Verfahrensgang

LG Weiden i.d.OPf. (Beschluss vom 15.11.1996; Aktenzeichen 2 T 1098/96)

 

Tenor

Auf die weitere Beschwerde der Beteiligten werden der Beschluß des Landgerichts Weiden i.d.OPf. vom 15. November 1996 und die Zwischenverfügung des Amtsgerichts – Grundbuchamt – Tirschenreuth, Zweigstelle Kemnath vom 19. August 1996 ufgehoben.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten zu 1 sind als Miteigentümer eines Grundstücks im Grundbuch eingetragen, das mit drei Briefgrundschulden über insgesamt 220 000 DM nebst 15 % jährlichen Zinsen belastet ist. Als Gläubiger der Grundschulden ist die aus den Beteiligten zu 1 bis 3 bestehende Erbengemeinschaft eingetragen. Am 18.8.1993 traten die Beteiligten zu 1 bis 3 die Grundschulden an die Beteiligten zu 1 ab.

Den Antrag der Beteiligten, die Abtretung im Grundbuch einzutragen, hat das Grundbuchamt durch Zwischenverfügung vom 19.8.1996 beanstandet. Es hat eine Nachtragserklärung der eingetragenen Grundschuldgläubiger verlangt, „daß die Grundschulden samt Zinsen seit … abgetreten wurden”. Das Landgericht hat die Erinnerung/Beschwerde der Beteiligten gegen die Zwischenverfügung durch Beschluß vom 15.11.1996 zurückgewiesen. Dagegen richtet sich deren weitere Beschwerde.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel hat Erfolg. Es führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung des Landgerichts und der Zwischenverfügung des Grundbuchamts.

1. Das Landgericht hat ausgeführt: Die Abtretungsurkunde sei in bezug auf die Nebenleistungen der Grundschulden nicht auslegungsfähig. Bei der Abtretung von Grundschulden bedürfe es wegen des Bestimmtheitsgrundsatzes einer Vereinbarung darüber, ob, seit wann und in welcher Höhe Nebenleistungen (Zinsen) mit abgetreten seien. Die versehentlich weggelassenen Abreden könnten nicht im Weg der Auslegung zum Inhalt der Erklärung gemacht werden.

2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

Das Grundbuchamt verlangt mit der Zwischenverfügung eine gemäß § 26 Abs. 1 GBO die Eintragungsbewilligung ersetzende Abtretungserklärung auch hinsichtlich der Zinsen der Grundschulden. Dies kann nicht Gegenstand einer Zwischenverfügung sein. Durch die Zwischenverfügung sollen dem Antragsteller der Rang und die sonstigen Rechtswirkungen, die sich nach dem Eingang des Antrags richten, erhalten bleiben. Gerechtfertigt ist dies nur dann, wenn der Mangel des Antrags mit rückwirkender Kraft geheilt werden kann. Dies ist nicht der Fall, wenn die Eintragungsbewilligung (§ 19 GBO) des unmittelbar Betroffenen erst erklärt werden muß. Denn dies kann nicht rückwirkend geschehen (BayObLGZ 1988, 229/231; BayObLG MittBayNot 1995, 42 und 296; OLG Zweibrücken OLGZ 1991, 153/154; Demharter GBO 21. Aufl. § 18 Rn. 12). Die gleichen Erwägungen gelten für die Abtretungserklärung, die an die Stelle der Eintragungsbewilligung tritt (§ 26 Abs. 1 GBO). Die Zwischenverfügung des Grundbuchamts und die Entscheidung des Landgerichts werden daher aufgehoben.

3. Für das weitere Verfahren wird bemerkt:

Bei einer Grundschuld kann das Stammrecht zusammen mit Nebenleistungen, insbesondere den Zinsen abgetreten werden, aber auch ohne diese. Denn die Nebenleistungen gehören nicht zu den Nebenrechten im Sinn des § 401 BGB, die mit dem Stammrecht übergehen (Palandt/Heinrichs BGB 56. Aufl. § 401 Rn. 6). Bei der Eintragung der Abtretung einer verzinslichen Grundschuld verlangt der grundbuchrechtliche Bestimmtheitsgrundsatz daher, daß die an die Stelle der Eintragungsbewilligung tretende Abtretungserklärung zweifelsfreie Angaben darüber enthält, ob auch die Zinsen mit abgetreten sind, ferner in welchem Umfang und in welcher Höhe sie abgetreten sein sollen. Dabei ist eine Auslegung nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Voraussetzung ist aber, daß die Abtretungserklärung auslegungsfähig und auslegungsbedürftig ist (BayObLGZ 1984, 122/123 f.; Demharter Rn. 19, KEHE/Ertl Grundbuchrecht 4. Aufl. Rn. 35, Meikel/Böttcher Grundbuchrecht 7. Aufl. Rn. 39, jeweils zu § 26 und jeweils m.w.N.).

Im vorliegenden Fall wurden die Grundschulden ohne jeden weiteren Zusatz abgetreten. Die Abtretungserklärung ist damit eindeutig und einer Auslegung nicht zugänglich. Sie erfaßt lediglich die Stammrechte. Insoweit steht einer Eintragung der Abtretung nichts im Wege. Die Beteiligten tragen vor, daß auch die Abtretung der Zinsen gewollt, aber versehentlich unterblieben sei. Dieser Mangel kann nur durch eine ergänzende Abtretungserklärung behoben werden, die aber nicht durch Zwischenverfügung vom Grundbuchamt verlangt werden kann. Aus dem Schreiben der Beteiligten vom 26.8.1996 ergibt sich, daß ihr Eintragungsantrag dahin geht, die Abtretung der Grundschulden einschließlich Zinsen in das Grundbuch einzutragen. Was die Zinsen betrifft, wird dem Antrag, solange nicht eine ergänzende Abtretungserklärung vorgelegt wird, nicht stattgegeben werden können.

 

Unterschriften

Dr. Tilch, Demharter, Dr. Delius

 

Fundstellen

Haufe-Index 1805708

MDR 1997, 450

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge