Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen UR II 272/91)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 754/93)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 15. November 1993 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen; außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Auf die Geschäftswertbeschwerde der Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts in Nr. VI dahingehend abgeändert, daß der Geschäftswert für das Verfahren vor dem Amtsgericht und dem Landgericht auf 40.000 DM festgesetzt wird.

Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 40.000 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die bis zum 2.12.1992 von der Streitverkündeten verwaltet wurde; seit diesem Zeitpunkt ist die weitere Beteiligte Verwalterin.

Am 3.4.1991 beschlossen die Wohnungseigentümer, die Heizanlage einschließlich Kesselhaus zu erneuern und die neue Heizung von Öl auf Erdgas umzustellen.

Der Antragsteller hat am 3.5.1991 beantragt, den Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Im August 1991 wurde die neue Heizanlage installiert. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 30.11.1992 dem Antrag stattgegeben. Gegen diesen Beschluß haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt. Im Beschwerdeverfahren hat der Antragsteller erklärt, ihm gehe es nicht um die Entfernung der neuen Heizanlage, sondern in erster Linie um seine Beteiligung an den Sanierungskosten. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 15.11.1993 den Beschluß des Amtsgerichts aufgehoben und den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses abgewiesen. Den Geschäftswert hat es für beide Instanzen auf 10.000 DM festgesetzt. Gegen die Hauptsacheentscheidung hat der Antragsteller sofortige weitere Beschwerde eingelegt. Die Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegner haben gegen die Geschäftswertfestsetzung Beschwerde eingelegt und die Erhöhung des Geschäftswerts für das Verfahren vor dem Amtsgericht und vor dem Landgericht auf 40.000 DM beantragt.

II.

Die sofortige weitere Beschwerde ist nicht begründet. Die Geschäftswertbeschwerde hat Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Das Rechtsschutzbedürfnis für den Antrag auf Ungültigerklärung des Eigentümerbeschlusses sei zu bejahen; zwar wolle der Antragsteller den Einbau der neuen Heizanlage nicht rückgängig machen, ihm gehe es jedoch um seine Beteiligung an den Sanierungskosten.

Der Anfechtungsantrag sei unbegründet. Die beschlossene Sanierung entspreche ordnungsmäßiger Verwaltung. Aufgrund des unstreitigen Sachvortrags der Beteiligten und der glaubhaften Aussagen der vom Amtsgericht vernommenen sachkundigen Zeugen Z. und Sch. stehe folgender Sachverhalt fest: Die 35 Jahre alte, ursprünglich für feste Brennstoffe vorgesehene, gemauerte Anlage sei vor etwa 15 Jahren mit einem nicht mehr dem neuesten technischen Stand entsprechenden Ölbrenner nachgerüstet worden. Sie sei zum Zeitpunkt der Beschlußfassung über die Sanierung nicht mehr betriebssicher gewesen. Der gleichfalls ca. 35 Jahre alte Wasserkessel sei stark verkalkt gewesen und habe viele Roststellen aufgewiesen. Die Anlage sei überdimensioniert und damit unwirtschaftlich gewesen; sie hätte jedenfalls 1993 erneuert werden müssen, da sie nicht mehr den Regeln des Bundesimmissionsschutzgesetzes entsprochen habe. Eine so alte Anlage sei grundsätzlich als akut schadensanfällig zu bezeichnen.

Demgegenüber falle nicht ins Gewicht, daß die Heizanlage in den beiden letzten Jahren ordnungsgemäß funktioniert habe. Es wäre nicht sinnvoll gewesen abzuwarten, bis vorherzusehende Abnutzungserscheinungen die Anlage teilweise oder ganz funktionsuntüchtig gemacht hätten. Hinzu komme, daß die Erneuerung im Jahr 1993 gesetzlich vorgeschrieben gewesen wäre. Auch sei zu berücksichtigen, daß Steuervorteile ab 1.1.1992 nicht mehr hätten genutzt werden können.

Bei der beschlossenen Sanierungsmaßnahme handle es sich um eine modernisierende Instandhaltung. Eine solche könne nach der Gemeinschaftsordnung, wie hier geschehen, mit der einfachen Mehrheit der bei der Eigentümerversammlung anwesenden Wohnungseigentümer beschlossen werden.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Der Anfechtungsantrag ist zulässig, insbesondere fehlt nicht das Rechtsschutzbedürfnis.

Jeder Wohnungseigentümer hat das Recht, einen Wohnungseigentümerbeschluß vom Gericht auf seine Rechtsgültigkeit überprüfen zu lassen. Das Rechtsschutzbedürfnis wird vom Gesetz stillschweigend vorausgesetzt und braucht im Einzelfall nicht besonders dargelegt zu werden. Dies gilt sogar für Wohnungseigentümer, die dem Wohnungseigentümerbeschluß in der Wohnungseigentümerversammlung ausdrücklich zugestimmt haben. Denn das Anfechtungsrecht dient nicht nur dem persönlichen Interesse des anfechtenden Wohnungseigentümers oder dem Minderheitenschutz, sondern auch dem Interesse der Gemeinschaft...

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