Entscheidungsstichwort (Thema)
Spruchstellenverfahren
Leitsatz (amtlich)
1. Zur Berechnung von Ausgleich und Abfindung auf der Grundlage der Ertragswertmethode.
2. Zur Verzinsung der Barabfindung.
Normenkette
AktG §§ 304-305
Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 5 HKO 13321/88) |
Tenor
I. Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerinnen und die Anschlußbeschwerden der Antragsteller zu 1, 3, 4, 5, 6 und 9 gegen den Beschluß des Landgerichts München I vom 30. Dezember 1998 werden zurückgewiesen mit der Maßgabe, daß in Ziff. I des Beschlusses die Wörter „5 % und ab 1.1.1995” entfallen.
II. Die Antragsgegnerinnen haben die Gerichtskosten für das Beschwerde verfahren zu tragen und den Antragstellern die im Beschwerde verfahren entstandenen notwendigen Kosten zu erstatten.
III. Die Vergütung der gemeinsamen Vertreter der nicht antragstellenden außenstehenden Aktionäre für den Ausgleich und für die Abfindung wird für das Verfahren der sofortigen Beschwerde auf jeweils 10.000 DM einschließlich gesetzlicher Mehrwertsteuer festgesetzt.
IV. Der Gegenstandswert für das Verfahren der sofortigen Beschwerde wird auf 4.000.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
1. Die Antragsteller sind Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1. Die Antragsgegnerin zu 2, eine OHG, ist Mehrheitsaktionärin der Antragsgegnerin zu 1, deren Grundkapital sich auf 24.000.000 DM beläuft. Sie hatte bereits 1986 81 % der Aktien der Antragsgegnerin zu 1 erworben. Die Antragsgegnerinnen schlossen am 7.4.1988 einen Beherrschungsvertrag, der nach der am 20.5.1988 erfolgten Zustimmung der Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1 am 1.6.1988 im Handelsregister eingetragen und am 5.7.1988 veröffentlicht wurde. In diesem Vertrag garantiert die Antragsgegnerin zu 2 den außenstehenden Aktionären der Antragsgegnerin zu 1 für jede Stammaktie im Nennwert von 50 DM einen jährlichen Ausgleich von 5 DM. Wahlweise bietet sie den Erwerb einer Aktie für 140 DM an. Entsprechende Rechte der Aktionäre der Antragsgegnerin zu 1 sind für Stammaktien mit höheren Nennbeträgen vereinbart.
2. Die Antragsteller haben beim Landgericht beantragt, als angemessen eine höhere Abfindung und einen höheren Ausgleich festzusetzen.
Während des landgerichtlichen Verfahrens schlossen die Antragsgegnerinnen am 5.4.1989 einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag, dem die Hauptversammlung der Antragsgegnerin zu 1 am 18.5.1989 zustimmte und der eine für die außenstehenden Stammaktionäre der Antragsgegnerin zu 1 verbesserte Ausgleichs- und Abfindungsregelung (6 bzw. 150 DM) vorsieht.
Mit Beschluß vom 30.12.1998 hat das Landgericht die Abfindung auf 185 DM und den Ausgleich auf 8,10 DM je Stammaktie im Nennwert von 50 DM festgesetzt, für Stammaktien im Nennwert von 100 DM und 1.000 DM entsprechend höher. Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt:
Es sei bei seiner Entscheidung von den vom Sachverständigen ermittelten Grundlagen für den Unternehmenswert in der Phase 1 (1988 bis 1992, Planungsphase) ausgegangen. Der Sachverständige habe zutreffend die Planungsdaten der Antragsgegnerin zu 1 zugrunde gelegt und auch die in dieser Phase hohen Forschungs- und Entwicklungskosten, das Investitionsniveau und die Instandhaltungskosten nicht herausgerechnet. Zutreffend habe der Sachverständige auch einzelne Grundstücke als betriebsnotwendig angesehen; daß diese teilweise verkauft und zurückgeleast worden seien, habe der Sachverständige als ertragsneutral bewerten dürfen. Dem Gutachten sei jedoch für die Phase 2 (ab 1993, Prognosephase) im Hinblick auf Umsatzhöhe und Umsatzrendite nicht zu folgen. Ein weiteres ergänzendes Gutachten sei angesichts der Verfahrensdauer nicht einzuholen gewesen, da es um die plausible Ermittlung von Prognosewerten mit nicht unerheblicher Bewertungsbandbreite gehe. Der Sachverständige habe den Prognoseumsatz mit dem gemittelten Jahresumsatz der Planungsphase gleichgesetzt. Wie sich aus der historischen Entwicklung ergebe, habe die Umsatzentwicklung jedoch eine nachhaltig steigende Tendenz; einmal erreichte Umsätze würden auch nach einer vorübergehenden Abschwächung im nächsten Konjunkturzyklus übertroffen. Deshalb müsse der Umsatz am Ende der Planungsphase (550 Mio. DM) als nachhaltig erzielbar angesehen werden. Als nachhaltig erzielbar sei ferner eine Umsatzrendite von 1,8 % anzusehen. Der Sachverständige habe eine Rendite von lediglich 1 % aus dem Planungszeitraum errechnet. Die in dieser Zeit wesentlich erhöhte Reinvestitionsrate könne jedoch nicht unkorrigiert auf den Zukunftsertrag projiziert werden. Wenn man den für die Zukunft nicht repräsentativen Abschreibungsanteil der Planungsphase von durchschnittlich 4,9 % auf einen immer noch recht hohen Satz von 4 % korrigiere, erhalte man eine durchschnittliche Umsatzrendite vor Steuern von fast 1,9 %.
Der Kapitalisierungszinssatz betrage 8,22 %. Der Sachverständige habe zutreffend aus der Durchschnittsrendite öffentlicher Anleihen der letzten 20 Jahre vor dem Bewertungsstichtag einen Basiszinssatz von 7,91 % ermittelt. Auch sei seine Annahme r...