Entscheidungsstichwort (Thema)

Rücknahme eines aussichtslosen Rechtsmittels

 

Leitsatz (amtlich)

1. Grundsätzlich kann zwar dann von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten abgesehen werden, wenn ein Rechtsmittel auf Grund der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Erfolglosigkeit zurückgenommen wird. Dies gilt aber nicht, wenn die Erfolglosigkeit offensichtlich ist. Davon ist regelmäßig bei einem wegen Fristversäumung unzulässigen Rechtsmittel auszugehen.

2. Legt ein gewerbsmäßig tätiger Hausverwalter als Bevollmächtigter von Wohnungseigentümern ein wegen Fristversäumung unzulässiges Rechtsmittel ein und nimmt es auf gerichtlichen Hinweis wieder zurück, sind ihm wegen des in Betracht kommenden materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruchs regelmäßig allein die dadurch verursachten Kosten zu erstatten.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 17.07.2003; Aktenzeichen 1 T 12153/03)

AG München (Aktenzeichen 481 UR II 146/03)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragestellerin wird der Beschluss des LG München I vom 17.7.2003 in Nummer I dahin abgeändert, dass die weitere Beteiligte die der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren erwachsenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten hat.

Im Übrigen wird die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.

II. Die weitere Beteiligte hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 775 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Die Wohnungseigentümer fassten in ihrer Versammlung vom 13.2.2003 verschiedene Beschlüsse, die von der Antragstellerin angefochten wurden. Das AG hat dem Antrag auf Ungültigerklärung mit Beschluss vom 12.5.2003 stattgegeben. Hiergegen hat die weitere Beteiligte in eigenem Namen sowie im Namen der Antragsgegner zu 2) nach Ablauf der Beschwerdefrist sofortige Beschwerde eingelegt. Auf richterlichen Hinweis hat sie das Rechtsmittel am 15.7.2003 wieder zurückgenommen.

Das LG hat mit Beschluss vom 17.7.2003 den Antragsgegnern zu 2) und der weiteren Beteiligten samtverbindlich die gerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt, eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten jedoch nicht angeordnet. Soweit die Kostenerstattung versagt wurde, hat die Antragstellerin sofortige weitere Beschwerde eingelegt und beantragt, die Antragsgegner zu 2), hilfsweise die weitere Beteiligte zu verpflichten, die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.

II. Das Rechtsmittel ist im Wesentlichen erfolgreich.

1. Das LG hat ausgeführt:

Von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten könne ausnahmsweise abgesehen werden, wenn die Zurücknahme der Beschwerde auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruhe. Ein solcher Fall sei hier gegeben. Dahingestellt könne bleiben, ob die Unzulässigkeit der Beschwerde auch ohne den gerichtlichen Hinweis erkennbar gewesen sei. Jedenfalls habe für die Bevollmächtigten der Antragstellerin kein Anlass bestanden, vor Ablauf der in der richterlichen Hinweisverfügung gesetzten Frist im Beschwerdeverfahren durch schriftsätzliche Antragstellung hervorzutreten. Es wäre daher unbillig, die Gegenseite mit außergerichtlichen Kosten zu belasten, die allein durch die Antragstellung verursacht worden seien.

2. Dies hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

a) Das Rechtsmittel wurde zurückgenommen; deshalb hatte das LG nur noch über die Kosten der sofortigen Beschwerde gem. § 47 WEG zu entscheiden. Grundsätzlich hat dann derjenige, der das Rechtsmittelverfahren in Gang gesetzt hat, die dadurch verursachten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten zu tragen, wenn er sein Rechtsmittel wieder zurücknimmt. Bei Vorliegen besonderer Umstände kann allerdings etwas anderes gelten (BayObLG ZMR 2000, 396; NJW-RR 2003, 518; vgl. auch Niedenführ/Schulze, WEG, 6. Aufl., § 47 Rz. 15 m.w.N.). Als besonderer Umstand wird etwa angesehen, dass das Rechtsmittel ausdrücklich nur zur Fristwahrung eingelegt wurde (BayObLG NZM 2000, 300) oder ein Rechtsmittel auf Grund der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Erfolglosigkeit unverzüglich wieder zurückgenommen wird (BayObLG NJW-RR 2003, 518). Die damit verbundene Begünstigung des Rechtsmittelführers ist aber dann nicht angemessen, wenn die Erfolglosigkeit offensichtlich ist. Ist nämlich eine Beschwerde von vorneherein aussichtslos, erscheint es regelmäßig billig, den Rechtsmittelführer auch mit den Kosten der übrigen Verfahrensbeteiligten zu belasten.

b) Nach diesen Grundsätzen entspricht es hier der Billigkeit, eine Kostenerstattung zu Gunsten der Antragsteller anzuordnen. Ein wegen Fristversäumung unzulässiges Rechtsmittel ist offensichtlich aussichtslos; ausnahmsweise kann dies anders sein, wenn Anhaltspunkte vorlägen, nach denen ein Antrag auf Wiedereinsetzung...

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