Leitsatz (amtlich)

Zur Frage der Bindungswirkung eines Verweisungsbeschlusses, mit dem ein für die erhobene Vollstreckungsabwehrklage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zuständiges Gericht den Rechtsstreit an das gem. § 767 Abs. 1 ZPO zuständige Prozessgericht des ersten Rechtszugs verweist, nachdem die Klage wegen zwischenzeitlicher Zahlung unter Vorbehalt auf einen materiellrechtlichen Bereicherungsanspruch umgestellt wurde.

 

Normenkette

ZPO § 36 Abs. 1 Nr. 6, § 281 Abs. 2 S. 4, § 767 Abs. 1

 

Verfahrensgang

AG Schwabach (Aktenzeichen 1 C 1758/02)

AG Wiesloch (Aktenzeichen 2 C 23/03)

 

Tenor

Örtlich zuständig ist das AG Schwabach.

 

Gründe

I. Der Kläger hat gegen die Beklagte bei dem AG Wunsiedel Vollstreckungsabwehrklage mit dem Antrag erhoben, die Zwangsvollstreckung aus den Vollstreckungsbescheiden des AG Wunsiedel vom 3.5.1993 – und vom 11.10.1993 – Az.: 4222/93 – für unzulässig zu erklären. Das AG Wunsiedel wies die Parteien darauf hin, dass für die Vollstreckungsabwehrklage gem. §§ 767 Abs. 1, 796 Abs. 3, 802 ZPO das Gericht ausschließlich zuständig sei, das im ersten Rechtszug für eine Entscheidung im Streitverfahren zuständig gewesen wäre. Nach diesem gerichtlichen Hinweis beantragte der Kläger die Verweisung des Rechtsstreits an das gem. §§ 767 Abs. 1, 796 Abs. 3 ZPO zuständige AG Schwabach, da er bei Erlass der Vollstreckungsbescheide als damaliger Schuldner im Amtsgerichtsbezirk Schwabach gewohnt habe (§ 12 ZPO); zugleich teilte der Kläger mit, er habe die von der Beklagten geltend gemachte Forderung zur Abwendung der Zwangsvollstreckung unter Vorbehalt bezahlt. Infolgedessen erkläre er die mit der ursprünglich erhobenen Vollstreckungsabwehrklage gestellten Sachanträge für erledigt und erweitere die Klagen nunmehr dahingehend, dass beantragt werde, die Beklagte zur Rückzahlung von 182,14 Euro zu verurteilen.

Die Beklagte rügte bei dem AG Wunsiedel die örtliche Zuständigkeit des angerufenen Gerichts und beantragte, den Rechtsstreit an das AG Wiesloch zu verweisen, da sie in dessen Bezirk ihren Sitz habe.

Mit Beschluss vom 19.12.2002 erklärte sich das AG Wunsiedel für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit gem. § 281 ZPO auf Antrag des Klägers an das AG Schwabach.

Das AG Schwabach wies die Parteien mit Verfügung vom 14.1.2003 darauf hin, dass für den von dem Kläger nunmehr geltend gemachten Zahlungsanspruch das Gericht am Sitz der Beklagten zuständig sei. Der Kläger trug hierzu vor, er halte das AG Schwabach gem. § 767 Abs. 1 ZPO auch für die Klage auf Rückzahlung des zur Abwendung der Zwangsvollstreckung bezahlten Betrages für zuständig; er beantrage jedoch hilfsweise betreffend die Klageerweiterung die Abtrennung des Verfahrens und Verweisung des Rechtsstreits an das AG Wiesloch.

Mit Beschluss vom 10.2.2003 legte das AG Schwabach die Kosten der Vollstreckungsabwehrklage, nachdem die Parteien die Hauptsache insoweit einvernehmlich für erledigt erklärt hatten, der beklagten Partei auf und trennte die Zahlungsklage ab. Bezüglich der Zahlungsklage erklärte sich das AG Schwabach für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das örtlich zuständige AG Wiesloch. Zur Begründung führte das AG Schwabach im Wesentlichen aus, für die auf ungerechtfertigte Bereicherung gestützte Zahlungsklage sei das AG Wiesloch, in dessen Bezirk die Schuldnerin ihren Sitz habe, zuständig.

Das AG Wiesloch hat mit Beschluss vom 24.2.2003 die Übernahme des Verfahrens abgelehnt und dies im Wesentlichen mit der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des AG Wunsiedel begründet. Das AG Schwabach hat daraufhin die Akten dem BayObLG zur Bestimmung des zuständigen Gerichts vorgelegt.

II. 1. Das BayObLG ist für die Entscheidung des negativen Zuständigkeitsstreits zwischen dem zuerst mit der Sache befassten AG Schwabach und dem AG Wiesloch zuständig (§ 36 Abs. 2 ZPO, § 9 EGZPO). Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gem. § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen vor.

2. Das AG Schwabach ist infolge der Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des AG Wunsiedel vom 19.12.2002 zuständig geworden.

a) Nach § 281 Abs. 2 S. 4 ZPO ist ein Verweisungsbeschluss für das Gericht, an das verwiesen wird, bindend. Diese Bindungswirkung ist auch im Bestimmungsverfahren nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO zu beachten (Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 36 Rz. 28). Die Bindungswirkung entfällt nur dann, wenn die Verweisung offensichtlich gesetzwidrig ist, so dass sie als objektiv willkürlich erscheint, oder wenn sie auf einer Verletzung des rechtlichen Gehörs beruht (BGH v. 10.12.1987 – I ARZ 809/87, BGHZ 102, 338 [341] = MDR 1988, 470; BayObLG v. 16.7.1991 – AR 1 Z 57/91, BayObLGZ 1991, 280 [281 f.]; Zöller/Greger, § 281 Rz. 17 und 17a).

b) Die Voraussetzungen, unter denen die Bindungswirkung des Verweisungsbeschlusses des AG Wunsiedel vom 19.12.2002 entfallen könnte, liegen nicht vor. Die ausschließliche Zuständigkeit des AG Schwabach für die ursprünglich von dem Kläger erhobene Vollstreckungsabwehrklage ergibt sich aus §§ 767 Abs. 1,

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