinstanz allein zulässigen rechtlichen Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) nicht stand. Das Landgericht hat zu Unrecht die Berufsbetreuereigenschaft des Beschwerdeführers verneint.
a) Der Beschwerdeführer war Berufsbetreuer. Ihm war zwar außer der verfahrensgegenständlichen nur eine Betreuung übertragen. Die Frage, ob ein Betreuer sein Amt beruflich ausübt, ist aber aufgrund der gesamten Umstände des Einzelfalls zu beurteilen. Hierbei darf entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht in erster Linie ...