Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache: Änderung der Zweckbestimmung
Verfahrensgang
AG München (Aktenzeichen UR II 180/89) |
LG München I (Aktenzeichen 1 T 13098/89) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 26. Januar 1990 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert wird für alle Rechtszüge auf jeweils 50 000 DM festgesetzt; die Geschäftswertfestsetzung in den Beschlüssen des Landgerichts und des Amtsgerichts München vom 21. Juni 1989 werden entsprechend abgeändert.
Gründe
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Der Antragstellerin gehören die Teileigentumseinheiten Nr.11 und 12 im ersten Obergeschoß, die als Arztpraxis (psychotherapeutische Praxis) genutzt werden. In dem im Erdgeschoß darunter liegenden Teileigentum Nr.10 wird eine Imbißstube (Bistro) betrieben; dieses Teileigentum ist in dem Vertrag, durch den das Wohnungs- und Teileigentum begründet wurde, als Miteigentumsanteil, „verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Erdgeschoß des Hauses gelegenen Laden, bestehend aus …” bezeichnet.
In der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) ist unter anderem bestimmt:
§ 5
…
(5) Die im ersten Obergeschoß befindlichen Büroräume können auch als Arztpraxis genutzt werden. …
§ 14
…
(3) … Das Stimmrecht bestimmt sich nach der Größe der Miteigentumsanteile je 1/1000 gewährt eine Stimme.
…
(7) Die Gemeinschaftsordnung kann mit einer Mehrheit von 2/3 aller Stimmen geändert werden.
Am 08.02.1989 haben die Wohnungs- und Teileigentümer mit jeweils mehr als 700 Stimmen beschlossen, daß
- die im ersten Obergeschoß befindlichen Büroräume als solche zu nutzen sind und die Zustimmung zur Nutzung als Arztpraxis widerrufen wird (TOP 3), ferner
- die Eigentümergemeinschaft mit der bisherigen Nutzung der im Erdgeschoß gelegenen Gewerbeeinheiten (Läden) einverstanden ist (TOP 5).
Die Antragstellerin hat beantragt, diese Eigentümerbeschlüsse für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 21.06.1989 stattgegeben. Das Landgericht hat am 26.01.1990 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Beschluß zu TOP 3 widerspreche einem Gebrauch des Sondereigentums, wie ihn die Antragstellerin nach den Vereinbarungen verlangen könne. Der Widerruf der der Antragstellerin in der Gemeinschaftsordnung eingeräumten Möglichkeit, ihr Sondereigentum als Arztpraxis zu nutzen, sei trotz der in § 14 Abs. 7 GO getroffenen Regelung in Verbindung mit den Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (NJW 1985, 2832) sowie des Bayerischen Obersten Landesgerichts (BayObLGZ 1984, 257) nicht durch Mehrheitsbeschluß zulässig. Denn durch die in § 5 Abs. 5 GO getroffene Regelung habe die Antragstellerin eine gesicherte Rechtsposition erworben. Durch den Gebrauch ihres Sondereigentums als Arztpraxis erwachse den übrigen Wohnungs- und Teileigentümern kein über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinausgehender Nachteil.
Gegenstand des Eigentümerbeschlusses zu TOP 5 sei in Wirklichkeit, die Nutzung der Teileigentumseinheit Nr.10 als Bistro zu gestatten. Dem ganz anders gefaßten Eigentümerbeschluß fehle daher die erforderliche Bestimmtheit. Im übrigen könne die in dem Vertrag, durch den das Wohnungs- und Teileigentum begründet wurde, enthaltene Zweckbestimmung der Teileigentumseinheit Nr.10 als Laden nur einstimmig geändert werden. § 14 Abs. 7 GO beziehe sich nur auf die Gemeinschaftsordnung, nicht aber auch auf diese Zweckbestimmung in dem Vertrag. Der Betrieb eines Bistros lasse sich mit der Zweckbestimmung als Laden nicht vereinbaren. Die Antragstellerin handele daher auch nicht schikanös, wenn sie einer Vereinbarung zur Änderung der Zweckbestimmung der Teileigentumseinheit Nr.10 nicht zustimme.
2. Die Entscheidung des Landgerichts hält im Ergebnis einer rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Bei der in § 5 Abs. 5 GO getroffenen Regelung, daß die Büroräume im ersten Obergeschoß auch als Arztpraxis genutzt werden dürfen, handelt es sich um eine Vereinbarung der Wohnungseigentümer über ihr Verhältnis untereinander im Sinn des § 10 Abs. 1 WEG, durch die der Gebrauch des Sondereigentums der im ersten Obergeschoß gelegenen Teileigentumseinheiten gem. § 15 Abs. 1 WEG geregelt wird. Diese Vereinbarung ist durch Eintragung im Grundbuch als Inhalt des Sondereigentums gem. Nr.6 des Vertrags vom 22.09.1983 über die Begründung des Wohnungs- und Teileigentums mit der alleinigen Rechtswirkung „verdinglicht” worden, daß die Vereinbarung auch dem Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers gegenüber wirksam ist (§ 5 Abs. 4, § 10 Abs. 2 WEG). Die Gemeinschaftsordnung kann als Vereinbarung, also als Vertrag, nur durch eine...