Leitsatz (amtlich)

Auslegung eines vor einem spanischen Notar errichteten Testaments, in dem der deutsche Erblasser seine Lebensgefährtin zur Alleinerbin des in Spanien belegenen Vermögens einsetzt und erklärt, dass er seinen Kindern ausreichend Vermögensgegenstände in seinem in Deutschland errichteten Testament zugedacht hat, um deren Pflichtteilsansprüche in Deutschland abdecken zu können.

 

Verfahrensgang

LG München I (Beschluss vom 06.11.2003; Aktenzeichen 16 T 21944/02)

AG München (Aktenzeichen 66-VI 14991/00)

 

Tenor

I. Die weitere Beschwerde der Beteiligten zu 1) gegen den Beschluss des LG München I vom 6.11.2003 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass Ziff. II des landgerichtlichen Beschlusses wie folgt gefasst wird:

Das AG München - Nachlassgericht - wird angewiesen, der Beteiligten zu 2) einen Erbschein zu erteilen, der die Beteiligte zu 1) als Miterbin zu 1/2 und die Beteiligten zu 2) und 3) als Miterben zu je 1/4 ausweist.

II. Die Beteiligte zu 1) hat die den Beteiligten zu 2) und 3) im Verfahren der weiteren Beschwerde entstandenen Kosten zu erstatten.

III. Der Geschäftswert des Verfahrens der weiteren Beschwerde wird auf 50.000 Euro festgesetzt.

 

Gründe

I. Der geschiedene Erblasser ist im Jahre 2000 im Alter von 64 Jahren in Spanien verstorben. Er war deutscher Staatsangehöriger. Die Beteiligte zu 1) war seit etwa 1980 seine Lebensgefährtin, die Beteiligte zu 2) ist die Tochter des Erblassers aus der 1981 geschiedenen Ehe, der Beteiligte zu 3) der Sohn aus einer anderer Beziehung. Weitere Kinder hatte der Erblasser nicht.

Der Erblasser war Architekt und im Raum München als Bauträger tätig. Anfang 1989 erwarb er ein Anwesen in Spanien, wo er in der Folge überwiegend lebte. 1989 verfügte er in Deutschland sowohl über Immobilien- als auch über Kapitalvermögen. Zum Zeitpunkt seines Todes befand sich in Deutschland kein nennenswertes Vermögen mehr. Ob das in Spanien belegene Vermögen den gesamten Nachlass darstellt oder ob in anderen Ländern, etwa der Schweiz oder Luxemburg, noch weitere Vermögensgegenstände vorhanden sind, ist zwischen den Beteiligten streitig.

Mit dem in München errichteten notariellen Testament vom 19.10.1988 hat der Erblasser die Beteiligte zu 1) zur Hälfte, die Beteiligten zu 2) und 3) jeweils zu 1/4 als Erben eingesetzt. Ferner hat er der Beteiligten zu 1) vermächtnisweise das Inventar sowie die persönlichen Wertgegenstände in der gemeinsam bewohnten Wohnung zugewandt sowie seiner Mutter eine Rente von monatlich 5.000 DM ausgesetzt. Darüber hinaus hat er angeordnet, sämtliche in seinem Eigentum stehende Immobilien innerhalb eines Jahres nach dem Erbfall zu veräußern und seine Firma unverzüglich nach Abwicklung der laufenden Geschäftsbeziehungen aufzulösen. Des Weiteren hat er Testamentsvollstreckung angeordnet, die nach dem Verkauf der letzten Immobilie und Verteilung des Erlöses enden sollte.

Am 12.4.1989 hat der Erblasser vor einem Notar in Spanien ein Testament errichtet, das in deutscher Übersetzung auszugsweise wie folgt lautet:

"Erstens. Der Wille des Testierenden ist, dieses Testament einzig und ausschließlich auf seine in Spanien befindlichen Vermögensgegenstände, Rechte und Aktien zu beschränken, unbeschadet sonstiger Testamente, die von ihm in seinem Heimatland errichtet wurden oder werden, und soweit sie mit der Wirksamkeit des vorliegenden Testamentes vereinbar sind.

Zweitens. Zur Universalerbin all seiner in Spanien befindlichen Vermögensgegenstände, Rechte und Aktien setzt er (die Beteiligte zu 1)) ein. An ihrer Stelle treten als Ersatzerben die Kinder des Testierenden (Beteiligte zu 2) und 3), als deren Ersatzerben wiederum werden deren Abkömmlinge eingesetzt.

Drittens. Der Testierende erklärt, dass er seinen genannten Kindern ausreichend Vermögensgegenstände in seinem in Deutschland errichteten Testament zugedacht hat, um deren Pflichtteilsansprüche in Deutschland abdecken zu können."

Der vom Erblasser eingesetzte Testamentsvollstrecker ist am 8.2.2003 verstorben; einen neuen Testamentsvollstrecker hat das Nachlassgericht nicht ernannt.

Die Beteiligte zu 2) hat, gestützt auf das Testament vom 19.10.1988, die Erteilung eines Erbscheins beantragt, der sie und den Beteiligten zu 3) als Erben zu je 1/4, die Beteiligte zu 1) als Erbin zu 1/2 ausweist. Sie ist der Auffassung, das Testament vom 12.4.1989 beinhalte eine Teilungsanordnung oder ein Vorausvermächtnis für die Beteiligte zu 1) und ändere nichts an der mit Testament vom 19.10.1988 vorgenommenen Erbeinsetzung. Im Zeitpunkt der Errichtung des Testaments vom 12.4.1989 habe sich das Vermögen des Erblassers noch weitgehend in Deutschland befunden, auch habe er seinen Lebensmittelpunkt noch nicht nach Spanien verlegt gehabt. Der größte Teil des Nachlasses befinde sich wahrscheinlich weder in Spanien noch in Deutschland, sondern etwa in der Schweiz oder in Luxemburg.

Die Beteiligte zu 1) hat die Erteilung eines Alleinerbscheins beantragt. Sie ist der Auffassung, der Erblasser habe ihr mit dem Testament vom 12.4.1989 seinen gesamt...

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