Entscheidungsstichwort (Thema)
Ungültigerklärung eines Eigentümerbeschlusses
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 24.04.1989; Aktenzeichen 1 T 26196/88) |
AG München (Aktenzeichen UR II 228/88) |
Tenor
I. Die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 24. April 1989 wird zurückgewiesen.
II. Die Antragsgegner haben als Gesamtschuldner die gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen.
III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 30.000 DM festgesetzt.
Tatbestand
I.
Die Antragstellerin und die Antragsgegner sind die Wohnungs- und Teileigentümer einer Wohnanlage. Der Antragstellerin gehört ein Teileigentum im ersten Obergeschoß, das als Arztpraxis genutzt wird. In dem im Erdgeschoß darunter liegenden Teileigentum Nr. 10 wird eine Imbißstube (Bistro) betrieben. Diese ist bis nach 22.00 Uhr geöffnet; in ihr werden Speisen und Getränke abgegeben; ferner sind Spielautomaten vorhanden. Das Teileigentum Nr. 10 ist in dem Vertrag, durch den das Wohnungs- und Teileigentum begründet wurde, als Miteigentumsanteil, verbunden mit dem Sondereigentum an dem im Erdgeschoß des Hauses gelegenen Laden, bestehend aus Verkaufsraum, Garderobe, WC, Flur mit Wendeltreppe zum Lagerraum im Keller sowie dazugehörigem Lagerraum im Keller bezeichnet.
In der als Inhalt des Sondereigentums im Grundbuch eingetragenen Gemeinschaftsordnung (GO) ist unter anderem bestimmt:
§ 14
…
(3) Das Stimmrecht bestimmt sich nach der Größe der Miteigentumsanteile; je 1/1000 gewährt eine Stimme.
…
(7) Die Gemeinschaftsordnung kann mit einer Mehrheit von 2/3 aller Stimmen geändert werden.
Am 1.3.1988 faßten die Wohnungs- und Teileigentümer mit 631,9 von 1000 Stimmen folgenden Beschluß:
Die Gemeinschaft erteilt der Eigentümerin bziM. den Betreibern der Gewerbeeinheit (Laden) Nr. 10 das Recht, den bisherigen Café-Betrieb mit Imbiß (Bistro) im bisherigen Umfang weiterzubetreiben.
Die Antragstellerin hat beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat dem Antrag am 16.12.1988 stattgegeben. Hiergegen haben die Antragsgegner sofortige Beschwerde eingelegt.
Sodann faßten die Wohnungseigentümer am 8.2.1989 mit 820 von 1000 Stimmen folgenden Beschluß:
Die Eigentümergemeinschaft ist mit der bisherigen Nutzung der im Erdgeschoß gelegenen Gewerbeeinheiten (Läden) einverstanden.
Die Antragstellerin hat beim Amtsgericht beantragt, diesen Eigentümerbeschluß für ungültig zu erklären; über den Antrag ist noch nicht entschieden.
Das Landgericht hat durch Beschluß vom 24.4.1989 die sofortige Beschwerde der Antragsgegner gegen den Beschluß des Amtsgerichts vom 16.12.1988 zurückgewiesen. Hiergegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
Entscheidungsgründe
II.
Das Rechtsmittel ist unbegründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Mit der Zweckbestimmung „Laden” sei eine Gebrauchsregelung getroffen. Die Änderung der Zweckbestimmung bedeute eine Änderung der Gemeinschaftsordnung. Dies könne hier mit einer Mehrheit von 2/3 der Stimmen geschehen. Die Zahl der Stimmen bemesse sich nach den Miteigentumsanteilen. Die erforderliche 2/3-Mehrheit sei bei dem angefochtenen Eigentümerbeschluß vom 1.3.1988 nicht erreicht.
Der Betrieb des Bistros sei mit der Zweckbestimmung des Teileigentums als Laden nicht vereinbar; das Lokal sei bis nach 22.00 Uhr geöffnet, während ein Laden um 18.30 Uhr schließe. Selbst wenn die Antragstellerin in ihrem als Büroraum ausgewiesenen Teileigentum unbefugt eine Arztpraxis betreiben sollte, berechtige dies die Antragsgegner nicht, sich über die Zweckbestimmung hinsichtlich des Teileigentums Nr. 10 hinwegzusetzen.
2. Die Entscheidung hält der rechtlichen Nachprüfung stand.
a) Das Wohnungs- und Teileigentum wurde hier nicht gemäß § 8 WEG durch Teilung begründet, sondern gemäß § 3 WEG durch Vertrag der Miteigentümer. Zu Unrecht spricht das Landgericht daher von der Teilungserklärung statt vom Vertrag der Miteigentümer.
In Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. etwa KG ZMR 1986, 296; OLG Stuttgart NJW 1987, 385; OLG Zweibrücken ZMR 1987, 228) hat der Senat in zahlreichen Fällen entschieden, daß der näheren Bezeichnung des Teileigentums in der Teilungserklärung (z.B. als „Laden”) im allgemeinen eine entsprechende Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter (§ 15 Abs. 1 WEG) zu entnehmen ist (BayObLGZ 1980, 154 ff.; zuletzt Beschluß vom 15.3.1989 BReg. 2 Z 16/89). Ist ein Teileigentum in der Teilungserklärung oder in der Gemeinschaftsordnung als „Laden” bezeichnet, so entspricht es der nächst liegenden Bedeutung des im Grundbuch Eingetragenen oder dort in Bezug Genommenen nicht, daß es sich dabei nur um ein zufällig gewähltes Wort ohne Inhalt und ohne rechtliche Bedeutung handelt. Vielmehr liegt es nahe, daß die Bezeichnung eine Zweckbestimmung darstellt, auf die sich der einzelne Erwerber von Wohnungs- oder Teileigentum verlassen kann, jedenfalls insoweit, als keine Nutzung zugelassen wird, die me...