Leitsatz (amtlich)

1. Die Zustimmung zu einer baulichen Veränderung kann auch konkludent erteilt werden.

2. Die Wertung eines Verhaltens als konkludente Willenserklärung erfordert nicht die Feststellung, daß ein Erklärungsbewußtsein vorliegt, wenn der Handelnde bei Anwendung pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen können, daß sein Verhalten als Willenserklärung aufgefaßt werden kann.

3. Der Rechtsgedanke des § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO kann auch bei der Kostenentscheidung in Wohnungseigentums Sachen herangezogen werden.

4. Wird die Beseitigung von Dachfenstern verlangt, so ist bei der Festsetzung des Geschäftswerts neben den Herstellungs- und Beseitigungskosten auch zu berücksichtigen, welche Auswirkungen die Beseitigung des Dachfensters auf den Nutzungswert des betroffenen Dachraumes hat.

 

Normenkette

BGB §§ 116, 133, 1004; WEG §§ 22, 47, 48 Abs. 3; ZPO § 92 Abs. 2 Nr. 1

 

Verfahrensgang

LG Traunstein (Beschluss vom 18.04.2002; Aktenzeichen 4 T 2111/00)

AG Rosenheim (Aktenzeichen 10 UR II 46/99)

 

Tenor

I. Die sofortige weitere Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 18. April 2002 wird zurückgewiesen.

II. Die Gerichtskosten des Rechtsbeschwerde Verfahrens trägt der Antragsteller; außergerichtliche Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

III. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 3.000 Euro festgesetzt.

 

Tatbestand

I.

Die Beteiligten sind die Wohnungseigentümer einer Wohnanlage. Das Wohnungseigentum wurde gemäß § 3 WEG gebildet. Die Teilungserklärung vom 22.11.1993 wurde am 22.3.1994 im Grundbuch eingetragen. Bis zu diesem Zeitpunkt waren die Beteiligten Bruchteilseigentümer des von ihnen im Jahre 1989 gemeinsam erworbenen Grundstücks. In den Monaten März/April 1993 bauten die Antragsgegner sieben Dachfenster ein. Ein weiteres Dachfenster wurde von der Antragsgegnerin zu 1 im September 1999 mit Zustimmung des Antragsgegners zu 2 eingebaut.

Der Antragsteller hat beim Amtsgericht beantragt, die Antragsgegner zu verpflichten, die vorgenannten Dachfenster zu entfernen. Die Antragsgegner haben sich dem widersetzt und den Gegenantrag gestellt, dem Antragsteller zu untersagen, an bestimmten Stellen des Grundstücks Fahrzeuge abzustellen und Müll abzuladen.

Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 8.5.2000 den Antrag des Antragstellers zurückgewiesen und den Anträgen der Antragsgegner stattgegeben.

Auf die sofortige Beschwerde des Antragstellers hat das Landgericht mit Beschluß vom 18.4.2002 die vom Amtsgericht ausgesprochenen Verpflichtungen des Antragstellers nur zu einem geringen Teil aufgehoben und die Beschwerde im übrigen zurückgewiesen.

Mit seinem Rechtsmittel wendet sich der Antragsteller nur noch gegen die Zurückweisung seines Antrags auf Beseitigung des 1999 eingebauten Dachfensters sowie gegen die Kosten- und Geschäftswertentscheidung des Landgerichts.

 

Entscheidungsgründe

II.

Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1. Das Landgericht hat, soweit es für das Rechtsbeschwerdeverfahren noch von Interesse ist, ausgeführt:

Hinsichtlich der zunächst eingebauten sieben Dachfenster könne der Antragsteller seinen Beseitigungsanspruch nicht auf § 22 WEG stützen. Zum Zeitpunkt des Einbaus dieser Dachfenster sei die Teilungserklärung noch nicht einmal beurkundet gewesen, und es habe deshalb auch noch keine werdende Wohnungseigentümergemeinschaft bestanden. Unabhängig davon habe der Antragsteller dem Einbau der Fenster durch schlüssiges Verhalten zugestimmt. Eine Zustimmung liege auch hinsichtlich des Einbaus des achten Dachfensters vor. Aufgrund der Aussage der vernommenen Zeugin stehe fest, daß der Antragsgegner aufgefordert worden sei, die Sonnenkollektoren einzubauen, damit auch das Dachfenster eingebaut werden könne. Der Antragsteller habe daraufhin geäußert, daß er etwas anders zu tun habe und daß ihn das Fenster nicht interessiere. Hierin liege eine konkludente Zustimmung zum Einbau des weiteren Dachfensters.

Es entspreche billigem Ermessen, die Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens dem Antragsteller insgesamt aufzuerlegen, da die sofortige Beschwerde nur in geringem Umfang begründet gewesen sei. Hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten bestehe bezüglich des achten Fensters kein Anlaß, von dem Grundsatz abzugehen, daß jeder Beteiligte seine außergerichtlichen Kosten selbst trage. Angesichts der klaren Beweislage bezüglich der im Jahre 1993 eingebauten Fenster sei jedoch eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten angemessen, da dem Antragsteller die Aussichtslosigkeit seines Antrags von vornherein bewußt gewesen sein müsse. Für den Geschäftswert seien nicht die Kosten des Einbaus maßgebend, sondern das Interesse am Vorhandensein der Fenster. Diese seien für den Wohnwert von erheblicher Bedeutung.

2. Die Entscheidung des Landgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

a) Die Antragsgegner sind nicht verpflichtet, das zuletzt eingebaute Dachfenster zu beseitigen.

(1) Soweit sich der Antragsteller dagegen wendet, daß das Landgericht der Aussage der vernommen...

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