Entscheidungsstichwort (Thema)

Beseitigung

 

Leitsatz (redaktionell)

Bei der Frage, ob ein Wohnungseigentümer die Bepflanzung des Sondernutzungsbereichs eines Wohnungseigentümers hinnehmen muß, sind die nachbarrechtlichen Vorschriften heranzuziehen.

 

Verfahrensgang

LG Regensburg (Beschluss vom 09.10.1998; Aktenzeichen 7 T 243/98)

AG Regensburg (Beschluss vom 09.03.1998; Aktenzeichen 13 UR II 1/97)

 

Tenor

  • Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landgerichts Regensburg vom 9. Oktober 1998 wird zurückgewiesen.
  • Die Antragsgegnerin hat die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
  • Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2 000 DM festgesetzt.
 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer aus zwei Einfamilienhäusern bestehenden Wohnanlage. Das Haus der Antragsteller grenzt im Westen unmittelbar an das Haus der Antragsgegner an. An der Grenze steht unmittelbar an das Haus der Antragsteller anschließend in Nord-Süd-Richtung eine Garage. Entlang der Westseite der Garage, aber bereits auf der Sondernutzungsfläche der Antragsgegnerin, steht in Nord-Süd-Richtung eine vor vielen Jahren angepflanzte Hecke aus Thujen. Die einzelnen Pflanzen haben eine Höhe von 4 bis 6 m. Die Garage ist 2,65 m hoch. In das Garagendach ist etwa 20 cm von der Thujenhecke entfernt eine ca. 80 cm(2) große Lichtkuppel eingelassen, die aus Milchglas besteht; unter der Lichtkuppel befindet sich ein zum Haus der Antragsteller gehörender Eingangsbereich.

Die Antragsteller haben beantragt, die Antragsgegnerin zu verpflichten, die Thujenhecke auf die Höhe der Garagenmauer zurückzuschneiden. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 9.3.1998 den Antrag abgewiesen. Das Landgericht hat am 9.10.1998 auf die sofortige Beschwerde der Antragsteller den Beschluß des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, daß die Antragsgegnerin verpflichtet ist, die Thujenhecke auf die Höhe von 1 m ab Garagenoberkante zurückzuschneiden; im übrigen hat es die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Gegen diesen Beschluß hat die Antragsgegnerin sofortige weitere Beschwerde eingelegt.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel ist nicht begründet.

  • Das Landgericht hat ausgeführt:

    Die Antragsgegnerin sei nach § 1004 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 47, 50 BayAGBGB verpflichtet, die Thujenhecke zurückzuschneiden. Die nachbarrechtlichen Vorschriften der Art. 47 ff. BayAGBGB seien zur Auslegung des § 14 Nr. 1 WEG heranzuziehen. Hier lägen die Voraussetzungen des Art. 47 BayAGBGB vor. Nach dieser Vorschrift dürften Hecken, falls sie über 2 m hoch sind, nicht in einer geringeren Entfernung als 2 m von der Grundstücksgrenze entfernt gehalten werden. Gemäß Art. 50 BayAGBGB sei die Regelung zwar nicht auf Gewächse anzuwenden, die sich hinter einer Mauer befinden und diese nicht oder nicht erheblich überragen. Ein erhebliches Überragen werde u.a. dann angenommen, wenn der durch die Hekke verursachte Schatten das Nachbargrundstück verdunkele. Dieser Fall liege hier vor. Die in das Garagendach eingelassene Lichtkuppel liege im Eingangsbereich des Hauses. Im Winter werde er durch die Schattenbildung der Thujenhecke verdunkelt. Der Anspruch auf Zurückschneiden der Hecke bis auf die Höhe von 1 m ab Garagenoberkante sei weder verjährt noch verwirkt. Nach den Feststellungen des Sachverständigen müsse davon ausgegangen werden, daß die Verjährungsfrist des Art. 52 BayAGBGB frühestens im Jahr 1991 begonnen habe. Mit der gerichtlichen Geltendmachung des Beseitigungsanspruchs im Jahr 1996 sei der Lauf der Verjährungsfrist rechtzeitig unterbrochen worden. Eine Verwirkung sei nicht anzunehmen, weil kein Verhalten der Antragsteller vorliege, aus dem die Antragsgegnerin hätte schließen können, daß die Antragsteller ihr Recht nicht mehr geltend machen würden.

  • Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

    Die Antragsteller können von der Antragsgegnerin das Zurückschneiden der Hecke bis auf 1 m ab Garagenoberkante nach § 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 15 Abs. 3, § 14 Nr. 1 WEG i.V.m. Art. 47, 50 BayAGBGB verlangen.

    • Das aus dem Sondernutzungsrecht fließende alleinige Gebrauchsrecht an der der Wohnung der Antragsgegnerin vorgelagerten Grundstücksfläche schließt die Befugnis ein, diese Fläche grundsätzlich nach Belieben und eigenem Gutdünken zu bepflanzen. Der Sondernutzung sind jedoch wie dem Sondereigentum durch das Gesetz und die Rechte Dritter (vgl. § 13 Abs. 1 WEG) Grenzen gesetzt. Die sich daraus ergebenden Beschränkungen für den Sondernutzungsberechtigten sind in § 14 Nr. 1 WEG näher umschrieben. Danach kann im Einzelfall die gärtnerische Gestaltung der Sondernutzungsflächen durch den jeweiligen Sondernutzungsberechtigten Beschränkungen unterworfen sein (BayObLG ZMR 1998, 40 f. m.w.N.). Zur Auslegung des § 14 Nr. 1 WEG können die nachbarrechtlichen Vorschriften der Art. 47 ff. BayAGBGB herangezogen werden (BayObLG NJW-RR 1987, 846; Senatsbeschluß vom 13.3.1997 – 2Z BR 86/96). Nach Art. 47 Abs. 1 BayAGB...

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