Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Feststellung
Leitsatz (amtlich)
1. Im Wohnungseigentumsverfahren kann die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gegenüber einem Beteiligten oder seinem Vertreter dadurch in Lauf gesetzt werden, daß die Entscheidung des Amtsgerichts durch Verlesen der vollständigen Entscheidung samt Gründen in dessen Gegenwart bekannt gemacht wird; ob die Anwesenheit aller am Wohnungseigentumsverfahren Beteiligten erforderlich ist, kann offen bleiben (Anschluß an BayObLGZ 2001, 145).
2. Für das Inlaufsetzen der Frist ist es unerheblich, zu welchem Zeitpunkt das in der mündlichen Verhandlung mittels Tonträgers aufgezeichnete vorläufige Protokoll endgültig hergestellt wurde.
Normenkette
FGG § 16 Abs. 3; WEG § 45 Abs. 1; ZPO §§ 159, 160a
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen 484 UR II 1009/99) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 573/01) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 2 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 9. Juli 2001 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner zu 2 haben die gerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 5.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner zu 2 sind die Wohnungseigentümer einer Anlage, die von der weiteren Beteiligten verwaltet wird. Der Antragsgegner zu 1 war bis 31.12.1999 Verwalter der Wohnanlage.
Das Amtsgericht München hat auf Betreiben des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung am 13.12.2000 Beschlüsse der Wohnungseigentümer vom 15.12.1999 und 14.6.2000 für ungültig erklärt, die Antragsgegner zu 2 verpflichtet, Statikmängel in der Dachkonstruktion zu sanieren, und festgestellt, daß die Antragsgegner zu 2 einen Teil derjenigen Mehrkosten zu ersetzen hätten, die auf dem unterbliebenen Vollzug des Eigentümerbeschlusses vom 20.7.1999, der die Sanierung von Deckenbalken im Speicherbereich vorsah, beruhten.
Ausweislich des vom Richter geführten und vorläufig auf Tonträger aufgezeichneten, anschließend am 18.12.2000 in Langschrift übertragenen Protokolls wurde der Beschluß in vollständiger Fassung mit Tenor und Gründen in der mündlichen Verhandlung in Anwesenheit des Antragstellers und seines Bevollmächtigten, des Antragsgegners zu 1 sowie des anwaltlichen Bevollmächtigten der Antragsgegner zu 1 und 2, ferner eines Vertreters der weiteren Beteiligten verkündet. Dem Antragsgegnervertreter zugestellt wurde die gerichtliche Niederschrift am 29.12.2000.
Die Antragsgegner zu 2 haben beim Amtsgericht am 12.1.2001 sofortige Beschwerde eingelegt und diese später auf die gerichtliche Feststellung, zum Teilersatz von Mehrkosten verpflichtet zu sein, beschränkt. Sie sind davon ausgegangen, daß in der Verhandlung vom 13.12.2000 die Entscheidung nicht „zu Protokoll” bekannt gemacht worden sei. Vorsorglich haben sie Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde gestellt mit der Begründung, es sei für ihren Verfahrensbevollmächtigten nicht ersichtlich gewesen, daß in der Sitzung selbst ein Protokoll gefertigt worden sei.
Das Landgericht hat mit Beschluß vom 9.7.2001 Wiedereinsetzung versagt und die sofortige Beschwerde verworfen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner zu 2.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Das Rechtsmittel der Antragsgegner zu 2 sei unzulässig, weil es nicht innerhalb der Frist von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung eingelegt worden sei. Einem Anwesenden könne die Entscheidung nach § 16 Abs. 3 FGG auch zu Protokoll bekannt gemacht werden. Die Voraussetzungen dieser Bestimmung lägen hier vor. Die Zustellung der Ausfertigung des vom Richter vorläufig aufgezeichneten, sodann in Langschrift übertragenen und schließlich vom Richter unterzeichneten Protokolls sei für den Lauf der Rechtsmittelfrist rechtlich unerheblich. Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor, weil der Verfahrensbevollmächtigte der Antragsgegner zu 2 die Bedeutung der Bekanntmachung der Entscheidung nicht erfaßt habe. Dieses Verschulden müßten sich die Antragsgegner zu 2 zurechnen lassen.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
(1) Im Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 13.12.2000 ist zwar nicht die Anwesenheit sämtlicher Antragsgegner zu 2, also aller übrigen Wohnungseigentümer, wohl aber die Anwesenheit ihres Verfahrensbevollmächtigten festgehalten. Dessen Anwesenheit genügt (vgl. § 176 ZPO; ferner OLG Düsseldorf FGPrax 1995, 37; OLG Hamm WE 1997, 194; Keidel/Schmidt FGG 14. Aufl. § 16 Rn. 25). Ob es für die Wirksamkeit der Bekanntmachung nach § 16 Abs. 3 FGG im Wohnungseigentumsverfahren der Anwesenheit (oder Vertretung) sämtlicher Beteiligter bedarf, wie dies in dem Beschluß des Senats vom 28.5.2001 (BayObLGZ 2001, 145; siehe auch BayObLG WE 1991, 290; 1990, 140/141; Bärmann/Merle WEG 8. Aufl. § 44 ...