Leitsatz (amtlich)
Die Verlegung des satzungsmäßigen Sitzes einer in Deutschland gegründeten GmbH ins Ausland (hier: Portugal) kann nicht in das deutsche Handelsregister eingetragen werden (vgl. BayObLG v. 7.5.1992 - 3Z BR 14/92, AG 1992, 456 = GmbHR 1992, 529 = MDR 1992, 1039 = BayObLGReport 1992, 58 = BayObLGZ 1992, 113 = NJW-RR 1993, 43). Die neuere Rechtsprechung des EuGH über den Verstoß von nationalen Zuzugsbeschränkungen für EU-ausländische Kapitalgesellschaften gegen die Niederlassungsfreiheit (vgl. zuletzt "Überseering" und "Inspire Art") hat hieran nichts geändert.
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 31.07.2003; Aktenzeichen 17 HK T 7993/03) |
Tenor
I. Die weitere Beschwerde gegen den Beschluss des LG München I vom 31.7.2003 wird zurückgewiesen.
II. Der Geschäftswert der weiteren Beschwerde beträgt 10.000 Euro.
Gründe
I. Die im Jahr 1992 im Inland gegründete Gesellschaft m.b.H. hatte 1999 ihren satzungsmäßigen Sitz innerhalb Bayerns verlegt.
Mit notariell beurkundetem Beschluss vom 17.2.2003 beschloss die Gesellschafterversammlung die Verlegung des Sitzes nach Portugal. Der beurkundende Notar meldete den Beschluss zur Eintragung ins Handelsregister an.
Am 8.4.2003 wies das Registergericht die Anmeldung mit der Begründung zurück, die Sitzverlegung ins Ausland sei auch unter Berücksichtigung der neueren Rechtsprechung des EuGH nicht eintragungsfähig. Bei tatsächlicher Verlegung des Sitzes nach Portugal sei die Auflösung der Gesellschaft anzumelden.
Der hiergegen eingelegten Beschwerde der Betroffenen half das Registergericht nicht ab.
Mit Beschluss vom 31.7.2003 hat das LG die Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die weitere Beschwerde der Betroffenen.
Die Gesellschaft wurde inzwischen in das nationale portugiesische Handelsregister eingetragen.
II. Die weitere Beschwerde ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
1. Das LG hat in seiner Entscheidung ausgeführt:
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sei nur die Frage, ob das deutsche Registergericht die Sitzverlegung nach Portugal einzutragen habe. Ob die Gesellschaft bei einer Sitzverlegung ins Ausland aufgelöst werde, bedürfe hier keiner Erörterung.
Eine dem deutschen Gesellschaftsrecht unterliegende GmbH müsse gem. §§ 4a, 7 GmbHG ihren im Gesellschaftsvertrag bestimmten Sitz im Inland haben. Andernfalls könne sie nicht zum Handelsregister angemeldet werden. Sonderregelungen bestünden nur für Zweigniederlassungen von Gesellschaften mit ausländischem Hauptsitz (vgl. §§ 13d ff. HGB).
Folgerichtig könne eine in Deutschland gegründete Gesellschaft ihren satzungsmäßigen Sitz nicht ins Ausland verlegen, ohne ihre Rechtspersönlichkeit zu verlieren. Nach diesem Sitz bestimme sich - wie der EuGH in der "Überseering"-Entscheidung (EuGH v. 5.11.2002 - Rs. C-208/00, MDR 2003, 96 = GmbHR 2002, 1137 = AG 2003, 37 = BB 2002, 2402) betont habe - ihre Zugehörigkeit zur Rechtsordnung eines Europäischen Mitgliedsstaates.
Hierin liege auch kein Verstoß gegen Art. 43 und 48 EGV. Diese Bestimmungen regelten nur die tatsächliche Niederlassungsfreiheit, welche aber der Gesellschaft gewährleistet sei, weil sie - unter Beibehaltung ihres satzungsmäßigen Sitzes in Deutschland - z.B. ihre tatsächliche Geschäftstätigkeit nach Portugal verlegen könne.
Für die Frage, ob die Sitzverlegung ins Ausland in das deutsche Handelsregister einzutragen sei, komme es nicht auf das portugiesische IPR an, da insoweit noch kein Auslandsbezug vorhanden sei.
2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung (§ 27 Abs. 1 FGG, § 546 ZPO) stand.
Der Beschluss der Gesellschaft, ihren Sitz nach Portugal zu verlegen, bezieht sich ersichtlich auf die Verlegung sowohl des Verwaltungssitzes als auch des satzungsmäßigen Sitzes. Eine Verlegung des Satzungssitzes einer nach deutschem Recht gegründeten GmbH ins Ausland kann nach geltendem Recht nicht in das deutsche Handelsregister eingetragen werden. Der Veränderung des Verwaltungssitzes kommt jedenfalls dann keine eigenständige rechtliche Bedeutung zu, wenn sie - wie häufig und auch hier - mit der Verlegung des Satzungssitzes zusammenfällt (zur Notwendigkeit der, gelegentlich nicht streng beachteten, Unterscheidung von Beschlüssen über die Verlegung des Satzungssitzes und des effektiven Sitzes vgl. Staudinger/Großfeld, IntGesR, Neubearb. 1998, Rz. 651; Triebel/von Hase, BB 2003, 2409 [2411 ff.])
a) Nach einhelliger Rechtsprechung und ganz überwiegender Auffassung im Schrifttum bedarf eine dem deutschem Recht unterliegende Kapitalgesellschaft zwingend eines in ihrer Satzung bestimmten inländischen Gesellschaftssitzes; das gilt auch für den Sitz einer GmbH i.S.v. § 4a GmbH (vgl. RGZ 7, 68 [69]; RGZ 107, 94 [97]; BGH BGHZ 19, 102 [105 f.]; BGHZ 25, 134 [144]; BGHZ 29, 320 [328]; KGJ 39 A 117 [118]; Rowedder/Schmidt/Leithoff, GmbHG, 4. Aufl., § 4a Rz. 4; Staudinger/Großfeld, IntGesR, Rz. 94, 243; Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG, 17. Aufl., § 4a Rz. 3; Triebel/von Hase, BB 2003, 2409 [2414]; a.A. Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 15. Aufl., § 4a Rz. 13 m.w.N.).
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