Entscheidungsstichwort (Thema)
Testamentsvollstreckung
Leitsatz (redaktionell)
1. Allein das Zusammentreffen der Stellung eines Miterben, eines (Mit-)Testamentsvollstreckers und eines Generalbevollmächtigten in der Person des Beteiligten rechtfertigt dessen Entlassung als Testamentsvollstrecker nicht rechtfertigen. Daß sich aus einer solchen Stellung Interessengegensätze ergeben können und häufig ergeben werden, kann nicht als wichtiger Grund im Sinn von § 2227 Abs. 1 BGB angesehen werden.
2. Ein nicht nur auf subjektiven Einschätzungen, sondern auf Tatsachen beruhendes Mißtrauen der Erben in die unparteiische Amtsführung des Testamentsvollstreckers kann zu dessen Entlassung führen, wenn der Testamentsvollstrecker, sei es letztlich auch ohne eigenes Verschulden, Anlaß zu diesem Mißtrauen gegeben hat. Diese Voraussetzungen sind insbesondere dann zu bejahen, wenn der Testamentsvollstrecker durch sein Verhalten bei einem Teil der Miterben den Eindruck hervorruft, er nehme die Interessen der Erben nicht hinreichend wahr und befleißige sich nicht der für sein Amt notwendigen Unparteilichkeit.
Normenkette
BGB § 2227 Abs. 1
Verfahrensgang
LG München I (Beschluss vom 28.04.1994; Aktenzeichen 16 T 24697/93) |
AG München (Beschluss vom 21.10.1993; Aktenzeichen 67 VI 6810/93) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Beteiligten zu 2 bis 17 und 21 bis 23 wird der Beschluß des Landgerichts München I vom 28. April 1994 aufgehoben.
II. Die sofortige Beschwerde des Beteiligten zu 1 gegen den Beschluß des Amtsgerichts München vom 21. Oktober 1993 wird zurückgewiesen.
III. Der Beteiligte zu 1 hat die den Beteiligten zu 2 bis 17 und 21 bis 23 im Beschwerdeverfahren entstandenen Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I.
Die Erblasserin war, zunächst zusammen mit ihrem Ehemann bis zu dessen Tod im Jahr 1989, dann allein Inhaberin eines im Handelsregister eingetragenen Textilhandelsgeschäfts. Im Jahr 1993 ist sie verstorben. Die Eheleute waren kinderlos. Sie besaßen außer dem Handelsgeschäft Immobilien in Deutschland, Österreich und Spanien, darunter ein Grundstück in München sowie ein mit einem Einfamilienhaus bebautes Anwesen in A., das von der Erblasserin bis zu ihrem Tod bewohnt wurde.
In einem am 28.4.1987 in notarieller Form errichteten gemeinschaftlichen Testament haben sich die Eheleute gegenseitig zu Alleinerben eingesetzt. Zu Schlußerben haben sie ihre im Zeitpunkt des Todes des Letztversterbenden noch lebenden, in Deutschland wohnenden Nichten und Neffen berufen, und zwar die Kinder der Geschwister des Ehemannes (Beteiligte zu 3, 15 bis 23) zur einen Hälfte, die Kinder der Geschwister der Ehefrau (Beteiligte zu 1,2,4 bis 14 und 24) zur anderen Hälfte. Dem überlebenden Ehegatten war das Recht eingeräumt, diese Verfügung beliebig zu ändern. In einem gesonderten Abschnitt des Testaments haben die Eheleute für die Erbfolge nach dem Überlebenden Testamentsvollstreckung angeordnet und die Beteiligten zu 1 und 3 zu gemeinsamen Testamentsvollstreckern ernannt. Aufgabe der Testamentsvollstrecker ist es, den Nachlaß entsprechend der erwähnten Verfügung unter die Schlußerben zu verteilen. Bei den Nachlaßakten befindet sich ferner die Fotokopie einer handschriftlichen Erklärung der Erblasserin vom 4.9.1991, durch die statt des Beteiligten zu 3 der Beteiligte zu 2 als Testamentsvollstrecker eingesetzt ist.
Anfang 1993 erkrankte die Erblasserin. Ab 12.2.1993 wurde sie bis zu ihrem Tod in einer Privatklinik behandelt. Dort hat sie zu notarieller Urkunde vom 18.2.1993 den Beteiligten zu 1 bevollmächtigt, sie und die Firma unter Befreiung von den Beschränkungen des § 181 BGB in allen persönlichen und vermögensrechtlichen Angelegenheiten, soweit es gesetzlich zulässig ist, gerichtlich und außergerichtlich zu vertreten. Die Vollmacht sollte durch den Tod der Erblasserin nicht erlöschen, war jedoch durch sie und ihre Erben jederzeit widerruflich. Nach den Angaben des Beteiligten zu 1 ist ihm diese Vollmacht erteilt worden, weil das Handelsgeschäft zum damaligen Zeitpunkt bereits erheblich überschuldet war, die Banken auf eine Rückführung der Kredite drängten und er das Geschäft nach dem Willen der Erblasserin unter Einsatz von deren Privatvermögen liquidieren sollte. Einen Tag vor dem Tod der Erblasserin hat der Beteiligte zu 1 das Grundstück in München für 400.000 DM verkauft. Vier Tage nach dem Erbfall hat er unter Verwendung der Vollmacht einen notariellen Vertrag beurkunden lassen, in dem er namens der Erben das Anwesen in A., das Handelsgeschäft mit allen Aktiva und Passiva sowie (laut einer späteren Berichtigung) drei noch nicht zugeteilte Bausparverträge auf sich übertrug. In dem Vertrag hat sich der Beteiligte zu 1 verpflichtet, den Erlös aus dem Verkauf des Münchner Grundstücks für die Tilgung der Geschäftsschulden zu verwenden und den Nachlaß von allen übernommenen Verbindlichkeiten freizustellen. Diese Freistellung, die Übernahme der Verbindlichkeiten (nach Schätzung des Beteiligten zu 1 mindestens 800.000 DM) und der mit der Abwicklung...