Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterlassung von Bauarbeiten. Erlaß einer einstweiligen Anordnung
Verfahrensgang
LG Landshut (Aktenzeichen 30 T 2710/92) |
AG Landshut (Aktenzeichen UR II 17/92) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluß des Landgerichts Landshut vom 29. Dezember 1992 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsteller haben als Gesamtschuldner die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf 10 000 DM festgesetzt. Die Geschäftswertfestsetzung in dem Beschluß des Amtsgerichts vom 12. November 1992 und in dem Beschluß des Landgerichts wird entsprechend abgeändert.
Gründe
I.
Die Antragsteller und die Antragsgegnerin sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
Die Antragsteller haben beim Streitgericht beantragt, der Antragsgegnerin durch einstweilige Verfügung zu verbieten, im Zusammenhang mit dem Ausbau einer Zahnarztpraxis in ihrem Wohnungseigentum bestimmt bezeichnete Stemmarbeiten durchzuführen. Das Wohnungseigentumsgericht, an das die Sache abgegeben wurde, hat am 12.11.1992 den Antrag auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung abgewiesen, weil ein Hauptsacheverfahren nicht anhängig sei. Hiergegen haben die Antragsteller sofortige Beschwerde eingelegt; gleichzeitig haben sie das Hauptsacheverfahren anhängig gemacht. Das Landgericht Landshut hat die sofortige weitere Beschwerde durch Beschluß vom 29.12.1992 verworfen; in Übereinstimmung mit dem Amtsgericht hat es den Geschäftswert auf 20 000 DM festgesetzt. Die Antragsteller wenden sich mit der sofortigen weiteren Beschwerde gegen die Hauptsacheentscheidung des Landgerichts und mit der Beschwerde gegen die Geschäftswertfestsetzung.
II.
1. Die form- und fristgerecht eingelegte (§ 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 WEG, §§ 21, 22 Abs. 1, § 29 FGG) sofortige weitere Beschwerde ist ohne Rücksicht darauf, ob der Erlaß oder die Ablehnung einer einstweiligen Anordnung in Wohnungseigentumssachen überhaupt anfechtbar ist, schon deshalb zulässig, weil die Erstbeschwerde als unzulässig verworfen wurde. Ob die Verwerfung rechtens ist, soll gerade durch die weitere Beschwerde überprüft werden; dies setzt voraus, daß diese als zulässig angesehen wird (BGH WuM 1992, 713 = NJW 1992, 3305; BayObLGZ 1990, 141/142; OLG Frankfurt OLGZ 1978, 301).
2. Das Rechtsmittel ist nicht begründet. Zu Recht hat das Landgericht die sofortige Beschwerde der Antragsteller als unzulässig behandelt, weil nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 44 Abs. 3 Satz 2 WEG einstweilige Anordnungen, die der Richter in Wohnungseigentumssachen für die Dauer des Verfahrens treffen kann, nicht selbständig angefochten werden können. Unanfechtbar ist nicht nur der Erlaß einer einstweiligen Anordnung, sondern auch die Zurückweisung eines Antrags auf Erlaß einer einstweiligen Anordnung (OLG Frankfurt OLGZ 1978, 301; Weitnauer WEG 7. Aufl. Rn. 3 d, Palandt/Bassenge BGB 52. Aufl. Rn. 4, Henkes/Niedenführ/Schulze WEG Rn. 18, jeweils zu § 44 WEG; vgl. BayObLGZ 1977, 44/47).
Allerdings hat die Rechtsprechung eine Anfechtung in Ausnahmefällen, insbesondere im Fall einer greifbaren Gesetzwidrigkeit (OLG Hamm OLGZ 1978, 16; OLG Düsseldorf ZMR 1989, 315), für zulässig erachtet. Ein solcher Fall liegt hier aber nicht vor.
Der Senat hat eine Anfechtbarkeit dann bejaht, wenn eine einstweilige Anordnung erlassen wurde, obwohl ein Hauptsacheverfahren nicht anhängig ist (vgl. BayObLGZ 1977, 44/48). Weil einstweilige Anordnungen nach § 44 Abs. 3 Satz 1 WEG nur für die Dauer des Verfahrens ergehen können, ist die Anhängigkeit eines Hauptsacheverfahrens Voraussetzung für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung (BayObLGZ 1977, 44/48; BayObLG WuM 1990, 409; OLG Hamm OLGZ 1978, 16/18; Palandt/Bassenge Rn. 4, Henkes/Niedenführ/Schulze Rn. 17, jeweils zu § 44 WEG; a.M. Müller Praktische Fragen des Wohnungseigentums 2. Aufl. Rn. 229 = S. 473). Dieses Erfordernis folgt auch daraus, daß eine einstweilige Anordnung nach § 44 Abs. 3 Satz 2 WEG nicht „selbständig” angefochten werden kann; sie wird, sofern sie nicht vorher wieder aufgehoben wurde, mit Rechtskraft der Hauptsacheentscheidung ohne weiteres wirkungslos (BayObLGZ 1977, 44/48; OLG Düsseldorf ZMR 1989, 315). Eine Überprüfung der einstweiligen Anordnung kann im übrigen nur im Rahmen einer Anfechtung der Hauptsacheentscheidung herbeigeführt werden.
Wird eine einstweilige Anordnung ohne anhängiges Hauptsacheverfahren erlassen, würde dem Antragsgegner ohne Anfechtbarkeit jede Möglichkeit genommen, im Rechtsmittelzug eine Überprüfung und Aufhebung der einstweiligen Anordnung zu erreichen. Deshalb hat der Senat in einem solchen Fall die Möglichkeit einer Anfechtung bejaht (BayObLGZ 1977, 44/48). Er hat es aber nicht für zulässig erachtet, eine einstweilige Anordnung ohne anhängiges Hauptsacheverfahren zu erlassen. Insoweit wurde die Entscheidung von Weitnauer aaO und wohl auch von Müller aaO mißverstanden. Für den Erlaß einer einstweiligen Anordnung außerh...