Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgabe einer Willenserklärung
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 14 S 18253/87) |
AG München (Aktenzeichen 212 C 02733/87) |
Tenor
I. Verlangt der Vermieter die Erhöhung des Mietzinses zu einem Zeitpunkt, der innerhalb des für die Kappungsgrenze im Sinn von § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG maßgebenden Zeitraums von drei Jahren liegt, so ist das Mieterhöhungsverlangen nicht deswegen unwirksam, weil die Kappungsgrenze nicht eingehalten ist.
II. Ein solches Mieterhöhungsverlangen vermag die Zustimmungsfrist des § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG bereits vor Ablauf des Zeitraums von drei Jahren in Gang zu setzen, so daß die Mieterhöhung unmittelbar danach wirksam werden kann.
Tatbestand
I.
Die Beklagte hat vom Kläger seit 1976 eine Wohnung … in München gemietet. Der Nettomietzins ist zum 1.7.1984 um 30 % auf DM 533 monatlich angehoben worden. Mit Schreiben vom 13.11.1986 hat der Kläger ab 1.2.1987 eine monatliche Nettomiete von DM 670 verlangt und zur Begründung auf den Mietspiegel verwiesen. Die Beklagte hat dieser Mieterhöhung nicht zugestimmt.
Mit der am 31.3.1987 eingereichten und demnächst zugestellten Klage hat der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einer Erhöhung der monatlichen Nettomiete von bisher DM 533 auf DM 670 mit Wirkung ab 1.2.1987 zuzustimmen. Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Sie hat geltend gemacht, die Dreijahresfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG sei noch nicht abgelaufen und der Kläger könne daher frühestens zum 1.7.1987 eine Mieterhöhung beanspruchen. Außerdem bestreite sie die Ortsüblichkeit des verlangten Mietzinses.
Durch Urteil vom 4.8.1987 hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen. Es hat ausgeführt, das Mieterhöhungsverlangen sei wegen Verstoßes gegen die Kappungsgrenze zwar nicht schlechthin unwirksam, aber im Ausmaß der Überschreitung unbegründet. Das Schreiben des Klägers vom 13.11.1986 könne nicht ohne weiteres als Erhöhungsverlangen zum 1.7.1987 als dem nächstzulässigen Termin angesehen werden. Der Kläger hat gegen dieses Urteil Berufung eingelegt und beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, der Mieterhöhung auf DM 670 mit Wirkung ab 1.7.1987 zuzustimmen. Die Beklagte tritt der Berufung entgegen.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 23.12.1987 folgende Frage zum Rechtsentscheid vorgelegt:
Wirkt ein Mieterhöhungsverlangen nach § 2 MHG, in dem eine Mieterhöhung ab einem Zeitpunkt verlangt wird, zu dem wegen der Drei Jahresfrist des § 2 Abs. 1 Nr. 3 MHG die Miete nicht erhöht werden kann, zum frühestmöglichen Zeitpunkt nach Ablauf der Drei Jahresfrist und kann insofern das Erhöhungsverlangen als wirksam aufrechterhalten werden?
Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klageschrift könne nicht als Erhöhungsverlangen im Sinn des § 2 MHG ausgelegt werden, weil in ihr nicht hinreichend deutlich zum Ausdruck komme, daß damit eine materiell-rechtliche Willenserklärung abgegeben werden solle. Es komme daher ausschließlich auf die Wirksamkeit des Erhöhungsverlangens vom 13.11.1986 an. Da der Kläger nunmehr Mieterhöhung ab 1.7.1987 fordere, gehe er davon aus, daß sein Erhöhungsverlangen schon vor Ablauf der Drei Jahresfrist des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG die Zustimmungsfrist des § 2 Abs. 3 Satz 1 MHG in Lauf gesetzt habe. Die Kammer neige dazu, ein solches Mieterhöhungsverlangen als unwirksam zu betrachten, denn sonst würde sich die Zustimmungsfrist jedenfalls bis zum Ende der Drei Jahresfrist verlängern und damit blieben die rechtlichen Folgen für den Mieter im unklaren. Die vorgelegte Rechtsfrage könne für eine Vielzahl gleichgelagerter Fälle von Bedeutung sein. Sie sei bisher in Rechtsprechung und Schrifttum nicht erörtert und durch Rechtsentscheid noch nicht entschieden worden.
Die Parteien des Rechtsstreits hatten Gelegenheit, sich zum Vorlagebeschluß zu äußern. Nur die Beklagte hat Stellung genommen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist zuständig, bei der Vorlage zum Rechtsentscheid auch über diejenigen Rechtsfragen zu befinden, die sich aus Art. III Abs. 1 Satz 1 des 3. MietRÄndG i.d.F. des Gesetzes vom 5.6.1980 (BGBl I S. 657) ergeben (§ 1 Abs. 1 Nr. 14 Zuständigkeitsübertragungsverordnung Justiz, BayRS 300-1-3-J: § 3 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz vom 2.2.1988 GVBl S. 6).
2. Die Vorlage ist zulässig.
a) Das vorlegende Landgericht hat den Rechtsstreit als Berufungsgericht zu entscheiden (Art. III Abs. 1 Satz 1 des B. MietRÄndG). Gegenstand des Vorlagebeschlusses (Art. III Abs. 1 Satz 2 des 3. MietRÄndG) sind zwei Fragen, die sich aus einem Mietverhältnis über Wohnraum ergeben: Zum einen, ob schon während des gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 MHG für die sog. Kappungsgrenze maßgebenden Zeitraums von drei Jahren ein Mieterhöhungsverlangen wirksam gestellt werden kann; zum zweiten, ob die Zustimmungsfrist des § 2 Abs. 1 Satz 3 MHG bereits vor Ablauf des Drei Jahreszeitraums in Gang gesetzt und die Mieterhöhung unmittelbar nach seinem Ende wirksam werden kann. Beide Fragen sind Rechtsfragen, die unabhängig von den ...