Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 14 S 8493/91) |
AG München (Aktenzeichen 213 C 21240/90) |
Tenor
Der Zuschlag von Wohnungseigentum im Wege der Zwangsversteigerung ist als Veräußerung im Sinn des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB anzusehen. Die in dieser Vorschrift enthaltene Einschränkung des Rechts zur Kündigung wegen Eigenbedarfs ist auch dann zu beachten, wenn das Mietverhältnis gemäß § 57 a ZVG unter Einhaltung der gesetzlichen Frist gekündigt wird.
Tatbestand
I.
Der Beklagte ist Mieter einer Vier-Zimmer-Wohnung in München. Er hat die Wohnung im Jahr 1974 von der damaligen Eigentümerin des Anwesens, einer Miteigentümergemeinschaft, angemietet. Die Gemeinschaft verkaufte das Grundstück an die Firma GmbH, die auch als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen wurde. Durch Teilungserklärung vom 5.8.1981, geändert durch Nachtrag vom 14.1.1983 und im Grundbuch vollzogen am 29.9.1983, würde das auf dem Grundstück errichtete Gebäude in Wohnungs- und Teileigentum aufgeteilt. Das Eigentum an der von dem Beklagten gemieteten Wohnung verblieb bei der Firma GmbH.
In der Folgezeit ordnete das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung der Eigentumswohnung an. Mit Beschluß vom 23.4.1990 erteilte es dem Kläger den Zuschlag. Dieser kündigte mit Schreiben vom 24.4.1990 das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs zum 31.7.1990. Er machte geltend, seine Mutter, die bereits in, vorgerücktem Alter sei und weit außerhalb Münchens wohne, wolle in die Räume einziehen. Der Beklagte räumte die Wohnung nicht.
Der Kläger hat Räumungsklage erhoben und den Eigenbedarf ergänzend auch darauf gestützt, daß auch sein 21jähriger. Sohn in die Wohnung ziehen und dort mit der Großmutter einen gemeinsamen Haushalt führen wolle. Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Kündigung des Klägers, der nach §§ 57 ZVG, 571 BGB in das Mietverhältnis eingetreten sei, sei nach § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Bei dem Erwerb des Sondereigentums an der Wohnung nach der Teilung habe kein Wechsel der Vermieterpartei im Sinne des § 571 BGB stattgefunden und somit auch kein Erwerb im Sinne des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB. Vielmehr liege die erstmalige Veräußerung im Sinne der letztgenannten Vorschrift erst in dem Erwerb durch den Kläger im Wege der Zwangsversteigerung. Der Kläger könne daher das Mietverhältnis erst nach Ablauf der in § 564 b Abs. 2. Nr. 2 Satz 2 BGB festgelegten Wartefrist wegen Eigenbedarfs kündigen.
Gegen diese Entscheidung hat der Kläger Berufung eingelegt. Das Landgericht hat beschlossen, einen Rechtsentscheid zu folgender Frage einzuholen:
Ist der Erwerb von Wohnungseigentum in der Zwangsversteigerung ein Erwerb aufgrund von „Veräußerung”. im Sinne des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB?
Es hat ausgeführt, es folge der Rechtsauffassung des Amtsgerichts, daß die Zuweisung des Sondereigentums an die Firma … GmbH noch keinen (erstmaligen) Erwerbsvorgang im Sinne des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB darstelle. Da nach ganz herrschender Meinung, der sich auch die Kammer anschließe, sich der Anwendungsbereich des § 564 b auch auf die ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses gemäß § 57 a ZVG erstrecke, komme es streitentscheidend darauf an, ob sich der Beklagte gegenüber der formell wirksamen und schlüssigen Eigenbedarfskündigung des Klägers auf die Wartefrist-des § 564 b Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 BGB berufen könne.
Entscheidungsgründe
II.
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist für die Entscheidung über die Vorlage zuständig (§ 541 Abs. 2 ZPO, § 1 Nr. 14 Zuständigkeitsübertragungsverordnung Justiz BayRS 300-1-3-J, § 3 Gerichtliche Zuständigkeitsverordnung Justiz BayRS 300-3-1-J).
2. Die Vorlage ist zulässig.
a) Die vorgelegte Rechtsfrage ist einem Rechtsentscheid zugänglich, da sie den Bestand eines Mietvertragsverhältnisses über Wohnraum betrifft.
b) Die Rechtsfrage ist auch entscheidungserheblich. Dabei ist maßgebend, welche Rechtsauffassung das Landgericht in dem Vorlagebeschluß vertritt sowie welche Tatsachenfeststellung und -würdigung es zugrunde legt, es sei denn diese wären unhaltbar (BayObLGZ 1987, 36/38, ständige Rechtsprechung).
aa) Das Landgericht möchte die Kündigungsvorschrift des § 564 b BGB anwenden, obwohl die Kündigung auf das Sonderkündigungsrecht nach § 57 a ZVG gestützt ist. Dies entspricht der inzwischen herrschenden Meinung in Rechtsprechung und Literatur (vgl. BGHZ 84, 90/100; Schmidt-Futterer/Blank Wohnraumschutzgesetze 6. Aufl. Rn. B 577 jeweils m.w.Nachw.).
bb) Das Landgericht hält die Kündigung des Klägers für formell wirksam und hinsichtlich des Eigenbedarfs für schlüssig. Auch gegen diese Beurteilung bestehen unter Berücksichtigung der dem Senat gesetzten Grenzen der Überprüfung keine Bedenken; sie ist jedenfalls vertretbar.
cc) Ferner liegt nach Auffassung des Landgerichts in der Begründung des Wohnungseigentums an der fraglichen Wohnung in der Hand der bisherigen Grundstückseigentümerin keine Veräußerung im Sinne von § 564...