Entscheidungsstichwort (Thema)

Wohnungseigentumssache. Ungültigerklärung von Eigentümerbeschlüssen

 

Leitsatz (amtlich)

1. Ein Beschluß, durch den sich der Verwalter ermächtigen läßt, die Wohnungseigentümer gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten sowie Rechtsanwälte mit der Interessenwahrnehmung der Wohnungseigentümer zu beauftragen, entspricht im allgemeinen auch dann dem Grundsatz ordnungsmäßiger Verwaltung, wenn er im Hinblick auf ein Verfahren gefaßt wird, das ein Wohnungseigentümer gegen die übrigen angestrengt hat. Für einen solchen Beschluß genügt die einfache Stimmenmehrheit, falls nicht die Gemeinschaftsordnung anderes festlegt (Ergänzung zu BayObLG WuM 1997, 396).

2. Bei der Beschlußfassung in der Wohnungseigentümerversammlung ist die Mehrheit nur nach der Zahl der abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen zu berechnen; Enthaltungen sind nicht mitzuzählen (wie BGHZ 106, 179).

3. Die Verlegung von Trittplatten mit Zwischenräumen, die als Gehhilfe Sondernutzungsflächen mit einem befestigten Weg über eine im Gemeinschaftseigentum stehende Rasenfläche verbinden, stellt eine bauliche Veränderung dar. Ob dadurch den anderen Wohnungseigentümern über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst, ist Tatfrage.

 

Normenkette

WEG § 14 Nr. 1, § 22 Abs. 1, § 23 Abs. 1, 4, §§ 25, 27 Abs. 2 Nr. 5

 

Verfahrensgang

LG München II (Aktenzeichen 6 T 1148/98)

AG Garmisch-Partenkirchen (Aktenzeichen UR II 266/97 und 270/97)

 

Tenor

I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts München II vom 29. Dezember 2000 aufgehoben.

II. Die sofortigen Beschwerden der Antragsteller zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen vom 27. November 1998 (UR II 0266/97) und des Antragstellers zu 2 gegen den Beschluß vom 30. Januar 1998 (UR II 0270/97) werden zurückgewiesen.

III. Die sofortige weitere Beschwerde der weiteren Beteiligten zu 1 wird verworfen.

IV. Die Anschlußrechtsbeschwerde der Antragsteller zu 1 wird zurückgewiesen.

V. Die Antragsteller zu 1 haben samtverbindlich die im Verfahren UR II 0266/97 AG Garmisch-Partenkirchen entstandenen Gerichtskosten zu tragen und den Antragsgegnern sowie der weiteren Beteiligten zu 1 2/3 der dort angefallenen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Antragsteller zu 2 hat die im Verfahren UR II 0270/97 AG Garmisch-Partenkirchen entstandenen Gerichtskosten zu tragen.

Die Gerichtskosten des Beschwerde- und des Rechtsbeschwerde Verfahrens haben zu 10/11 samtverbindlich die Antragsteller zu 1 und 2, im übrigen samtverbindlich die Antragsteller zu 1 zu tragen. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Antragsteller, die Antragsgegner sowie die weiteren Beteiligten im übrigen selbst. Die Beschlüsse des Amtsgerichts Garmisch-Partenkirchen werden entsprechend abgeändert.

VI. Der Geschäftswert wird festgesetzt

  • für den ersten Rechtszug im Verfahren UR II 0266/97 AG Garmisch-Partenkirchen auf 27.500 DM und im Verfahren UR II 0270/97 AG Garmisch-Partenkirchen auf 10.000 DM,
  • für den zweiten Rechtszug bis 4. Mai 1999 auf 27.500 DM und danach sowie für die Rechtsbeschwerde auf 11.000 DM.

VII. Die Beschwerde des Verfahrensbevollmächtigten der Antragsteller zu 1 gegen die Geschäftswertfestsetzung durch das Landgericht wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Die Antragsteller zu 1 und 2 sowie die Antragsgegner sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage, die aus drei Gebäuden und einer Tiefgarage besteht. Den Antragstellern zu 1 gehört eine Dachgeschoßwohnung. Als Verwalterin der Wohnanlage war die weitere Beteiligte zu 1 tätig. Die weitere Beteiligte zu 2 wurde am 24.11.2000 mit Wirkung ab 1.1.2001 als neue Verwalterin der Anlage bestellt.

Nach § 2 der Gemeinschaftsordnung (GO) richtet sich das Stimmrecht nach der Größe der Miteigentumsanteile.

Der Antragsteller zu 2 ist seit Ende Januar 1997 als Wohnungseigentümer im Grundbuch eingetragen. Im April 1997 leitete er ein Verfahren vor dem Wohnungseigentumsgericht gegen die übrigen Wohnungseigentümer und die frühere Verwalterin ein. In der außerordentlichen Eigentümerversammlung vom 29.10.1997, deren Protokoll als anwesend bzw. durch Vollmacht vertreten 890,170/1000 Miteigentumsanteile ausweist, wurde unter Tagesordnungspunkt (TOP) 3 folgender Beschluß gefaßt:

Der Verwalter wird beauftragt und bevollmächtigt, die Miteigentümer umfassend gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Diese Bevollmächtigung bezieht sich insbesondere auf das Gerichtsverfahren, das vom Miteigentümer … gegen die übrigen Miteigentümer vor dem AG … unter dem Aktenzeichen … eingeleitet worden ist. Diese Vollmacht umfaßt die Befugnis des Verwalters, eine Rechtsanwaltskanzlei mit der anwaltlichen Wahrnehmung der Interessen der WEG zu beauftragen und Prozeßvollmacht zu erteilen.

Zum Abstimmungsergebnis wurden 460,770/1000 Ja-Stimmen, 190,180/1000 Enthaltungen und 239,220/1000 Nein-Stimmen sowie als Endabstimmungsergebnis „mehrheitlich angenommen” festgehalten.

Unter TOP 5 der gleichen Versammlung sollte auf Antrag de...

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