Entscheidungsstichwort (Thema)
Geschäftswert in der Wohnungseigentumssache
Verfahrensgang
LG Augsburg (Beschluss vom 21.07.1997; Aktenzeichen 7 T 593/94) |
AG Augsburg (Aktenzeichen 3 UR II 84/90 WEG) |
Tenor
Nr. III des Beschlusses des Landgerichts Augsburg vom 21. Juli 1997 wird dahin abgeändert, daß der Geschäftswert für das Verfahren über die sofortigen Beschwerden der Antragsteller auf 150 000 DM festgesetzt wird. Die weitergehenden Geschäftswertbeschwerden der Antragsteller werden zurückgewiesen.
Tatbestand
I.
1. Antragsteller und Antragsgegner sind Wohnungseigentümer einer Wohnanlage.
In der Wohnungseigentümerversammlung vom 19.11.1990 wurde unter TOP 2 mit Stimmenmehrheit – gegen die Stimmen der Antragsteller, deren Miteigentumsanteil 8,48 Tausendstel (Antragstellerin zu 1) und 8,91 Tausendstel (Antragsteller zu 2) beträgt – die grundlegende Sanierung (Neuerstellung) der Fassade beschlossen. Die Kosten hierfür hätten sich zur Zeit der Beschlußfassung nach einem vorliegenden Angebot auf 1 113 603 DM belaufen. Im Jahr 1994 hätten sie sich nach Auskunft der Verwalterin auf 1 510 000 DM inklusive Wärmedämmung belaufen.
Die Antragsteller hatten als Alternative hierzu eine Reparatur der Fassade vorgeschlagen, die letztlich in einem Neuanstrich sowie einer Befestigung loser Platten mit Spezialdübeln direkt in der Wand bestehen und nach Angeboten aus dem Jahr 1997 ca. 353 855 DM kosten sollte.
2. Das Amtsgericht hat die Beschlußanfechtungsanträge der Antragsteller mit Beschluß vom 7.1.1994 zurückgewiesen; den Geschäftswert hat es auf 250 000 DM festgesetzt. Die Antragsteller haben ihre sofortigen Beschwerden gegen die amtsgerichtliche Entscheidung am 25.6.1997 zurückgenommen. Mit Beschluß vom 21.7.1997 hat das Landgericht den Antragstellern die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens auferlegt und – in Nr.III der Entscheidung – den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren auf 400 000 DM festgesetzt.
3. Gegen die Höhe des Geschäftswerts für das Beschwerdeverfahren richten sich die Beschwerden der Antragsteller. Die Antragsteller vertreten die Auffassung, daß bei der Geschäftswertfestsetzung – entgegen der Auffassung des Landgerichts – von der Differenz des Preises einer grundlegenden Sanierung der Fassade – insoweit sei nunmehr eine billigere Lösung möglich – und deren bloßer Reparatur auszugehen sei. Die Antragstellerin zu 1) sieht unter Berücksichtigung der Regelung des § 48 Abs. 3 Satz 2 WEG einen Geschäftswert von 90 000 DM, der Antragsteller zu 2) lediglich den ihn treffenden Anteil von ca. 3 000 DM als angemessen an.
Das Landgericht hat den Beschwerden der Antragsteller nicht abgeholfen.
Entscheidungsgründe
II.
1. Die zulässigen Geschäftswertbeschwerden der Antragsteller (§ 31 Abs.3 Satz 1 i.V.m. § 14 Abs. 3 Satz 1 KostO, § 567 Abs. 2 Satz 2 ZPO) sind überwiegend begründet.
a) Der Geschäftswert bemißt sich in Wohnungseigentumssachen gemäß § 48 Abs.3 Satz 1 WEG nach dem Interesse der Beteiligten an der Entscheidung. Dabei kommt es wegen der Rechtskraftwirkung der angestrebten Entscheidung für und gegen alle Beteiligte (§ 45 Abs. 2 Satz 2 WEG) auf das Interesse aller Beteiligter an (§ 43 Abs. 1 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 WEG; vgl. BayObLGZ 1981, 202/203; 1993, 119/121; Bärmann/Pick/Merle WEG 7. Aufl. § 48 Rn. 31). Wird – wie hier – ein Eigentümerbeschluß über eine konkrete Maßnahme angefochten, so ist deren Wert grundsätzlich in voller Höhe anzusetzen (vgl. BayObLGZ 1988, 319/324 f.; 1993, 119/121 m.w.N.; Palandt/Bassenge BGB 57. Aufl. § 48 WEG Rn. 13). Wird beanstandet, daß eine als notwendig anerkannte Reparatur mit zu hohem Kostenaufwand durchgeführt werden soll, obwohl sie auch mit geringerem Aufwand durchgeführt werden könnte, so bestimmt sich das Interesse nicht nach dem Gesamtvolumen der beschlossenen Maßnahme, sondern nach der Differenz der beiden in Betracht kommenden Maßnahmen. Diese ist als konkrete Einzelbeanstandung grundsätzlich in voller Höhe anzusetzen (BayObLGZ 1988, 319/325).
b) Vorliegend bildet somit die Differenz zwischen den Kosten der grundlegenden Sanierung (Neuerstellung) der Fassade und deren Reparatur den Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren. Dabei kann dahinstehen, ob von den Sanierungskosten im Jahr 1990 oder denen im Jahr 1994 (so das LG) auszugehen ist; denn in beiden Fällen steht der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren, was die sich daraus ergebenden Kosten betrifft, nicht mehr in einem angemessenen Verhältnis zum Beschwerdeinteresse der Antragsteller (§ 48 Abs. 3 Satz 2 WEG), die überdies noch erhebliche Auslagen (Sachverständigenkosten) zu tragen haben. Andererseits ist das Interesse der übrigen Wohnungseigentümer angemessen zu berücksichtigen. Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren ist deshalb in Abänderung der landgerichtlichen Entscheidung auf 150 000 DM festzusetzen. Die weitergehenden Beschwerden der Antragsteller sind als unbegründet zurückzuweisen.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht zu treffen (§ 31 Abs. 3 Satz 2 und 3 KostO).
Unterschriften
Karmasin, Ammon, Dr. Hörl
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