Leitsatz (amtlich)

1. Der Betreuer kann während notwendiger Reisen keine Pauschale für Verpflegungsmehraufwendungen aus der Staatskasse verlangen. Jedenfalls bei eintägigen Reisen an Werktagen kann er auch keinen Ersatz für Verpflegungsaufwand beanspruchen, der die Kosten selbst beschaffter Verpflegung übersteigt.

2. Beauftragt ein Betreuer eine Hilfsperson, während seiner länger dauernden Abwesenheit den in verwahrlostem Zustand in seiner Wohnung lebenden Betreuten einmal zu besuchen, um ggf.. ihn selbst oder das VormG über Handlungsbedarf zu informieren, kann die hierfür an die Hilfsperson gezahlte angemessene Entschädigung aus der Staatskasse zu erstatten sein. Dem steht nicht der Grundsatz der persönlichen Betreuung entgegen, so lange die Tätigkeit des Dritten sich auf diese Funktion als Ansprechpartner sowie auf untergeordnete Hilfstätigkeiten beschränkt (Fortführung von BayObLG v. 25.11.2002 – 3Z BR 189/02, BayObLGZ 2002, 353 = FamRZ 2003, 405).

 

Normenkette

BGB § 1835

 

Verfahrensgang

LG Schweinfurt (Beschluss vom 30.01.2003; Aktenzeichen 42F T 60/02)

AG Bad Neustadt a.d. Saale (Beschluss vom 08.05.2002; Aktenzeichen XVII 17/02)

 

Tenor

I. Die Beschlüsse des LG Schweinfurt vom 30.1.2003 und des AG Bad Neustadt a.d. Saale – Zweigstelle Mellrichstadt – vom 8.5.2002 werden dahingehend abgeändert, dass der aus der Staatskasse zu zahlende Betrag für Vergütung und Aufwendungsersatz des ehemaligen Betreuers für den Zeitraum vom 1.4.2002 bis 7.5.2002 auf 881,23 Euro festgesetzt wird.

II. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

III. Der Geschäftswert des Rechtsbeschwerdeverfahrens beträgt 151,29 Euro.

 

Gründe

I. Der ehemalige Betreuer (im Folgenden: Betreuer) war vom 8.11.2000 bis Anfang Mai 2002 für den Betroffenen bestellt.

Mit Abrechnung vom 7.5.2002 beantragte er ggü. dem VormG die Zahlung von Vergütung und Aufwendungsersatz aus der Staatskasse für den Zeitraum vom 1.4. bis 7.5.2002 i.H.v. insgesamt 899,68 Euro. Darin enthalten waren folgende Positionen:

„Auslagen: Verpflegungsmehraufwand mehr als 8 Stunden 7 Euro” (anlässlich eines Besuchs bei dem in einem auswärtigen Heim wohnenden Betreuten, für den der Betreuer einen Zeitaufwand von insgesamt 550 Minuten angesetzt hatte).

„Frau V.: Vertretung wegen Abwesenheit gem. beil. Aufstellung 124,39 Euro.”

Die letztgenannte Position hat der Betreuer im weiteren Verfahrensverlauf wie folgt erläutert:

Frau V., eine Diplom-Sozialpädagogin und berufsmäßige Betreuerin, sei von ihm während seiner Urlaubsabwesenheit beauftragt worden, einmal einen Hausbesuch bei dem Betroffenen zu unternehmen. Zu diesem sei weder eine telefonische noch eine schriftliche Kontaktaufnahme möglich gewesen. Er habe in verwahrlostem Zustand in seiner Wohnung gelebt. Eventuell habe mit einer Kündigung des Mietverhältnisses gerechnet werden müssen. Frau V. sollte im Bedarfsfall den Betreuer oder das VormG verständigen.

Mit Beschluss vom 8.5.2002 setzte das VormG die dem Betreuer aus der Staatskasse zu erstattende Vergütung auf insgesamt 746,93 Euro fest. Hierbei wurden u.a. der geltend gemachte Verpflegungsmehraufwand als nicht erstattungsfähig angesehen. Auch die verlangten Vertretungskosten wurden nicht bewilligt, weil der Betreuer nicht eigenmächtig seine Aufgaben auf einen Dritten delegieren könne. Daneben wurde der Ansatz von Fotokopierkosten sowie der MwSt. auf Telefonkosten beanstandet.

Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde hat das LG mit Beschluss vom 30.1.2003 zurückgewiesen. Der Beschwerdewert wurde auf 152,75 Euro festgesetzt und die sofortige weitere Beschwerde zugelassen.

Mit seinem Rechtsmittel verfolgt der Betreuer nur noch das Begehren auf Zahlung des Verpflegungsmehraufwands sowie der Kosten einer Vertretung in einem Abwesenheitsfall weiter.

II. Das Rechtsmittel ist zulässig, insb. form- und fristgerecht eingelegt. Das LG hat die sofortige weitere Beschwerde zugelassen.

Sie ist auch überwiegend begründet.

1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt:

Ein Berufsbetreuer könne keine Verpflegungsmehraufwendungen entspr. § 10 ZSEG beanspruchen. Dies stehe nur dem ehrenamtlichen Betreuer zu.

Schalte ein Berufsbetreuer zur Erfüllung seiner Aufgaben eine dritte Person ein, die nicht vom VormG als weiterer Betreuer bestellt sei, habe er für die von dieser Person erbrachten Leistungen weder aus eigenem noch aus abgetretenem Recht einen Vergütungsanspruch.

2. Diese Ausführungen halten nur im ersten Punkt i.E. einer rechtlichen Überprüfung (§ 27 FGG, § 546 ZPO) stand.

a) Zu den Aufwendungen des Betreuers in Zusammenhang mit erforderlichen Reisen gehören nicht nur die unmittelbaren Kosten der Fortbewegung, sondern auch sonstige mit der Reise notwendigerweise verbundene Ausgaben. Das können z.B. Übernachtungskosten in angemessenem Umfang sein, wenn Übernachtungen notwendig werden (Damrau/Zimmermann, Betreuungsrecht, 3. Aufl., § 1835 BGB Rz. 23). Hinsichtlich der Kosten der Verpflegung auf Reisen wurde von einer verbreiteten Auffassung aus der bis 31.12.1998 geltenden Fassung des § 1835 Abs. 4 S. 2...

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