Entscheidungsstichwort (Thema)

Nachlaßsache

 

Leitsatz (amtlich)

Auslegung eines gemeinschaftlichen Testaments mit Wiederverheiratungs- und Schlußerbenklausel.

 

Normenkette

BGB §§ 133, 2084, 2100, 2269

 

Verfahrensgang

AG Schwabach (Aktenzeichen VI 847/99)

LG Nürnberg-Fürth (Aktenzeichen 13 T 4405/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 und 3 gegen den Beschluß des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 29. März 2001 wird zurückgewiesen.

II. Die Beteiligten zu 2 und 3 haben der Beteiligten zu 1 die dieser im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Verfahren der weiteren Beschwerde wird auf DM 100.000,– festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der 1999 im Alter von 69 Jahren verstorbene Erblasser war zweimal – jeweils ohne Ehevertrag – verheiratet. Aus der ersten Ehe entstammen die Kinder A., geboren 1958 (Beteiligte zu 2), B., geboren 1961 (Beteiligter zu 3), und C., geboren 1965.

Am 11.5.1974 verfaßten die Eheleute – sie waren zu diesem Zeitpunkt 43 bzw. 40 Jahre alt – privatschriftlich folgendes gemeinschaftliche Testament:

  • Bei Ableben eines Ehepartners erhält der andere sämtliches Bargeld, Haus- und Platzbesitz, die Hälfte der Firma und 1/3 der Architektengemeinschaft.
  • Bei Wiederverheiratung bekommen die 3 Kinder die Hälfte des ganzen Vermögens zu gleichen Teilen.
  • Bei Ableben Beider fällt das ganze Vermögen den 3 Kindern zu gleichen Teilen zu.

Am 17.9.1977 verstarb die Ehefrau des Erblassers im Alter von 43 Jahren. Das Nachlaßgericht erteilte dem Erblasser am 14.11.1977 einen Erbschein, nach dem er Alleinerbe seiner ersten Ehefrau geworden und hinsichtlich eines 1/2-Anteiles Nacherbfolge zugunsten der drei Kinder für den Fall der Wiederverheiratung angeordnet ist.

Am 18.7.1988 ging der Erblasser seine zweite Ehe mit der Beteiligten zu 1 ein, die kinderlos blieb. Sein Sohn C. verstarb am 2.1.1997 ohne Hinterlassung von Abkömmlingen. Er selbst errichtete keine weitere letztwillige Verfügung.

Das Nachlaßgericht erteilte den Beteiligten zu 2 und 3 auf ihren Antrag am 10.2.2000 einen Erbschein, wonach beide den Erblasser zu je 1/2 aufgrund des privatschriftlichen Testaments vom 11.5.1974 beerbt haben. Die Beteiligte zu 1 beantragte die Einziehung dieses Erbscheins und Erteilung eines Erbscheins, der sie als Miterbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 2 und 3 als Miterben zu je 1/4 ausweisen sollte. Sie ist der Auffassung, die zweite Eheschließung habe nach der Heiratsklausel im Testament vom 11.5.1974 dazu geführt, daß der Erblasser am Nachlaß seiner ersten Ehefrau nur mehr zu 1/2 als Vollerbe beteiligt war und seine Kinder bezüglich der anderen Hälfte Nacherben ihrer Mutter geworden sind. Damit sei im Zeitpunkt der Wieder Verheiratung eine der gesetzlichen Erbfolge entsprechende Vermögensverteilung erzielt worden. Da der Fall der Wieder Verheiratung eingetreten sei, habe die im Schlußsatz des Testaments vom 11.5.1974 vorgenommene Schlußerbeneinsetzung der Kinder nach Ableben beider Eheleute keine Geltung erlangt. Daher stehe ihr aufgrund gesetzlicher Erbfolge 1/2 und den Beteiligten zu 2 und 3 je 1/4 des Nachlasses zu.

Mit Beschluß vom 25.4.2000 wies das Nachlaßgericht den Erbscheinsantrag der Beteiligten zu 1 zurück und führte aus: Die Beteiligte zu 1 sei von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen, weil das Testament vom 11.5.1974 auch die Erbfolge des Erblassers durch Schlußerbeneinsetzung seiner Kinder regle. Diese Anordnung könnte nur dann aufgrund der Heiratsklausel als gegenstandslos angesehen werden, wenn der überlebende Ehegatte bei Wiederverheiratung vollständig enterbt worden wäre. Dies sei jedoch nicht der Fall, weil die Nacherbschaft nur für die Hälfte des Vermögens des erstversterbenden Ehegatten angeordnet und die zweite Hälfte dem Erblasser bei Wiederverheiratung verblieben sei.

Gegen diese Entscheidung legte die Beteiligte zu 1 Beschwerde ein. Mit am 4.10.2000 eingegangenem Schriftsatz ihrer Verfahrensbevollmächtigten ließ sie das gemeinschaftliche Testament vom 11.5.1994 wegen Irrtums und Übergehung eines Pflichtteilsberechtigten anfechten.

Mit Beschluß vom 29.3.2001 hob das Landgericht den Beschluß des Nachlaßgerichts vom 25.4.2000 auf und ordnete an, den Erbschein zugunsten der Beteiligten zu 2 und 3 vom 10.2.2001 einzuziehen. Weiter wies es das Nachlaßgericht an, der Beteiligten zu 1 einen Erbschein zu erteilen, in dem sie als Miterbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 2 und 3 als Miterben zu je 1/4 ausgewiesen sind. Gegen diese Entscheidung haben die Beteiligten zu 2 und 3 weitere Beschwerde eingelegt. Das Landgericht hat die Ausführung seiner Anordnungen bis zum Abschluß des Verfahrens der weiteren Beschwerde ausgesetzt.

II.

1. Die weitere Beschwerde ist mit dem Ziel der Wiederherstellung der nachlaßgerichtlichen Entscheidung zulässig, weil der den Beteiligten zu 2 und 3 erteilte Erbschein noch nicht eingezogen und ein neuer Erbschein noch nicht erteilt ist. Das nicht fristgebundene Rechtsmittel (§ 27 Abs. 1 FGG, § 550 ZPO) ist formgerecht eingelegt worden (§ 29 ...

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