Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache: Fristbeginn zur Einlegung der sofortigen Beschwerde. Wohnungseigentumssache. Schadensersatz

 

Leitsatz (amtlich)

Im Wohnungseigentumsverfahren wird die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde dadurch in Lauf gesetzt, daß die Entscheidung des Amtsgerichts durch Verlesen der vollständigen Entscheidung samt Gründen in Gegenwart aller Beteiligten oder ihrer Vertreter bekannt gemacht wird. Dies verstößt weder gegen den verfassungsrechtlichen Anspruch auf einen wirkungsvollen Rechtsschutz noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz.

 

Normenkette

GG Art. 2 Abs. 1, Art. 3 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3; WEG § 45 Abs. 1; FGG § 16 Abs. 3

 

Verfahrensgang

AG München (Aktenzeichen 484 UR II 254/00)

LG München I (Aktenzeichen 1 T 260/01)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 18. Januar 2001 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 16 760,20 DM festgesetzt.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller ist Wohnungseigentümer in einer Anlage, die von der Antragsgegnerin verwaltet wird. Im November 1999 erkrankte der Antragsteller an Legionellose. In der Folgezeit wurden im Warmwasser der Wohnanlage Legionellen festgestellt. Der Antragsteller hat die Ansicht vertreten, die Antragsgegnerin habe ihr obliegende Verwalterpflichten bei der Wartung und beim Betrieb der Warmwasseranlage verletzt und dadurch seine Erkrankung verschuldet. Er hat beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegnerin zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 1 760,20 DM und eines Schmerzensgeldes von mindestens 15 000 DM zu verpflichten. Das Amtsgericht hat im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 29.11.2000 den Antrag abgewiesen. Ausweislich des Sitzungsprotokolls wurden Tenor und Gründe in Anwesenheit des Antragstellers und seines Verfahrensbevollmächtigten, eines Rechtsanwalts, sowie des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsgegnerin verkündet.

Gegen den am 14.12.2000 zugestellten Beschluß hat der Antragsteller durch seinen Verfahrensbevollmächtigten am 20.12.2000 sofortige Beschwerde eingelegt und nach Hinweis auf die Versäumung der Frist zur Einlegung des Rechtsmittels am 12.1.2001 Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt. Das Landgericht hat durch Beschluß vom 18.1.2001 dem Antragsteller Wiedereinsetzung in den vorigen Stand versagt und die sofortige Beschwerde verworfen.

Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde.

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat ausgeführt:

Die Frist für die Einlegung der sofortigen Beschwerde habe nach § 16 Abs. 3 FGG mit der Verkündung des Beschlusses in Anwesenheit der Beteiligten bzw. ihrer Verfahrensbevollmächtigten zu laufen begonnen. Entgegen der Meinung des Antragstellers sei die Vorschrift des § 16 Abs. 3 FGG nicht verfassungswidrig; eine Pflicht zur Vorlage an das Bundesverfassungsgericht bestehe daher nicht. Weder der verfassungsrechtliche Anspruch auf effektiven Rechtsschutz noch der Gleichheitsgrundsatz würden dadurch verletzt, daß sich die Regelungen über den Beginn der Rechtsmittelfrist im Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit von den Vorschriften der Zivilprozeßordnung unterscheiden.

Die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand lägen nicht vor. Ein Irrtum des Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers über den Beginn der Rechtsmittelfrist sei nicht unverschuldet. Auf das Fehlen einer im Gesetz nicht vorgesehenen Rechtsmittelbelehrung könne sich der durch einen Rechtsanwalt vertretene Antragsteller nicht berufen.

2. Die angefochtene Entscheidung ist frei von Rechtsfehlern.

a) Die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde in Wohnungseigentumssachen beträgt zwei Wochen und beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem die angefochtene Entscheidung dem Beschwerdeführer bekannt gemacht worden ist (§ 43 Abs. 1, § 45 Abs. 1 WEG, § 22 Abs. 1 FGG). Da mit der Bekanntmachung der Entscheidung des Amtsgerichts eine Frist beginnt, ist die Entscheidung grundsätzlich durch Zustellung nach den für die Zustellung von Amts wegen geltenden Vorschriften der Zivilprozeßordnung (vgl. §§ 208 ff., §§ 166 ff. ZPO) bekannt zu machen (§ 16 Abs. 2 Satz 1 FGG). Einem Anwesenden kann die Entscheidung jedoch auch zu Protokoll bekannt gemacht werden (§ 16 Abs. 3 Satz 1 FGG). In diesem Fall muß die vollständige Entscheidung einschließlich der Gründe durch Verlesen in Gegenwart aller Beteiligten oder ihrer Vertreter bekannt gemacht werden; damit wird die Frist zur Einlegung der sofortigen Beschwerde in Gang gesetzt (BayObLGZ 1999, 82/83; BayObLG NZM 1999, 575 m.w.N.).

b) Die Voraussetzungen einer gemäß § 16 Abs. 3 FGG wirksamen Bekanntmachung der Entscheidung des Amtsgerichts liegen vor.

(1) Der Antragsteller macht Ansprüche gegen die Verwalterin wegen Verletzung der ihr bei der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums obliegenden P...

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