Leitsatz (amtlich)
Das gemäß § 889 Abs. 1 ZPO für die Entgegennahme einer eidesstattlichen Versicherung örtlich zuständige Amtsgericht als Vollstreckungsgericht ist auch für die Festsetzung von Zwangsmitteln gemäß § 889 Abs. 2 ZPO zuständig.
Verfahrensgang
AG Erlangen (Aktenzeichen 651 M 3460/19) |
AG Schleswig (Aktenzeichen 6 M 2281/19) |
AG Erlangen (Aktenzeichen 606 M 926/20) |
Tenor
Die Voraussetzungen für die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO liegen nicht vor.
Gründe
I. Die im Bezirk des Amtsgerichts Schleswig wohnende Schuldnerin ist Erbin nach ihrem Ehemann. Die beiden im Bezirk des Amtsgerichts Erlangen wohnenden Gläubiger sind Kinder des Ehemanns aus einer früheren Ehe. Sie erlangten im Wege der Widerklage ein Teilurteil des Amtsgerichts Erlangen, in dem die Schuldnerin verurteilt wurde, an Eides statt zu versichern, dass der Bestand des Nachlasses ihres Ehemanns in einem notariellen Nachlassverzeichnis so vollständig wie möglich und nach bestem Wissen angegeben sei; zur Begründung führte das Gericht aus, der Anspruch ergebe sich aus § 2314 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 260 Abs. 2 BGB. Die Berufung der Schuldnerin dagegen wies das Landgericht Nürnberg-Fürth zurück (Az. 6 S 8747/18).
Mit Schriftsatz vom 17. Oktober 2019 haben die Gläubiger beim Amtsgericht Erlangen - Vollstreckungsgericht - beantragt, einen Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung zu bestimmen. Das Amtsgericht Erlangen hat den Antrag unter dem Aktenzeichen 651 M 3460/19 erfasst und den Gläubigern mit Verfügung vom 21. Oktober 2019 mitgeteilt, es sei örtlich unzuständig, weil sich die Zuständigkeit nach dem allgemeinen Gerichtsstand der Schuldnerin richte (§§ 889 Abs. 1, 802 ZPO), und ihnen Gelegenheit gegeben, einen Antrag auf Abgabe an das Amtsgericht Schleswig - Vollstreckungsgericht - zu stellen oder den Antrag zurückzunehmen. Nachdem die Gläubiger die Abgabe beantragt hatten, hat sich das Amtsgericht Erlangen - ohne Anhörung der Schuldnerin - mit Beschluss vom 29. Oktober 2019 für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht Schleswig verwiesen. Der Beschluss ist nur den Gläubigern mitgeteilt worden.
Das Amtsgericht Schleswig hat unter dem Aktenzeichen 6 M 2281/19 Termin zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung bestimmt. In diesem Termin hat die Schuldnerin erklärt, der Verpflichtung zur Abgabe der eidesstattlichen Versicherung gemäß dem Teilurteil des Amtsgerichts Erlangen nicht nachkommen zu können, weil das Landgericht Nürnberg-Fürth zeitlich nach dem amtsgerichtlichen Urteil ausgeurteilt habe, dass das ursprüngliche Nachlassverzeichnis verbessert bzw. ergänzt werden solle (Az. 6 S 8747/18); sie habe daraufhin das ursprüngliche Nachlassverzeichnis nachgebessert. Dieses versichere sie an Eides statt.
Die Gläubiger haben hierzu die Auffassung vertreten, dass die Schuldnerin die eidesstattliche Versicherung, zu deren Abgabe sie verurteilt worden sei, nicht abgegeben habe und deren Angaben unzutreffend seien, weil das amtsgerichtliche Teilurteil rechtskräftig sei, sowie um Mitteilung gebeten, wie in der Sache weiter verfahren werden solle. Das Amtsgericht Schleswig hat darauf geantwortet, dass es den Gläubigern obliege, einen Antrag gemäß § 889 Abs. 2 ZPO zu stellen.
Mit an das Amtsgericht Erlangen - Vollstreckungsgericht - gerichtetem Antrag vom 11. März 2020, bei Gericht am 16. März 2020 eingegangen, haben die Gläubiger beantragt, die Schuldnerin zu einem Zwangsgeld zu verpflichten, hilfsweise zu Zwangshaft, weil sie die eidesstattliche Versicherung nicht abgegeben habe. Das Amtsgericht Erlangen hat den Antrag unter dem Aktenzeichen 606 M 926/20 erfasst sowie sich mit Beschluss vom 17. März 2020 - ohne Anhörung der Parteien - für örtlich unzuständig erklärt und das Verfahren an das Amtsgericht Schleswig verwiesen. Zur Begründung hat es, wie schon in seinem Beschluss vom 29. Oktober 2019, 651 M 3460/19, ausgeführt, dass sich die örtliche Zuständigkeit des Vollstreckungsgerichts in Verfahren auf Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung nach bürgerlichem Recht gemäß §§ 889 Abs. 1, 802 ZPO ausschließlich nach dem Wohnsitz des Schuldners bzw. in Ermangelung eines solchen nach dessen Aufenthalt bestimme; sei beides nicht vorhanden, sei die eidesstattliche Versicherung vor dem Vollstreckungsgericht am Sitz des Prozessgerichts im ersten Rechtszug zu leisten. Das angegangene Gericht sei örtlich unzuständig, weil die Schuldnerin im Bezirk des Amtsgerichts Schleswig wohne; das ergebe sich aus den Angaben der Gläubiger. Auch dieser Beschluss ist nur den Gläubigern mitgeteilt worden.
Die Akten 606 M 926/20 sind am 26. März 2020 beim Amtsgericht Schleswig eingegangen, das sie zu seinen Akten 6 M 2281/19 genommen hat. Mit Beschluss vom 2. April 2020 hat sich das Amtsgericht Schleswig für unzuständig erklärt, weil das Amtsgericht Erlangen als Prozessgericht des ersten Rechtszugs zuständig sei, und die Sache dem Oberlandesgericht Nürnberg vorgelegt. Der Beschluss ist ohne Anhörung der Parteien e...