Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Obliegenheiten des Betreuers eines ausländischen Betroffenen mit der Aufgabe „Vertretung ggü. Behörden” kann auch die Unterstützung bei der notwendigen Beschaffung eines gültigen Passes gehören.
2. Hierbei entstehende Sachaufwendungen (z.B. für Gebühren, Paßbilder usw.) sind auch bei Mittellosigkeit des Betreuten nicht aus der Staatskasse zu ersetzen, soweit sie als Kosten der Lebensführung vom Betreuten bzw. anderen Sozialleistungsträgern zu tragen sind. Die Geltendmachung als Aufwendungen des Betreuers kann ausnahmsweise gerechtfertigt sein, wenn ihre Höhe in keinem angemessenen Verhältnis zu dem Zeitaufwand steht, den der Betreuer bei absehbaren Auseinandersetzungen mit dem zuständigen Sozialleistungsträger im Rahmen der Vergütung für die Durchsetzung des Anspruchs des mittellosen Betroffenen abrechnen könnte.
3. Der Betreuer kann mit einzelnen abgrenzbaren Arbeiten oder Aufgaben, die er selbst wahrnehmen könnte, auch Dritte beauftragen, sofern diese nur als untergeordnete „Hilfskräfte” ohne eigene Entscheidungsbefugnis tätig werden. Durch die Erstattung entsprechender Kosten als Aufwendungsersatz darf die Staatskasse nicht höher belastet werden als bei Ausführung durch den Betreuer selbst (Fortführung von BayObLG v. 30.5.2000 – 3Z BR 137/00, BayObLGReport 2000, 82 = FamRZ 2001, 374).
Normenkette
AsylbLG § 9; BGB § 1835; BSHG § 2
Verfahrensgang
LG Schweinfurt (Beschluss vom 08.08.2002; Aktenzeichen 42 T 148/01) |
AG Bad Kissingen (Beschluss vom 05.06.2001; Aktenzeichen XVII 112/99) |
Tenor
I. Die Beschlüsse des LG Schweinfurt vom 8. August 2002 und des AG Bad Kissingen vom 5.6.2001 werden aufgehoben.
II. Die dem Betreuer auf seinen Antrag vom 16.5.2001 aus der Staatskasse zu erstattenden Aufwendungen werden auf 983,32 Euro (= 1.923,20 DM) festgesetzt.
Im Übrigen werden der Antrag abgewiesen sowie die sofortige Beschwerde und die sofortige weitere Beschwerde zurückgewiesen.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer ist zum Betreuer u.a. mit dem Aufgabenkreis „Vertretung ggü. Behörden” für eine mittellose türkische Staatsangehörige bestellt. Deren Aufenthaltsgenehmigung war widerrufen worden, weil die Betroffene nicht mehr einen gültigen Paß ihres Heimatstaates besaß. Nach Bestandskraft des Widerrufs erhielt sie eine zunächst befristete Duldung. Aufgrund dieses ausländerrechtlichen Status hat die Betroffene Anspruch auf Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz. Ihr Lebensunterhalt, insb. die Kosten ihrer Heimunterbringung, werden von der Sozialverwaltung des Bezirks getragen.
Die der Betroffenen vom Ausländeramt bewilligte Duldung setzte die Vorlage eines gültigen Passes voraus. Der Betreuer beauftragte den Inhaber eines „Schreib- und Übersetzungsbüros”, sich dieser Angelegenheit anzunehmen. Dieser führte ausweislich der von ihm erstellten Rechnung zwischen dem 16.1. und dem 5.3.2001 ein persönliches Gespräch mit der Betroffenen in ihrem Heim sowie mehrere Telefongespräche mit ihren Angehörigen, dem Ausländeramt und dem türkischen Konsulat in Nürnberg. Hierfür stellte er insgesamt 2,5 Stunden zu je 70 DM und pauschale Telefonkosten von 50 DM in Rechnung. Außerdem begleitete er die Betreute zweimal zum Konsulat, wofür er jeweils 9 Stunden und Fahrtkosten von zweimal 380 km mit einer Kilometerpauschale von 0,52 DM berechnete. Schließlich setzte er verschiedene Auslagen mit insgesamt 222 DM an und dazu „zweimal Passbilder vom Automat” mit 16 DM. Der Gesamtbetrag von Vergütung und Auslagen beläuft sich auf 2.128,20 DM.
Mit Schreiben vom 4.4.2001 ersuchte der Betreuer die Sozialverwaltung des Bezirks um Erstattung des von ihm verauslagten Rechnungsbetrags. Die Behörde teilte dem VormG mit, dass sie die Auslagen nicht erstatten könne und regte zugleich die Prüfung einer entsprechenden Zahlung aus der Staatskasse an. Nachdem der Bezirk dem Betreuer mit Schreiben vom 8.5.2001 erklärt hatte, dass eine Grundlage für die Erstattung im Bundessozialhilfegesetz nicht vorhanden sei, beantragte dieser am 16.5.2001 Aufwendungsersatz beim VormG. Mit Beschluss vom 5.6.2001 bewilligte der Rechtspfleger die Erstattung des verauslagten Betrages aus der Staatskasse.
Auf die sofortige Beschwerde des Vertreters der Staatskasse hob das LG mit Beschluss vom 8.8.2002 die erstinstanzliche Entscheidung auf und wies den Antrag des Betreuers auf Aufwendungsersatz zurück. Hiergegen legte der Betreuer zur Niederschrift der Geschäftsstelle des VormG am 13.9.2002 sofortige weitere Beschwerde ein.
II. Das zulässige, insb. vom LG zugelassene Rechtsmittel (§ 69e S. 1, § 56g Abs. 5 S. 2 FGG) ist im Wesentlichen begründet. Das LG hat i.E. zu Unrecht den Ersatz der vom Betreuer geltend gemachten Aufwendungen versagt. Allerdings war der festzusetzende Betrag aus Rechtsgründen zu kürzen.
1. Das LG hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
Für die getätigten Aufwendungen bestehe zwar keine Erstattungspflicht anderer Institutionen. Der Träger der Sozialhilfe müsse hierfür nicht aufkommen, weil die Betroffene vorrangige Leistungsansprüche na...