Leitsatz (amtlich)

1. Es ist grundsätzlich nicht ermessensfehlerhaft, nach der Zurücknahme eines Rechtsmittels von der Anordnung der Kostenerstattung durch den Rechtsmittelführer abzusehen, wenn die Zurücknahme auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Aussichtslosigkeit des Rechtsmittels beruht. Weitere besondere Umstände sind aber zu berücksichtigen und können, insbes. wenn die Rechtsverfolgung mutwillig war, zur Anordnung der Kostenerstattung führen. Diese Beurteilung obliegt grundsätzlich dem Tatrichter, kann aber vom Rechtsbeschwerdegericht im Einzelfall nachgeholt werden.

2. Geschäftswert für die Anfechtung von Beschlüssen über die Verwalterentlastung.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 19.01.2004; Aktenzeichen 1 T 20226/03)

AG München (Aktenzeichen UR II 683/03)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des LG München I vom 19.1.2004 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in diesem Rechtszug nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 470 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird.

Die Wohnungseigentümer beschlossen in der Versammlung vom 4.6.2003 zu Tagesordnungspunkt 4 u.a., dem Verwalter für das Wirtschaftsjahr 2002 Entlastung zu erteilen.

Der Antragsteller hat beantragt, diesen Eigentümerbeschluss für ungültig zu erklären. Das AG hat dem Antrag mit Beschluss vom 10.10.2003 stattgegeben. Es hat ausgeführt, dass dem Verwalter nach dem Gesetz kein Entlastungsanspruch zustehe. Im Übrigen bestehe der Anspruch jedenfalls deshalb nicht, weil schlüssig ein Sachverhalt vorgetragen sei, aus dem sich ergebe, dass Schadensersatzansprüche gegen die Verwalterin bestehen könnten; dieses Vorbringen sei nicht ausgeräumt. Gegen den Beschluss haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt und nach Fristsetzung schriftlich begründet. Hierauf hat der Antragsteller erwidert. In der mündlichen Verhandlung vom 19.1.2004 haben die Antragsgegner nach eingehender Erörterung der Sach- und Rechtslage auf Empfehlung des Beschwerdegerichts ihr Rechtsmittel zurückgenommen. Das LG hat mit Beschluss vom gleichen Tag den Antragsgegnern die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt, von der Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten jedoch abgesehen. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers richtet sich gegen die Versagung der außergerichtlichen Kostenerstattung durch das LG.

II. Das nach § 45 Abs. 1 WEG, § 27 Abs. 2 i.V.m. Abs. 1, § 20a Abs. 2 FGG zulässige Rechtsmittel hat im Ergebnis keinen Erfolg.

1. Das LG hat ausgeführt:

Nach der Zurücknahme ihres Rechtsmittels sei es angemessen, die Antragsgegner mit den Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens zu belasten. Jedoch sei es nicht veranlasst, die Antragsgegner auch zur Erstattung der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu verpflichten. Es lägen nämlich besondere Umstände vor, von einer Erstattungsanordnung abzusehen. Die Antragsgegner hätten das Rechtsmittel sofort nach dem gerichtlichen Hinweis auf die fehlenden Erfolgsaussichten zurückgenommen. Die Rücknahme beruhe somit auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in die Erfolglosigkeit des Rechtsmittels. Die Antragsgegner hätten damit zu einer Abkürzung des Verfahrens beigetragen und sowohl dem Gericht als auch der Gegenseite zusätzlichen Arbeitsaufwand erspart. Zudem sei zu berücksichtigen, dass es in der Vergangenheit hinsichtlich der Frage der Verwalterentlastung unterschiedliche Entscheidungen des BayObLG einerseits, des BGH andererseits, gegeben habe, so dass die Frage der Ordnungsmäßigkeit einer Verwalterentlastung durchaus nicht einfach zu beurteilen sei.

2. Die Entscheidung des LG hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Nach der Zurücknahme der sofortigen Beschwerde hatte das LG noch gem. § 47 WEG nach billigem Ermessen über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden. Das Rechtsbeschwerdegericht kann diese Entscheidung nur daraufhin überprüfen, ob der Tatrichter die Grenzen des ihm eingeräumten Ermessens überschritten, insbes. ob er wesentliche Gesichtspunkte außer Acht gelassen, sich mit den Denkgesetzen in Widerspruch gesetzt oder sonst von seinem Ermessen einen dem Sinn und Zweck des Gesetzes widersprechenden Gebrauch gemacht hat (vgl. BayObLG v. 7.5.1997 - 2Z BR 135/96, BayObLGZ 1997, 148 [151] = MDR 1997, 727; WuM 2003, 296 m.w.N.)

b) Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats hat grundsätzlich derjenige, der ein Rechtsmittel zurücknimmt, neben den gerichtlichen auch die außergerichtlichen Kosten seines Rechtsmittels zu tragen. Ausnahmsweise kann jedoch von der Anordnung einer Kostenerstattung abgesehen werden, wenn eine alsbaldige Zurücknahme des Rechtsmittels auf der vom Gericht vermittelten Einsicht in dessen Aussichtslosigkeit beruht (BayObLG v. 4....

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